Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
bezeichnet – den Staat eigentlich allein gelenkt.
Das Wichtigste war ihm, dass Athen zur See mächtig blieb, und das gelang ihm
durch Bündnisse mit anderen ionischen Städten, die an Athen auch Abgaben
zahlten für den Schutz, der ihnen durch diese mächtige Stadt gewährt wurde. So
sind die Athener reich geworden und konnten beginnen, mit ihren Begabungen auch
ganz Großes zu leisten.
Jetzt wirst du aber ungeduldig und sagst: Also, was haben die
Athener so Großartiges gekonnt? Und ich muss sagen: Eigentlich alles, aber für
zwei Dinge haben sie sich besonders interessiert: für Wahrheit und für
Schönheit.
In ihren Volksversammlungen hatten die Athener gelernt, über alle
Dinge öffentlich zu sprechen, mit Gründen und Gegengründen Stellung zu nehmen.
Das war gut zum Denkenlernen. Bald haben sie solche Gründe und Gegengründe
nicht nur für so naheliegende Dinge gesucht, wie etwa ob eine Steuererhöhung
notwendig sei, sie haben sich mit der ganzen Natur beschäftigt. Da waren ihnen zum
Teil die Ionier in den Kolonien oder Pflanzstädten schon vorausgegangen. Die
hatten nachgedacht, woraus denn die Welt eigentlich bestehe, was denn die
Ursache aller Ereignisse und Geschehnisse sei.
Dieses Nachdenken heißt Philosophie. In Athen aber hat man nicht nur
darüber nachgedacht oder philosophiert. Man wollte dort auch wissen, was die
Menschen tun sollen, was gut ist und was böse, was recht und was unrecht. Sie
haben darüber nachgedacht, wozu der Mensch eigentlich auf der Welt ist und was
das Wesentliche an allen Dingen sei. Natürlich war nicht jeder über alle diese
verwickelten Dinge der gleichen Ansicht, es hat verschiedene Meinungen und
Richtungen gegeben, die wieder untereinander mit Gründen gestritten haben wie
in der Volksversammlung. Und seit der Zeit hat dieses Nachdenken und auch
dieses mit Gründen Streiten, das man Philosophie nennt, nicht mehr aufgehört.
Aber die Athener sind nicht nur in ihren Säulenhallen und auf den
Sportplätzen auf und ab gegangen, um über die Frage zu reden, was das
Wesentliche auf der Welt sei, wie man das erkennen könne und worauf es im Leben
ankomme. Sie haben die Welt nicht nur mit den Gedanken, sondern auch mit den
Augen neu angeschaut. Es war, als hätte niemand vorher die Dinge in der Welt
gesehen, so neuartig, so einfach und schön haben die griechischen Künstler sie
nachgebildet. Von den Statuen für olympische Sieger haben wir schon gesprochen.
Da sieht man schöne Menschen ohne jede Pose so abgebildet, als ob es das
Selbstverständlichste von der Welt wäre. Und gerade das Selbstverständlichste
ist das Schönste.
Mit derselben Schönheit und Menschlichkeit formten sie damals die
Götterbilder. Der berühmteste Götterbildner hieß Phidias. Er schuf keine
geheimnisvollen und übernatürlichen Bilder wie die ungeheuren Tempelstatuen in
Ägypten. Groß waren zwar manche von seinen Tempelbildern auch, und prunkvoll
und kostbar, aus Elfenbein und Gold, aber trotzdem von einer so einfachen
Schönheit, von einer so edlen und natürlichen Anmut, die nie fad oder zierlich wurde,
sodass man zu solchen Götterbildern Vertrauen haben musste. So wie ihre Statuen
waren auch die Gemälde und Bauten der Athener. Aber von den Gemälden, mit denen
sie ihre Hallen und Versammlungsräume geschmückt haben, hat sich keines
erhalten. Wir kennen nur kleine Bilder auf Tongefäßen, auf Vasen und Urnen, und
schon die sind so schön, dass wir uns vorstellen können, was wir verloren
haben.
Die Tempel stehen noch. Sie stehen auch in Athen selbst. Es ist vor
allem die Burg von Athen noch da, die Akropolis, auf der zur Zeit des Perikles
neue Heiligtümer aus Marmor erbaut wurden, da die älteren von den Persern
niedergebrannt worden waren, während die Athener auf Salamis saßen. Diese
Akropolis ist heute noch das Schönste, was wir an Gebäuden kennen. Es ist dort
gar nichts so besonders groß oder so besonders prunkvoll. Es ist einfach schön.
Jede Einzelheit ist so klar und einfach geformt, dass man denkt, es könne gar
nicht anders sein. Alle die Formen, die die Griechen dort angewendet haben,
werden seitdem in der Baukunst immer wieder verwendet: die griechischen Säulen,
von denen es verschiedene Arten gibt und die du an fast allen Häusern in der
Stadt wirst wiederfinden können, wenn du einmal darauf aufmerksam geworden
bist. Freilich sind sie nirgends so schön wie in Athen auf der Akropolis, wo
sie nicht als Aufputz und Verzierung verwendet sind, sondern dazu, wofür
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