Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
anzusiedeln. Und dort leben ihre Nachkommen, die Ungarn, noch heute.
Das Land, das Otto ihnen abgenommen hatte, behielt er nicht einfach
als König für sich. Er verlieh es an einen Fürsten. Das war nämlich damals
üblich. Ottos des Großen Sohn, Otto II., verlieh auf dieselbe Art einen Teil
des heutigen Niederösterreich, die Gegend um die Wachau, im Jahre 976 an einen
deutschen Vornehmen, Leopold, aus der Familie der Babenberger. Ein solcher
Vornehmer baute sich in dem Land, das der König ihm geliehen hatte, eine Burg
und herrschte dort wie ein Fürst. Er war meist kein gewöhnlicher Beamter des
Königs. Er war mehr, er war Herr auf seinem Land, solange es ihm der König
ließ.
Die Bauern, die dort wohnten, waren meist nicht mehr Freie, wie es
die germanischen Bauern früher gewesen waren. Sie gehörten mit zu dem Land, das
der König vergeben hatte oder das ein vornehmer Grundherr besaß. Wie die Schafe
und Ziegen, die dort weideten, wie die Hirsche, Bären und Eber, die in den
Wäldern lebten, wie die Flüsse und Wälder, Weiden, Wiesen und Äcker gehörten
auch die Menschen zum Land, das sie bebauten. Weil sie dazugehörten, nannte man
sie »Hörige«. Sie waren nicht eigentlich Bürger des Reiches, sie hatten kein
Recht, im Land dorthin zu gehen, wohin sie wollten, oder ihre Äcker zu bebauen
oder auch nicht zu bebauen. Sie waren so, wie sie hießen: Unfreie.
»Also waren sie Sklaven, wie im Altertum?« – Das eigentlich auch
nicht. Du weißt, dass die Sklaverei seit dem Christentum in unseren Ländern
aufgehört hat. Die Unfreien waren keine Sklaven, denn sie gehörten ja eben zum
Land, und das Land gehörte dem König, wenn er es auch an Vornehme verlieh. Der
Vornehme oder Fürst durfte sie darum nicht verkaufen oder töten, wie es früher
einmal der Herr mit seinen Sklaven tun durfte. Sonst allerdings konnte er ihnen
befehlen, was er wollte. Sie mussten für ihn das Land bebauen und für ihn
arbeiten, wenn er es befahl, sie mussten ihm regelmäßig Brot auf seine Burg
schicken und Fleisch, damit er zu essen hatte, denn der Vornehme arbeitete ja
nicht selbst auf dem Feld. Er ging höchstens auf die Jagd, wenn es ihm Freude machte.
Das Land, das ihm der König verliehen hatte, war eigentlich sein Land, denn
auch sein Sohn erbte es von ihm, wenn er sich nichts gegen den König zuschulden
kommen ließ. Und dem König war der Fürst für das geliehene Land, das man Lehen
nannte, nichts schuldig, als für ihn mit seinen Grundherren und Bauern in den
Krieg zu ziehen, wenn es einen gab. Krieg gab es allerdings oft.
Ganz Deutschland war damals so vom König an einzelne Vornehme
verliehen. Der König behielt nur wenige Landgüter selbst. Wie in Deutschland
war es auch in Frankreich und in England. In Frankreich war im Jahre 986 ein
mächtiger Herzog, Hugo Capet, König geworden; England war im Jahre 1016 von dem
dänischen Seefahrer Canute – auch Knut der Große genannt – erobert worden, der
auch Norwegen und Teile von Schweden regierte und die mächtigen Fürsten über
ihre Lehen herrschen ließ.
Dadurch, dass sie die Magyaren besiegt hatten, war die Macht der
deutschen Könige wieder sehr gewachsen. Otto der Große selbst, der Bezwinger
der Ungarn, brachte auch die Fürsten der Slawen, der Böhmen und Polen dazu,
dass sie seine Lehenshoheit anerkannten. Das heißt, sie betrachteten ihr Land
als ein ihnen vom deutschen König nur geliehenes und leisteten ihm Heerfolge,
wenn er es verlangte.
Als so mächtiger Herrscher zog Otto der Große nach Italien, wo unter
den Langobarden ein furchtbarer Wirrwarr und wilde Kämpfe ausgebrochen waren.
Otto erklärte auch Italien zum deutschen Lehen und verlieh es an einen
langobardischen Fürsten. Der Papst war dankbar dafür, dass Otto durch seine
Macht die langobardischen Vornehmen ein bisschen im Zaum hielt, und krönte ihn
im Jahre 962 zum Römischen Kaiser, so wie einst im Jahre 800 Karl der Große
gekrönt worden war.
So wurden die deutschen Könige wieder römische Kaiser und damit die
Schirmherren der Christenheit. Ihnen gehörte das Land, auf dem die Bauern
pflügten, von Italien bis zur Nordsee und vom Rhein bis weit über die Elbe, wo
slawische Bauern deutschen Vornehmen »hörig« wurden. Der Kaiser verlieh diese
Länder nicht nur an Fürsten. Er verlieh sie auch oft an Priester, Bischöfe und
Erzbischöfe. Auch diese waren nun nicht mehr nur kirchliche Beamte, sie
herrschten wie die Vornehmen über große Gebiete und zogen an der Spitze ihrer
hörigen
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