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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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dem Gesetz gleich behandelt werden müssen. Die versammelten Adeligen gingen mit
einem großartigen Beispiel voran und verzichteten in der allgemeinen
Begeisterung freiwillig auf alle ihre Vorrechte. Jeder Mensch in Frankreich
sollte jedes Amt bekommen dürfen, jeder sollte im Staate gleiche Pflichten und
gleiche Rechte haben, die Menschenrechte, wie man es
nannte. Das Volk, so verkündete man, sei der eigentliche Herrscher, der König
nur sein Beauftragter.
    Du kannst dir denken, was die Versammlung der Stände damit gemeint
hat: dass der Herrscher für das Volk da ist und nicht umgekehrt das Volk für
den Herrscher. Dass er seine Macht nicht missbrauchen darf. Aber die Pariser,
die das in den Zeitungen lasen, haben diese Lehre von der Herrschaft des Volkes
noch anders aufgefasst. Sie haben gemeint, dass nun die Leute auf der Straße
und auf den Märkten, die man so das Volk nennt, herrschen sollten. Und als der
König noch immer nicht vernünftig wurde und mit ausländischen Höfen
verhandelte, damit sie ihm gegen sein eigenes Volk helfen sollten, da zogen die
Marktweiber und Kleinbürger von Paris zu dem Schloss Versailles hinaus,
erschlugen die Wache, stürzten in die prunkvollen Säle mit den herrlichen
Kristalllüstern, Spiegeln und Damasttapeten und zwangen den König und seine
Frau Marie Antoinette, samt Kindern und Gefolge nach Paris zu kommen. Dort
standen sie nun wirklich unter der Aufsicht des Volkes.
    Einmal versuchte der König ins Ausland zu fliehen. Aber da er das
mit aller Umständlichkeit und Förmlichkeit unternahm, als würde es sich um eine
Fahrt zu einem Maskenfest bei Hof handeln, wurde er erkannt und zurückgeholt
und mit seiner Familie unter strenge Bewachung gestellt. Die Versammlung der
Stände, die sich jetzt (wo ja die Stände abgeschafft waren) Nationalversammlung
nannte, hatte inzwischen noch viele Neuerungen beschlossen. Man nahm der
katholischen Kirche allen Grundbesitz weg. Ebenso sämtlichen Adeligen, die aus
Furcht vor der Revolution ins Ausland geflohen waren. Dann bestimmte man, dass
das Volk nun neue Vertreter wählen solle, die jetzt die einzelnen Gesetze zu
bestimmen hätten.
    So kam im Jahre 1791 eine große Zahl junger Menschen aus allen
Teilen Frankreichs zusammen, um in Paris zu beraten. Aber die auswärtigen
Könige und Herrscher Europas wollten nicht länger zusehen, wie da die Macht
eines Königs immer stärker beschränkt und gebrochen wurde. Allzu eifrig waren
sie allerdings nicht darin, Ludwig XVI. zu unterstützen, denn erstens hatte er
sich durch sein Benehmen nicht sehr viel Achtung erworben, und zweitens war es
den auswärtigen Mächten ja gar nicht in jeder Richtung unangenehm, wenn
Frankreichs Macht geschwächt wurde. Immerhin schickten Preußen und Österreich
einige Truppen gegen Frankreich, um den König zu schützen. Das machte aber das
Volk rasend vor Wut. Das ganze Land erhob sich gegen diese ungebetene
Einmischung von draußen. Vor allem witterte man nun in jedem Adeligen oder
Anhänger des Königs einen Hochverräter, der mit diesen fremden Helfern des
Königshofes in Verbindung stand. Tausende Vornehme wurden von wütenden
Volkshaufen des Nachts in ihrer Wohnung aufgesucht, gefangen und ermordet.
Immer wilder ging es zu. Alles Althergebrachte wollte man ausrotten und
vernichten.
    Mit der Tracht fing man an. Die Anhänger der Revolution trugen keine
Perücken und keine Kniehosen und Seidenstrümpfe. Sie setzten sich rote
Zipfelmützen auf und zogen lange Hosenröhren an, wie wir sie heute noch tragen.
Das war einfacher und billiger. So stürmten sie durch die Straßen und riefen:
»Tod den Adeligen! Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!« Mit der
Brüderlichkeit war es allerdings bei den Jakobinern, so nannte man die wildeste
Partei, nicht allzu weit her. Sie bekämpften nicht nur die Adeligen, sondern
jeden, der anderer Meinung war als sie. Und wen sie bekämpften, den ließen sie
köpfen. Es wurde eine eigene Maschine erfunden, die Guillotine, die das Köpfen
einfach und schnell besorgte. Es wurde ein eigenes Gericht gegründet, das
Revolutionstribunal, und das verurteilte Tag für Tag Menschen zum Tod, die dann
auf den Plätzen von Paris durch die Guillotine starben.

    Die Führer dieser aufgeregten Volksmassen waren merkwürdige Leute.
Einer von ihnen, Danton, war ein leidenschaftlicher Redner und ein kühner,
rücksichtsloser Mann, der mit seiner gewaltigen Stimme das Volk zu immer neuen
Kämpfen gegen die Anhänger des Königs aufrief. Der

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