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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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jungen
Leute am Markt und die alten Leute in den Rathäusern gestritten und gesprochen haben,
davon zehren wir eigentlich heute noch. Es ist sehr merkwürdig, dass es so ist,
aber es ist wirklich so. Und wovon wir zehren sollten, wenn die Perser 490 bei Marathon
oder 480 bei Salamis gesiegt hätten, das weiß ich nicht.

Zwei kleine Städte in einem kleinen Land
    Ich habe schon davon gesprochen, dass
Griechenland, gegen das persische Weltreich gehalten, eine kleine Halbinsel
war, mit wenigen kleinen Städten, die fleißig Handel trieben, mit großen wüsten
Bergen und steinigen Feldern, die nur wenige Menschen ernähren konnten. Dazu
kam aber noch, dass die Bevölkerung, wie du dich erinnerst, verschiedenen
Stämmen angehörte, vor allem den Doriern im Süden, den Ioniern und Äoliern im
Norden. Diese Stämme waren nicht sehr verschieden voneinander in Sprache und
Aussehen, sie sprachen nur mehrere Dialekte, die sie schon verstehen
konnten, wenn sie wollten. Aber sie wollten oft nicht. Wie das oft so geht,
konnten sich gerade diese so nah verwandten Nachbarstämme nicht miteinander
vertragen. Sie spöttelten übereinander und waren in Wirklichkeit einer auf den
anderen eifersüchtig. Griechenland hatte ja auch keinen gemeinsamen König und
keine gemeinsame Verwaltung, sondern jede Stadt war ein Reich für sich.
    Nur etwas hat die Griechen doch verbunden: der gemeinsame Glaube und der
gemeinsame Sport. Merkwürdigerweise war das eigentlich nicht zweierlei, sondern
Sport und Religion hingen eng zusammen. Zu Ehren des Göttervaters Zeus, zum
Beispiel, hielt man alle vier Jahre große Wettspiele in seinem Heiligtum ab.
Dieses Heiligtum hieß Olympia, es gab dort große Tempel und auch einen
Sportplatz, und dorthin kamen alle Griechen, Dorier und Ionier, Spartaner und
Athener, um ihre Kräfte im Laufen und Diskuswerfen, im Speerschleudern, Ringen
und Wagenrennen zu beweisen. Dort zu siegen, galt als die größte Ehre, die
einem Menschen im Leben widerfahren konnte. Der Preis war ein einfacher Zweig
eines Ölbaums, aber die Sieger wurden wunderbar gefeiert: Die größten Dichter
besangen ihre Kämpfe in herrlichen Liedern, die größten Bildhauer formten ihre
Statuen für Olympia; Statuen, in denen man sie als Wagenlenker sah oder beim
Diskuswerfen oder auch, wie sie den Körper vor dem Kampf mit Öl salbten. Solche
Siegerstatuen findet man noch heute, und vielleicht habt ihr auch eine im Museum
der Stadt, in der du zu Hause bist.

    Weil die olympischen Spiele, die alle vier Jahre stattfanden, von
allen Griechen besucht wurden, waren sie ein bequemes Mittel der gemeinsamen
Zeitrechnung für das ganze Land. Das hat sich auch allmählich eingebürgert: Wie
wir heute sagen »nach Christi Geburt«, sagten die Griechen »in der
so-und-so-vielten Olympiade«. Die erste Olympiade begann 776 vor Christus. Wann
war da die zehnte? Aber vergiss nicht, dass nur alle vier Jahre Olympische
Spiele stattgefunden haben!
    Die olympischen Spiele waren aber nicht das Einzige, das alle
Griechen gemeinsam hatten. Das zweite war ein anderes Heiligtum, und zwar das
des Sonnengottes Apollo in Delphi. Das war etwas äußerst Eigenartiges. Es gab
dort in Delphi eine Erdspalte, aus der Dampf herauskam, wie das in vulkanischen
Gegenden öfters vorkommt. Wenn man diesen Dampf einatmete, wurde man im wahren
Sinne des Wortes benebelt, das heißt, man war davon so verwirrt, dass man nur
noch unzusammenhängende Wörter sprach wie ein Betrunkener oder ein
Fieberkranker.
    Gerade diese scheinbar sinnlosen Reden erschienen den Griechen
äußerst geheimnisvoll. Man meinte: Jetzt spricht der Gott selbst durch den Mund
eines Menschen. So hat man eine Priesterin – man nannte sie Pythia – auf einen
dreifüßigen Sitz über der Erdspalte gesetzt, und die anderen Priester deuteten
die Worte, die sie im Rausch lallte. So wurde die Zukunft geweissagt. Dies war
das Orakel von Delphi, und in allen schweren Lebenslagen sind die Griechen
aller Gegenden hierhin gepilgert, um den Gott Apollo zu befragen. Freilich war
die Antwort oft nicht sehr leicht zu verstehen. Man konnte sie verschieden
ausdeuten. Darum nennt man noch heute undeutliche, geheimnisvolle Antworten
orakelhaft.
    Von den griechischen Städten wollen wir uns jetzt zwei ansehen, die
zwei wichtigsten: Sparta und Athen. Von den Spartanern haben wir schon gehört.
Wir wissen, dass sie Dorier waren, die bei ihrer Einwanderung um das Jahr 1100
vor Christus die Einwohner des Landes unterworfen hatten und auf den

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