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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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war den Chinesen
damals etwas ganz Fremdes, Wildes, Unbegreifliches. Zwar herrschten nun fremde
Kaiser über sie, die die Chinesen zwangen, zum Zeichen der Knechtschaft einen
Zopf zu tragen, aber diese fremde, innerasiatische Herrscherfamilie, die
Mandschus, hatten auch ganz die Gedanken und Gefühle der Chinesen, die
Grundsätze des Konfuzius gelernt und aufgenommen, sodass das Reich in großer
Blüte stand.
    Manchmal kamen jesuitische Gelehrte als Prediger des Christentums nach
China. Sie wurden meist freundlich aufgenommen, da der Kaiser von China von
ihnen europäische Wissenschaft, vor allem Sternenkunde, lernen wollte.
Europäische Händler brachten Porzellan aus China in ihre Heimat, und überall
versuchte man, diese unendlich feine Mischung nachzuahmen, aber durch
Jahrhunderte gelang es den Europäern nicht. Wie sehr sich damals das
chinesische Reich mit seinen vielen, vielen Millionen kultivierter Bürger
Europa überlegen vorkam, kannst du aus einem Brief sehen, den der Kaiser von
China im Jahre 1793 an den König von England richtete. Die Engländer hatten
nämlich gebeten, dass sie einen Gesandten an den chinesischen Hof schicken und
mit China Handel treiben dürften. Der Kaiser Qian Long, ein berühmter Gelehrter
und guter Herrscher, antwortete mit solchen Sätzen: »Ihr, o König, lebt
jenseits von vielen Meeren. Trotzdem habt Ihr, veranlasst durch Euren demütigen
Wunsch, an den Segnungen unserer Kultur teilzuhaben, eine Gesandtschaft
geschickt, die ehrerbietig Euer Schreiben überreichte. Wenn Ihr auch
versichert, dass Eure Verehrung für unser himmlisches Herrscherhaus Euch mit
dem Wunsch erfülle, Euch unsere Kultur anzueignen, so unterscheiden sich doch
unsere Gebräuche und Sittengesetze so vollständig von den Euren, dass Ihr doch
unmöglich unsere Sitten und Gebräuche auf Euren Boden verpflanzen könntet,
selbst wenn Euer Gesandter imstande wäre, sich die Grundbegriffe unserer Kultur
anzueignen. Wäre er ein noch so gelehriger Schüler, wäre doch nichts gewonnen.
    Die weite Welt beherrschend, habe ich nur ein Ziel im Auge, nämlich:
eine vollkommene Regierung zu führen und die Pflichten des Staates zu erfüllen.
Seltsame und kostbare Gegenstände bekümmern mich nicht. Ich habe keine
Verwendung für die Waren Eures Landes. Unser himmlisches Reich besitzt alle
Dinge im Überfluss, und ihm mangelt nichts innerhalb seiner Grenzen. Deshalb
besteht kein Bedürfnis, die Waren fremder Barbaren zum Austausch für unsere
eigenen Erzeugnisse einzuführen. Da aber Tee, Seide und Porzellan, die das
himmlische Reich erzeugt, unbedingte Notwendigkeit für europäische
Völkerschaften und für Euch selbst sind, soll der beschränkte Handel, der
bisher in meiner Provinz Kanton erlaubt war, weiter gestattet sein. Ich
vergesse nicht die einsame Ferne Eurer Insel, die durch trennende Meereswüsten
von der Welt abgeschnitten ist, noch übersehe ich die entschuldbare
Unwissenheit über die Gebräuche des himmlischen Reiches. Gehorche zitternd
meinen Befehlen.«
    So schrieb der Kaiser von China an den König der kleinen Insel England.
Aber er hatte die Wildheit der Bewohner der fernen Insel unterschätzt. Besonders
als sie einige Jahrzehnte später mit Dampfschiffen daherkamen. Da war ihnen der
beschränkte Handel in der Provinz Kanton lange nicht mehr genug. Vor allem seit
sie eine Ware entdeckt hatten, die das chinesische Volk nur allzu gern hatte. Es
war ein Gift. Ein gefährliches Gift: Opium. Wenn man das verbrennt und den Rauch
einatmet, hat man eine kurze Zeit schöne Träume. Aber man wird furchtbar krank davon.
Wer es sich einmal angewöhnt hat, Opium zu rauchen, der kann es nicht lassen, es
ist so ähnlich wie mit dem Schnapstrinken, nur noch viel gefährlicher. Solches Opium
nun wollten die Engländer den Chinesen in Massen verkaufen. Die chinesischen Behörden
sahen, wie gefährlich das für das Volk werden würde, und verbaten es sich im
Jahre 1839 energisch.
    Da kamen die Engländer mit ihren Dampfschiffen wieder, und diesmal
standen Kanonen darauf. Sie fuhren die chinesischen Flüsse aufwärts und
beschossen die friedlichen chinesischen Städte, legten herrliche Paläste in
Schutt und Asche. Die Chinesen waren fassungslos und machtlos. Sie mussten tun,
was die Weißen ihnen befahlen, Unsummen Geldes zahlen und den unbeschränkten
Handel mit Opium und allen anderen Dingen gestatten. Bald darauf war ein
Aufstand in China ausgebrochen, den ein halb wahnsinniger Fürst angezettelt
hatte, der sich

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