Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hawking
Vom Netzwerk:
das Geschehen in P einwirken können. Ereignisse, die weder in der Zukunft noch in der Vergangenheit von P liegen, weist man dem «Anderswo» von P zu. Solche Ereignisse können das, was in P geschieht, weder beeinflussen noch davon beeinflußt werden. Würde beispielsweise die Sonne in diesem Augenblick zu scheinen aufhören, würde dies das Geschehen auf der Erde zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beeinflussen, da es sich in dem Moment, da die Sonne verlöschen würde, für uns im «Anderswo» des Ereignisses befände (Abb. 6). Erst acht Minuten später würden wir davon erfahren – nach Ablauf der Zeit, die das Licht braucht, um von der Sonne zur Erde zu gelangen. Erst dann würden die Ereignisse auf der Erde im Zukunftslichtkegel des Ereignisses «Die Sonne erlischt» liegen. Ebensowenig wissen wir, was in diesem Augenblick in fernen Regionen des Universums geschieht: Das Licht entfernter Galaxien, das wir erblicken, verließ diese vor Jahrmillionen – im Falle des am weitesten entfernten Objekts, das wir bisher gesehen haben, vor etwa acht Milliarden Jahren. Wir können also immer nur ein vergangenes Stadium des Universums betrachten.

    Abb. 4: Ein Raumzeitdiagramm, das zeigt, wie sich Wellenkreise auf einer Teichoberfläche ausbreiten. Die expandierenden Kreise bilden einen Kegel in der Raumzeit mit zwei räumlichen und einer zeitlichen Richtung.
    Abb. 5: Die Bahn eines Lichtpulses, der von einem Ereignis P ausgeht, bildet einen Kegel in der Raumzeit, den «Zukunftslichtkegel von P». Entsprechend ist der «Vergangenheitslichtkegel von P» die Bahn der Lichtstrahlen, die durch das Ereignis P gehen werden. Die beiden Lichtkegel untergliedern die Raumzeit in die Zukunft, die Vergangenheit und das «Anderswo» von P.
    Wenn man die Einflüsse der Gravitation vernachlässigt, wie es Einstein und Poincaré 1905 taten, so erhält man die Spezielle Relativitätstheorie. Für jedes Ereignis in der Raumzeit können wir einen Lichtkegel konstruieren (die Gesamtheit aller möglichen Wege, die das von dem Ereignis ausgesandte Licht in der Raumzeit zurücklegen kann), und da die Lichtgeschwindigkeit bei jedem Ereignis und in jeder Richtung gleich bleibt, werden alle Lichtkegel identisch sein und in dieselbe Richtung zeigen. Die Theorie besagt, daß nichts schneller als das Licht sein kann. Daraus folgt, daß jeder Weg eines Objekts durch Raum und Zeit durch eine Linie repräsentiert werden muß, die innerhalb des Lichtkegels eines jeden Ereignisses auf dieser Bahn liegt (Abb. 7).

    Abb. 6: Raumzeitdiagramm, das zeigt, wie lange es dauern würde, bis wir erführen, daß die Sonne erloschen ist.
    Die Spezielle Relativitätstheorie bewährte sich, weil sie erklärte, warum die Lichtgeschwindigkeit allen Beobachtern gleich erscheint (wie das Michelson-Morley-Experiment gezeigt hatte), und sie war gut geeignet zu beschreiben, was geschieht, wenn sich Objekte mit Geschwindigkeiten nahe der des Lichts bewegen. Sie stand jedoch im Widerspruch zur Newtonschen Gravitationstheorie, nach der sich Objekte mit einer Kraft anziehen, deren Größe von der Entfernung zwischen ihnen abhängt. Das heißt: Wenn man eines der Objekte bewegt, müßte sich die Kraft, die auf das andere einwirkt, sofort verändern. Oder mit anderen Worten, die Gravitation müßte mit unendlicher Geschwindigkeit wirken und nicht mit Lichtgeschwindigkeit oder langsamer, wie es die Spezielle Relativitätstheorie verlangt. Zwischen 1908 und 1914 unternahm Einstein eine Reihe erfolgloser Versuche, eine neue Gravitationstheorie in Einklang mit der speziellen Relativität zu entwickeln. 1915 trat er schließlich mit einer Arbeit an die Öffentlichkeit, die das zum Inhalt hatte, was wir heute als Allgemeine Relativitätstheorie bezeichnen.
    Einstein ging von dem revolutionären Vorschlag aus, die Gravitation sei nicht eine Kraft wie andere Kräfte. Man müsse sie vielmehr als eine Folge des Umstands betrachten, daß die Raumzeit nicht eben sei, wie man bisher angenommen hätte, sondern gekrümmt oder «verworfen» durch die Verteilung der Massen und Energien in ihr. Körper wie die Erde würden nicht durch eine Kraft, Gravitation genannt, dazu gebracht, sich auf gekrümmten Bahnen zu bewegen; sie folgten vielmehr der besten Annäherung an eine geradlinige Bahn, die in einem gekrümmten Raum möglich sei – einer sogenannten Geodäte. Eine Geodäte ist die kürzeste (oder längste) Verbindung zwischen zwei nahe gelegenen Punkten. Die Oberfläche der Erde ist

Weitere Kostenlose Bücher