Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)
rund 4500 Jahren im alten Mesopotamien auf: Es war der Silberschekel. Der Silberschekel war keine Münze, sondern ein Gewicht, das 8,33 Gramm Silber entsprach. Als der Kodex des Hammurabi erklärte, wenn ein Freigeborener eine Sklavin töte, müsse er dem Besitzer 20 Silberschekel zahlen, dann waren das 166 Gramm Silber, nicht 20 Münzen. Im Alten Testament werden Geldeinheiten meist in Silber, nicht in Münzen angegeben. Joseph wurde von seinen Brüdern für 20 Silberschekel oder 166 Gramm Silber an die Ismaeliten verkauft – damit kostete er genauso viel wie eine Sklavin (er war schließlich noch ein Kind).
Anders als eine Sila Gerste hat ein Schekel Silber an sich keinen Wert. Man kann Silber nicht essen, trinken oder anziehen, und es ist zu weich, um nützliche Werkzeuge herzustellen – ein Pflug oder Schwert aus Silber würde sich wie Alufolie verbiegen. Silber und Gold werden in der Regel zur Herstellung von Schmuck und Statussysmbolen verwendet – Luxusgüter also, die Angehörige einer bestimmten Kultur mit einem hohen gesellschaftlichen Status gleichsetzen. Ihr Wert ist ausschließlich kultureller Natur.
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Aus den Gewichten von Edelmetallen gingen irgendwann die Münzen hervor. Die ersten bekannten Münzen der Geschichte prägte König Alyattes von Lydien in der heutigen Westtürkei im Jahr 640 vor unserer Zeitrechnung. Diese Münzen hatten ein genau festgelegtes Gewicht und wurden mit einer Prägung versehen. An dieser Prägung ließ sich zweierlei ablesen: Erstens das Gewicht des Edelmetalls der Münze und zweitens die Autorität, die diese Münze ausgegeben hatte und für ihren Gehalt bürgte. Fast alle heutigen Münzen sind Nachfahren dieser lydischen Münzen.
18. Eine lydische Münze, die etwa um das Jahr 600 v. u. Z. geprägt wurde. Sie bestand aus Elektrum, einer natürlichen Legierung aus Silber und Gold.
Münzen hatten gegenüber den unmarkierten Barren zwei Vorteile: Erstens müssen Barren bei jedem Geschäft neu gewogen werden. Und zweitens lassen sich Täuschungen nicht vermeiden, wenn man den Barren nur wiegt. Woher soll der Schuster wissen, ob der Barren, mit dem ich meine Schuhe bezahle, wirklich aus Silber ist, oder ob er nicht aus Blei besteht und nur mit einer Silberhülle überzogen wurde? Mit Münzen lassen sich diese Probleme lösen. Die Prägung garantiert den Wert, weshalb der Schuster keine Waage mehr braucht, um ihren Wert zu ermitteln. Vor allem ist die Prägung das Siegel einer politischen Autorität, die den Wert der Münze garantiert. Im Laufe der Geschichte wurden Münzen in unterschiedlichsten Formen und Größen ausgegeben, doch die Botschaft war immer dieselbe: »Ich, der große König So-und-so, gebe Dir persönlich mein Wort, dass dieses Metallplättchen 5 Gramm Gold enthält. Wer es wagen sollte, diese Münze zu fälschen, der fälscht mein Siegel und schadet meinem Ruf. Wer so unklug sein sollte, dem schlage ich den Kopf ab.« Es ist kein Wunder, dass Münzfälschung in der Vergangenheit härter bestraft wurde als andere Formen des Betrugs. Münzfälschung war ein Akt der Subversion und eine Anmaßung von Privilegien, die nur dem König zustanden. Diese Majestätsbeleidigung wurde in der Regel mit Folter und Tod bestraft. Solange die Menschen der Macht und dem Ehrenwort des Königs vertrauten, vertrauten sie seinen Münzen. Menschen, die einander noch nie gesehen hatten, konnten dem Wert eines römischen Denarius vertrauen, weil sie der Macht und Integrität des Kaisers vertrauten, dessen Name und Konterfei auf der Münze prangten.
Und umgekehrt ruhte die Macht des Kaisers auf dem Denarius. Stellen Sie sich vor, er hätte sein Imperium ohne Münzen regiert, und in Form von Getreide seine Steuern erhoben und Gehälter bezahlt. Es wäre unvorstellbar gewesen, in Syrien Getreidesteuern einzutreiben, sie in sein Finanzamt in Rom zu verfrachten und sie von da aus nach Britannien weiterzutransportieren, um seinen Legionen den Sold zu bezahlen. Und genauso wenig wäre das Weltreich zu halten gewesen, wenn lediglich die Einwohner Roms an den Denarius geglaubt hätte, während die Gallier, Griechen, Ägypter und Syrier die Münzen abgelehnt und nur Kaurischnecken, Elfenbeinperlen und Stoffballen vertraut hätten.
Das Hohe Lied des Goldes
Das Vertrauen in die römischen Münzen war so groß, dass die Menschen selbst jenseits der Grenzen des Imperiums gern Denarii entgegennahmen. Im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung wurden die Münzen selbst auf den Märkten
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