Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
Bauern in den Krieg.
Zuerst war das dem Papst sehr recht. Er stand sich auch gern gut mit
den deutschen Kaisern, die ihn schützten und verteidigten und die alle sehr
fromme Männer waren.
Aber bald wurde es anders. Der Papst wollte nicht erlauben, dass der
Kaiser bestimmen dürfe, wer von seinen Priestern Bischof der Gegend von Mainz
oder Trier, von Köln oder Passau werden sollte. Der Papst sagte: »Das sind
geistliche Ämter, und die habe ich, der höchste Geistliche, zu verteilen.« Aber
es waren eben nicht nur geistliche Ämter. Der Erzbischof von Köln war
Seelsorger und gleichzeitig der Fürst und Herr dieser Gegend. Und wer Fürst und
Herr seines Landes werden sollte, wollte doch der Kaiser bestimmen. Wenn du das
genau überlegst und durchdenkst, wirst du merken, dass wirklich beide von ihrem
Standpunkt aus vollkommen recht hatten, der Kaiser wie der Papst. Durch das
Verleihen von Ländern an Priester war man in eine Zwickmühle geraten, denn der
oberste Herr aller Priester ist der Papst, und der oberste Herr aller Länder ist
der Kaiser. Daraus musste ein Streit entstehen, und er entstand auch bald. Man
nennt ihn den Investiturstreit.
In Rom wurde im Jahre 1073 ein besonders frommer, eifriger Mönch
Papst, der sich schon vorher sein ganzes Leben lang um die Reinheit und Macht der
Kirche gemüht hatte. Er hieß Hildebrand, und als Papst nannte er sich dann
Gregor VII.
In dieser Zeit war in Deutschland ein Franke König. Er hieß Heinrich IV. Nun musst du wissen, dass der Papst sich nicht nur als der oberste Priester
fühlte, sondern auch als der von Gott eingesetzte Herrscher über alle Christen
der Erde. Und genauso fühlte sich der deutsche Kaiser, der Nachfolger der alten
römischen Kaiser und Karls des Großen, als Schutzherr und oberster Befehlshaber
der ganzen christlichen Welt. Zwar war Heinrich IV. damals noch nicht zum
Kaiser gekrönt, aber er glaubte als deutscher König ein Recht darauf zu haben,
gekrönt zu werden. Wer von beiden sollte da nachgeben?
Es entstand unerhörte Aufregung in der Welt, als es zum Kampf
zwischen beiden kam. Viele waren für König Heinrich IV., viele für Papst Gregor VII. Noch heute kennt man 155 Streitschriften, die damals die Anhänger und die
Gegner des Königs für ihn und gegen ihn geschrieben haben. So sehr nahmen alle
Anteil an diesem Kampf. In manchen dieser Streitschriften wird König Heinrich
als ein schlechter, jähzorniger Mensch geschildert, in anderen wieder der Papst
als hartherzig oder herrschsüchtig.
Ich denke, wir werden beiden nicht glauben. Wir werden daran denken,
dass beide von ihrem Standpunkt aus recht hatten, und darum wird es uns gar
nicht so wichtig sein, ob König Heinrich wirklich gegen seine Frau unfreundlich
war (das sagten die Gegner des Königs) und ob Papst Gregor wirklich nicht nach
allen üblichen Formalitäten zum Papst gewählt worden war (das sagten die Gegner
des Papstes). Wir können ja nicht mehr in die Vergangenheit reisen und
nachschauen, wie es wirklich ausgesehen hat und ob man den Papst oder den
Kaiser in einer dieser Schriften verleumdet hat. Wahrscheinlich verleumdete man
beide, denn wenn die Menschen kämpfen, sind sie fast immer ungerecht. Und ich
will dir hier zeigen, wie schwer es ist, nach mehr als 900 Jahren
herauszubekommen, wie es in Wirklichkeit gewesen ist.
König Heinrich hatte es nämlich nicht leicht: Die Vornehmen, denen
er Länder verliehen hatte (die deutschen Fürsten also), waren gegen ihn. Sie
wollten nicht, dass der König zu mächtig würde. Dann hätte er ja auch ihnen
befehlen können. Papst Gregor eröffnete die Feindseligkeiten, indem er König
Heinrich aus der Kirche ausschloss, das heißt, er verbot jedem Priester, für
ihn Gottesdienst zu halten. Das nannte man den Bann. Da erklärten die Fürsten,
sie wollten von einem gebannten König nichts wissen, sie würden einen anderen
zum König wählen. Heinrich musste also vor allem trachten, dass der Papst
diesen furchtbaren Bann wieder zurücknahm. Das war das Wichtigste für ihn;
konnte er das nicht erreichen, war es aus mit seinem Königtum. So reiste er
allein und ohne Heer nach Italien, um mit dem Papst zu verhandeln und ihn zu
bitten, den Bann aufzuheben.
Es war Winter, und die deutschen Fürsten, die ja verhindern wollten,
dass König Heinrich sich mit dem Papst versöhnte, hatten die Straßen und Wege
besetzt. So musste Heinrich mit seiner Frau einen großen Umweg machen und ist
im eiskalten Winter über den Mont Cenis gezogen,
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