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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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einige nordische Seefahrer hatten auf ihren Wikingerzügen einmal weit im Westen
ein raues Land gesehen, waren aber bald wieder abgezogen, da es dort nichts zu holen
gab. So kühne Seefahrer wie die Wikinger hat es aber nicht viele gegeben. Und wer
wagte sich auf den unbekannten, vielleicht endlosen Ozean, der
sich da westlich von England, Frankreich und Spanien dehnte?
    Ein solches Wagnis wurde erst durch eine neue Erfindung möglich. Und auch
diese haben wir – fast hätte ich gesagt »natürlich« – von den Chinesen. Es ist
die Entdeckung, dass ein frei beweglich aufgehängtes Magneteisen sich immer
nach Norden richtet, immer nach Norden zeigt: Es ist der Kompass. Die Chinesen
hatten solche Kompasse schon lange auf ihren Fahrten durch die Wüste verwendet,
und nun sickerte die Kenntnis dieses Zauberwerkzeuges über die Araber zu den
Europäern, die es während der Kreuzzüge um 1200 kennengelernt haben. Damals aber
ist der Kompass nur selten verwendet worden. Man hat sich schlicht vor ihm
gefürchtet. Er war den Menschen unheimlich. Erst allmählich ist die Neugierde
größer geworden als die Angst. Und nicht nur die Neugierde. Drüben in den
fernen Ländern konnte es ja Schätze geben, fremdartige Reichtümer, die man von
dort holen konnte. Aber noch immer wagte sich niemand auf das westliche Meer
hinaus. Es war zu groß und unbekannt. Wohin kam man, wenn man da hinausfuhr?

    Da hatte ein armer, abenteuerlustiger, ehrgeiziger Italiener aus Genua,
der sich Kolumbus nannte und viel über alten Erdbeschreibungen gesessen hatte, einen
Einfall, von dem er wie behext war. Wohin man käme? Wenn man immer nach Westen führe,
müsse man schließlich im Osten ankommen! Die Erde ist doch rund! Ist eine Kugel.
So stand es in manchen Büchern aus dem Altertum geschrieben. Und wenn man so, immer
nach Westen segelnd, um die halbe Welt herum, im fernen Osten landete, so war man
im reichen China, im märchenhaften Indien. Dort gab es Gold und Elfenbein und seltene
Gewürze. Wieviel einfacher wäre das doch, mit dem Kompass über den Ozean hinzusegeln,
als durch all die Wüsten und über die schrecklichen Gebirge zu ziehen, wie es einst
Alexander der Große getan hatte und wie es damals noch die Handelskarawanen machten,
die Seide aus China nach Europa brachten. In ein paar Tagen, so meinte Kolumbus,
müsste man auf seinem neuen Weg in Indien sein, statt, wie auf dem alten Weg, in
vielen Monaten. Allen Menschen erzählte er von diesem Plan, und alle lachten ihn
aus. Ein Narr! Aber er ließ nicht locker. »Gebt mir Schiffe, gebt mir ein Schiff, ich versuch’s und bring’ euch Gold aus dem
Wunderland Indien!«
    Er wandte sich nach Spanien. Dort hatten sich damals, im Jahre 1479,
zwei christliche Königreiche durch Heirat ihrer Herrscher vereinigt und
drängten nun in einem erbitterten Kampf die Araber (die, wie du weißt, seit
mehr als 700 Jahren in Spanien herrschten) aus ihrer herrlichen Hauptstadt
Granada und trieben sie ganz aus dem Land. Kolumbus fand an den Königshöfen von
Portugal und auch von Spanien gar keine Begeisterung für seine Idee. Immerhin
ließ man sie von der berühmten Universität Salamanca prüfen, und die erklärte
sie für undurchführbar. Sieben weitere Jahre hat er verzweifelt gewartet und
gebeten: »Gebt mir Schiffe!« Endlich wollte er aus Spanien fort, nach
Frankreich. Da traf er unterwegs durch einen Zufall einen Mönch, der der
Beichtvater der spanischen Königin Isabella von Kastilien war. Diesem
Beichtvater leuchtete der Gedanke des Kolumbus ein. Er erzählte seiner Königin
davon, und die ließ Kolumbus endlich wieder zu sich rufen. Da hätte er sich’s
fast noch einmal verdorben. Denn was er von ihr forderte, wenn sein Plan
gelingen sollte, war keine Kleinigkeit. Er wollte adelig werden, er wollte
Vertreter des Königs in allen entdeckten indischen Ländern sein, er wollte
Admiral werden und den zehnten Teil aller Steuern der entdeckten Länder für sich
behalten und noch vieles andere. Als man ihm das abschlug, wandte er sich fort.
Nach Frankreich. Dann wären die Länder, die er entdecken wollte, aber dem
französischen König untertan geworden. Davor hatten die Spanier Angst. Man rief
ihn zurück und bewilligte ihm, was er verlangte. Man gab ihm zwei schlechte
Segelschiffe. Wenn sie untergehen, dachte man, ist nicht viel verloren. Ein
drittes mietete er noch.
    So fuhr er auf den Ozean hinaus nach Westen und immer weiter nach
Westen, um ins östliche Indien zu kommen. Am 3. August des

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