Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
von Gott haben, dass alle vor Gott gleich sind,
der Bettler wie der König, und dass es darum auch keine Sklaven geben darf, die
man wie Sachen behandelt. Dass der einzige unsichtbare Gott, der die Welt
geschaffen hat und der durch seine Gnade die Menschen erlöst, von uns will,
dass wir gut seien. Nicht als ob es damals nur gute Menschen gegeben hätte. Es
gab viele furchtbar grausame, wilde, rohe und hartherzige Krieger, in Italien
ebenso wie in den germanischen Gegenden, die heimtückisch, blutdürstig und
rücksichtslos handelten. Aber sie taten es jetzt mit schlechterem Gewissen als
zur Römerzeit. Sie wussten, dass sie böse waren. Sie fürchteten die Rache
Gottes.
Viele Menschen wollten ganz nach Gottes Willen leben. Sie wollten
nicht im Getriebe der Städte und der Leute bleiben, wo man so oft in Gefahr
kommt, etwas Unrechtes zu tun. Ganz ähnlich wie die indischen Einsiedler gingen
sie in die Wüste, um zu beten und Buße zu tun. Das waren die Mönche. Zuerst gab
es solche Mönche im Osten, in Ägypten und Palästina. Vielen von ihnen war das
Bußetun am wichtigsten. Sie hatten diese Lehre zum Teil auch von den Indern gelernt,
von denen du gehört hast, dass sie sich besonders quälten. Es gab solche, die
sich auf einen hohen Pfeiler in der Mitte der Stadt setzten, auf eine Säule,
und dort nun fast unbeweglich in Gedanken an die Sündigkeit der Menschen ihr
Leben verbrachten. Das bisschen Essen, dessen sie bedurften, zogen sie in einem
Korb zu sich hinauf. So saßen sie und blickten auf das Getriebe hinab und
hofften, Gott näherzukommen. Man nannte sie Säulenheilige.
Aber im Westen, in Italien, lebte ein Heiliger, ein Mönch, der, ganz
ähnlich wie Buddha, in diesem einsamen Bußeleben keine innere Beruhigung fand.
Er hieß Benedikt, der Gesegnete. Er meinte, dass die Buße allein der Lehre
Christi nicht entspreche. Man muss doch nicht nur selbst gut werden, sondern
auch Gutes tun. Um Gutes zu tun, kann man aber nicht auf einer Säule sitzen,
sondern man muss arbeiten. Und so war sein Wahlspruch: Bete und arbeite. Mit
einigen gleichgesinnten Mönchen gründete er eine Vereinigung, die in diesem
Sinne leben wollte. Man nennt das einen Orden. Sein Orden heißt nach ihm die
Benediktiner. Die Wohnstätten solcher Mönche waren die Klöster. Wer in ein
Kloster eintreten wollte, um als Mitglied des Ordens für immer zu bleiben,
musste drei Dinge geloben: 1. selbst nichts besitzen zu wollen, 2. nicht zu
heiraten, 3. dem Obersten des Klosters, dem Abt, immer und unbedingt zu
gehorchen.
Wenn man dann zum Mönch geweiht wurde, so musste man also im Kloster
nicht nur beten, obwohl man das Beten natürlich sehr ernst nahm und mehrmals am
Tag die Messe hörte. Man wollte ja Gutes tun. Dazu musste man aber auch etwas
können und wissen. Und so waren die Benediktinermönche die Einzigen, die sich
damals mit all den Gedanken und Entdeckungen aus dem Altertum abgaben. Sie
sammelten die alten Bücherrollen, wo sie sie finden konnten, um sie zu
studieren. Und schrieben sie ab, um sie zu verbreiten. In jahrelanger Arbeit
malten sie ihre klaren, geschwungenen Buchstaben in dicke Pergamentbände,
schrieben nicht nur Bibeln und das Leben von Heiligen, sondern auch alte lateinische
und griechische Gedichte ab. Wir würden kaum ein einziges kennen, wenn sich die
Mönche nicht so viel Mühe gegeben hätten. Vor allem aber schrieben sie die
alten Bücher über Naturkunde und über den Ackerbau immer wieder ab und
kopierten sie so treu als möglich. Denn das war ihnen außer der Bibel das
Wichtigste: das Land gut zu bebauen, um Getreide und Brot nicht nur für sich,
sondern auch für die Armen zu haben. In den verwilderten Gegenden gab es damals
kaum mehr Gasthöfe. Wer eine Reise wagte, musste in den Klöstern übernachten.
Dort war man gut aufgehoben. Dort herrschten Stille, Fleiß und Beschaulichkeit.
Die Mönche unterrichteten auch die Kinder aus der Umgebung des Klosters; sie
lehrten sie lesen und schreiben, sie lehrten sie Latein sprechen und die Bibel
verstehen. So war ein solches Kloster damals im weiten Umkreis der einzige
Fleck, an dem es Bildung und Gesittung gab und an dem die Erinnerung an all die
Gedanken der Griechen und Römer nicht gestorben war.
Solche Klöster gab es aber nicht nur in Italien. Im Gegenteil, den
Mönchen war es besonders wichtig, in wilden und fernen Ländern Klöster zu
bauen, um dort das Evangelium zu predigen, das Volk zu lehren und die
unwegsamen Wälder zu roden. Besonders in Irland
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