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Eine Lady nach Maß

Eine Lady nach Maß

Titel: Eine Lady nach Maß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Witemeyer
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„Sie müssen jetzt wirklich los, Mädchen. Seien Sie vorsichtig.“
    „Das bin ich.“ Hannah winkte zum Abschied und zog an den Zügeln.
    Als sie die Brücke erreichte, hatte der Himmel bereits seine Schleusen geöffnet und schleuderte dicke Regentropfen auf das Wagendach. Der Himmel war fast schwarz. Hannah hörte das Brausen des Wassers. Als sie mit dem Wagen auf die Brücke fuhr, bemerkte sie, dass der Pegel sogar noch höher gestiegen war als auf dem Hinweg. Das Wasser zerrte an den Pfosten der Brücke.
    Das Pferd schnaubte und schüttelte den Kopf, wobei es unruhig auf der Stelle tänzelte.
    „Ich weiß, dass es furchteinflößend aussieht, aber die Brücke ist stabil. Wir schaffen das.“ Hannah sprach mit dem Tier, aber die Worte waren auch an sie selbst gerichtet.
    Der Sturm war noch etwas entfernt. Sie hatten genug Zeit, um die Brücke zu passieren.
    Hannah lenkte den Wagen auf die Brücke und konzentrierte sich darauf, auf das Pferd zu schauen, um nicht aus Versehen in die Fluten unter sich zu blicken.
    Sie waren mitten auf der Brücke, als sie ein lautes Donnern hörte.
    Mit klopfendem Herzen blickte sie flussaufwärts. Eine riesige Wasserwand raste auf sie zu und überflutete die Ufer, an denen sie vorbeirollte.
    Eine Springflut!
    „Hüa!“ Hannah klatschte mit den Zügeln auf den Rücken des Pferdes. Es bewegte sich viel zu langsam vorwärts. Sie musste von dieser Brücke runter!
    Sie war noch zehn Meter vom rettenden Ufer entfernt, als die Welle sie erfasste. Die Wassermassen krachten gegen den Wagen und drückten das Pferd gegen das Geländer. Durch das Gewicht des schweren Wagens konnte es sich jedoch auf den Beinen halten. Doch auch der Wagen verlor nun langsam den Halt. Wie ein Boot fing er an, auf dem Wasser zu treiben. Hannah ließ die Zügel los und klammerte sich am Wagen fest. Mit lautem Krachen wurde nun auch der Einspänner gegen das Geländer gedrückt, wobei Hannah in den Fußraum geschleudert wurde. Sie betete verzweifelt darum, dass die Holzkonstruktion der Brücke den Stößen und dem Druck des Wassers standhielt.
    Langsam drang das Wasser in den Wagen. Hannah rappelte sich auf und erkannte, dass sie keine Möglichkeit mehr hatte, mit dem Wagen von hier zu fliehen. Beide Achsen waren gebrochen, als das Wasser den Wagen gegen die Brücke gedrückt hatte. Doch vielleicht konnte sie es schaffen, das Pferd abzuschirren und nach Hause zu reiten.
    Das Tier wieherte völlig verängstigt und rollte wild mit den Augen. Hannah entschied, dass sie es wagen musste, ins Wasser zu springen und sich nach vorne zu dem Pferd zu kämpfen. Beherzt kletterte sie über die Seite des nutzlosen Gefährtes unter sich.
    Das Wasser umfing sie eiskalt bis zu den Rippen und raubte ihr für einen Moment den Atem. Die Strömung war so stark, dass sie fast den Halt verloren hätte. Als sie wieder auf die Füße kam, watete sie auf das Pferd zu und versuchte mit klammen Fingern, das Zaumzeug zu lösen. Doch das Tier war so panisch, dass es nicht stillhielt, sondern immer wieder den Kopf hochwarf. Hannah kämpfte, um das Gleichgewicht zu behalten.
    „Hör auf damit. Hörst du mich?“ Sie zog den Kopf des Pferdes dicht zu sich. „Du musst mich von der Brücke bringen. Ich mache dich los und dann reiten wir nach Hause. Verstanden?“ Das Tier bewegte den Kopf auf und ab, wahrscheinlich um ihren Griff abzuschütteln, doch Hannah sah es als Zustimmung an.
    Schnell löste sie das Geschirr, das das Tier mit dem Wagen verband, doch dann warf das Pferd den Kopf wieder hektisch hin und her. Hannah verlor das Gleichgewicht und tauchte in den Wassermassen unter. Prustend kam sie wieder hoch. Das Tier schien gemerkt zu haben, dass es seiner Freiheit nun ein gutes Stück näher war, denn es bäumte sich wild auf und zerrte an der letzten verbliebenen Verbindung zwischen sich und dem Einspänner. Dieser Kraft konnte der letzte Zügel nicht standhalten. In dem Moment, als Hannah wieder auf die Beine gekommen war, riss sich das Pferd los, erreichte das sichere Ufer und galoppierte davon.
    „Hey!“
    Mehr brachte Hannah nicht heraus, bevor sie von einem dahintreibenden Ast in den Rücken gestoßen wurde. Wieder tauchte sie unter und kam prustend zurück an die Wasseroberfläche, doch diesmal waren ihre Beine über das Geländer der Brücke gespült worden. Um sie herum gab es nun nichts anderes mehr als Wasser.
    Die Strömung zerrte an ihr. Verzweifelt umklammerte Hannah das Geländer, doch ihre Kraft schwand. Immer wieder

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