Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
sich die Gedanken und Grundsätze der großen Männer in China schnell
verbreiten und den Leuten einprägen.
Denn zur selben Zeit, als in Indien Buddha die Menschen vom Leid erlösen
wollte (du weißt noch, das war um 500 vor Christus), gab es auch in China einen
großen Mann, der versuchte, durch seine Lehre die Menschen glücklich zu machen.
Und doch war er so verschieden von Buddha wie nur irgend möglich. Er war kein Königssohn,
sondern kam aus einfachen Verhältnissen. Er wurde kein Einsiedler, sondern ein Beamter
und Lehrer. Es war ihm auch weniger darum zu tun, dass der einzelne Mensch nichts
mehr wünschen und leiden solle, es kam ihm hauptsächlich darauf an, dass die Menschen
in Frieden zusammenleben, die Eltern in Frieden mit ihren Kindern, und die
Herrscher in Frieden mit ihren Untertanen. Das war sein Ziel: die Lehre vom guten
Zusammenleben. Und dieses Ziel hat er auch erreicht. Durch seine Lehre lebte das
große Volk der Chinesen durch Jahrtausende friedlicher und ruhiger miteinander als
andere Menschen auf der Welt. Da wird dich sicher die Lehre des Konfuzius, der auf
Chinesisch Kong Fuzi heißt, interessieren. Sie ist nicht schwer zu verstehen. Nicht
einmal sehr schwer einzuhalten. Darum hatte er ja auch so viel Erfolg damit.
Der Weg, den Konfuzius zu seinem Ziel vorgeschlagen hat, ist einfach.
Vielleicht wird er dir nicht gleich gefallen, aber es steckt mehr Weisheit
darin, als man im ersten Augenblick bemerkt. Er hat nämlich gelehrt, dass die
Äußerlichkeiten im Leben wichtiger sind, als man denkt: das Verbeugen vor
Älteren, das Zuerst-durch-die-Tür-gehen-lassen, das Aufstehen, wenn man mit
einem Vorgesetzten spricht, und viele andere ähnliche Dinge, für die es in
China mehr Regeln gab als bei uns. Alle diese Dinge – so fand er – sind ja
nicht zufällig so. Sie bedeuten ja etwas oder haben einmal etwas bedeutet.
Gewöhnlich etwas Schönes. Darum hat Konfuzius gesagt: »Ich glaube ans Altertum
und liebe es.« Das heißt, er glaubte an den guten tiefen Sinn aller
jahrtausendealten Sitten und Gebräuche und prägte seinen Landsleuten immer
wieder ein, sie gut einzuhalten. Dann geht alles leichter. Es läuft sozusagen
von selbst, ohne viel Nachdenken. Man wird sicher
nicht gut durch diese Formen, aber man bleibt es
leichter.
Denn Konfuzius hatte eine sehr gute Meinung von den Menschen. Er
sagte, dass alle Menschen als gute, anständige Menschen geboren werden. Dass
sie alle eigentlich im Inneren auch gut und anständig sind: Jeder Mensch, der
ein Kind an einem Wasser spielen sieht, wird Angst haben, es könne
hineinfallen, sagt er. Diese Sorge für den Nebenmenschen, das Mitleid, wenn es
ihm schlecht geht, all das ist uns angeboren. Man braucht also nichts zu tun,
als zu schauen, dass es nicht verloren geht. Und dazu, hat er gemeint, ist die
Familie da. Wer immer lieb zu seinen Eltern ist, ihnen folgt und für sie sorgt – und das ist uns doch angeboren –, der wird es dann auch zu anderen Menschen
sein, der wird dann auch den Gesetzen des Staates immer gehorchen, wie er
gewohnt war, seinem Vater zu gehorchen. Darum war für ihn die Familie, die
Liebe zwischen den Geschwistern, die Ehrfurcht vor den Eltern, das Wichtigste
im ganzen Leben. Er nennt sie »die Wurzel der Menschlichkeit«.
Es war aber nicht so gemeint, dass nur der Untertan dem Herrscher
ergeben sein sollte und nicht auch umgekehrt. Im Gegenteil, Konfuzius und seine
Jünger waren viel bei den widerspenstigen Fürsten und haben ihnen gewöhnlich
tüchtig die Meinung gesagt. Denn der Fürst muss der Erste sein im Einhalten
aller Formen, im Ausüben der väterlichen Liebe, Vorsorge und Gerechtigkeit. Ist
er das nicht und lässt er seine Untertanen achtlos leiden, dann geschieht es
ihm ganz recht, wenn das Volk ihn absetzt, so lehrten Konfuzius und seine
Jünger. Denn des Fürsten erste Pflicht ist es, ein Vorbild zu sein für alle
Bewohner seines Reiches.
Vielleicht findest du, dass Konfuzius nur Selbstverständlichkeiten
gelehrt hat. Aber gerade das wollte er. Er wollte ja etwas, das alle fast von
selbst verstehen und für richtig halten. Dann würde das Zusammenleben viel
leichter sein. Ich habe schon gesagt, dass es ihm gelungen ist. Nur durch seine
Lehre ist das große Reich mit den vielen Provinzen nicht schließlich doch
auseinandergefallen.
Du darfst aber nicht glauben, dass es in China nicht auch andere Leute
gegeben hat, Leute mehr in der Art von Buddha, welchen es nicht auf das Zusammenleben
und nicht auf die
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