Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hawking
Vom Netzwerk:
wissenschaftlich-technischer Wirklichkeit geworden. Wie steht es also mit den Aussichten für Zeitreisen?
    Der Gedanke, daß die physikalischen Gesetze solche Zeitreisen tatsächlich zulassen könnten, gewann erstmals konkrete Gestalt, als Kurt Gödel 1949 im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie auf eine neue Raumzeit stieß. Seinen Ruf als Mathematiker verdankte Gödel vor allem dem Beweis, daß es unmöglich ist, alle wahren Aussagen zu beweisen, selbst wenn man diesen Versuch auf das scheinbar so überschaubare und trockene Gebiet der Arithmetik beschränkt. Wie die Unschärferelation könnte Gödels Unvollständigkeitssatz eine grundsätzliche Begrenzung unserer Fähigkeit darstellen, das Universum zu verstehen und vorherzusagen, doch scheint er sich bislang noch nicht als Hindernis bei unserer Suche nach einer vollständigen vereinheitlichten Theorie ausgewirkt zu haben.
    Gödel lernte die Allgemeine Relativitätstheorie kennen, als er in späteren Jahren mit Einstein zusammen am Institute for Advanced Study in Princeton lehrte. Seine Raumzeit hat die seltsame Eigenschaft, daß das ganze Universum rotiert. Dabei stellt sich die Frage: «Rotieren in bezug auf was?» Die Antwort: Ferne Materie würde in diesem Fall relativ zu Richtungen rotieren, die von kleinen Kreiseln oder Gyroskopen angezeigt würden.
    Unter anderem hätte dies zur Folge, daß jemand mit einem Raumschiff ins All aufbrechen und zur Erde zurückkehren könnte, bevor er sie verlassen hätte. Diese Eigenschaft ging Einstein gewaltig gegen den Strich, denn er hatte sich eingebildet, die Allgemeine Relativitätstheorie lasse keine Zeitreisen zu. Doch wenn man bedenkt, auf welch tönernen Füßen seine Einwände gegen den Gravitationskollaps und die Unschärferelation gestanden hatten, war das vielleicht ein ganz ermutigendes Zeichen. Allerdings entspricht die Gödelsche Lösung nicht der Welt, in der wir leben, denn es läßt sich nachweisen, daß unser Universum nicht rotiert. Außerdem ist in dieser Lösung die kosmologische Konstante, die Einstein eingeführt hatte, als er glaubte, das Universum sei unveränderlich, nicht gleich Null. Seit Hubble die Expansion des Universums entdeckt hat, ist die kosmologische Konstante überflüssig. Heute nimmt man allgemein an, sie sei Null. Doch inzwischen hat man im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie plausiblere Raumzeiten entdeckt, die Zeitreisen zulassen. Eine befindet sich im Innern eines rotierenden Schwarzen Loches. Eine andere enthält zwei kosmische Strings, die sich mit hoher Geschwindigkeit aneinander vorbeibewegen. Wie der Name sagt, handelt es sich bei kosmischen Strings um saitenartige Objekte, das heißt, sie haben Länge, aber nur einen winzigen Querschnitt. Im Grunde haben sie mehr Ähnlichkeit mit Gummibändern, denn sie stehen unter enormer Spannung – etwa einer Million Millionen Millionen Millionen Tonnen. Ließe sich ein kosmisches String an der Erde befestigen, so könnte es diese in einer dreißigstel Sekunde von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigen. Mag dies auch noch so sehr nach Science-fiction klingen, es gibt gute Gründe für die Annahme, daß sich solche kosmischen Strings im frühen Universum als Ergebnis einer Symmetriebrechung gebildet haben könnten, wie wir sie in Kapitel fünf betrachtet haben. Da sie unter ungeheurer Spannung stünden und in jeder Konfiguration vorkommen könnten, würden sie bei Streckung auf extreme Geschwindigkeiten beschleunigen.
    Die Raumzeit der Gödelschen Lösung und der kosmischen Strings weist derart gekrümmte Anfangszustände auf, daß in ihr Reisen in die Vergangenheit stets möglich sind. Es wäre zwar denkbar, daß Gott ein Universum mit solch extremen Verwerfungen geschaffen hat, aber wir haben keinen Grund zu dieser Annahme. Die Daten über den Mikrowellenhintergrund und die Vorkommen an leichten Elementen deuten darauf hin, daß das frühe Universum nicht hinreichend gekrümmt war, um Zeitreisen zuzulassen. Die gleiche Schlußfolgerung ergibt sich aus theoretischen Gründen, falls die Keine-Grenzen-Bedingung richtig ist. Also lautet die Frage: Wenn auch der Anfangszustand des Universums keine Krümmung aufweist, wie sie für Zeitreisen erforderlich ist, können wir dann nicht vielleicht im nachhinein lokale Regionen der Raumzeit so stark verwerfen, daß sie doch noch möglich werden?
    Eng verwandt mit dieser Frage ist das Problem schneller interstellarer oder intergalaktischer Reisen – auch dies ein Punkt,

Weitere Kostenlose Bücher