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Eine Lady nach Maß

Eine Lady nach Maß

Titel: Eine Lady nach Maß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Witemeyer
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beschäftigt, Wanderstöcke zu schnitzen.“
    „Vielleicht. Aber was, wenn er krank oder verletzt ist?“ Jericho musste sie verstehen, deshalb wandte sie sich ihm wieder zu. „Er lebt da draußen ganz alleine, Jericho. Er hat keine Möglichkeit, um Hilfe zu rufen, wenn irgendetwas nicht stimmt. Ich muss zu ihm. Und wenn auch nur, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist.“
    Er starrte sie lange an. „Sie sind eine einfühlsame Frau, Hannah Richards. Sturköpfig, aber mit einem weichen Herzen.“ Er streckte seine Hand aus, als wollte er ihre Wange berühren, ließ sie dann aber wieder sinken. „Ich helfe Tom.“
    Sie stand bewegungslos da, als er davonging, und sehnte sich nach seiner Berührung, die gerade doch nicht geschehen war. Für einen kurzen Moment hatten sich die harten Linien in seinem Gesicht entspannt. Diese Weichheit hatte sein Aussehen so sehr verändert, dass es ihr den Atem geraubt hatte. Wie würde es sich anfühlen, wenn er seine Hand auf ihre Wange legte? Wenn er sie liebevoll ansah?
    „Fertig, Miss Richards“, rief Tom und winkte ihr zu.
    Sie holte tief Luft und trat zu den Männern an den Einspänner.
    „Sie wissen, wie man mit den Zügeln umgeht?“ Der ernste Jericho war wieder da.
    „Ja.“
    „Gut. Ich habe alles zweimal überprüft. Es sollte alles gut gehen. Wenn Sie irgendwo stecken bleiben, lassen Sie den Wagen einfach stehen und reiten auf dem Pferd zurück. Ich will nicht, dass Sie lange allein da draußen sind.“
    Hannah lächelte über den schroffen Tonfall seiner Stimme. „Wer macht sich jetzt unnötige Sorgen?“
    Sie raffte ihre Röcke und setzte einen Fuß auf das Trittbrett. Als sie sich mit der anderen Hand hochziehen wollte, stand Jericho plötzlich neben ihr und bot ihr seine Hilfe an.
    Sie nahm seine Hand und genoss das Gefühl seiner rauen Haut an ihrer. Der Kontakt war viel zu kurz, doch seine Berührung brannte sich in ihre Haut ein. Sie holte einen Silberdollar aus der Tasche und reichte ihn Jericho.
    „Können Sie mir bitte den Weg zu Ezra beschreiben? Außer auf den Spaziergängen mit Ihrer Schwester habe ich noch nicht viel von der Gegend gesehen.“
    Jericho zeigte in Richtung Norden. „Nehmen Sie die Hauptstraße aus der Stadt raus. Nach dem Schulhaus noch etwa eine Meile, dann müssen Sie nach rechts auf die Straße abbiegen, die zum Fluss führt. Nach zwei Meilen sehen Sie einen Pfosten, in den ein Kolibri geschnitzt ist. Ezras Frau mochte solche Dinge. Folgen Sie der Wagenspur, die von diesem Pfosten ausgeht. Sie führt direkt zu seinem Haus.“
    Hannah nahm die Zügel, wobei das Pferd unruhig stampfte. „Danke für Ihre Hilfe, Jericho.“
    „Ähm …“ Tom trat näher an den Wagen heran und warf seinem Arbeitgeber einen Blick zu. Dann formte der Junge mit seinen Händen einen Trichter und flüsterte laut vernehmlich: „Er mag es nicht, wenn man ihn so nennt. Niemand darf das.“
    „Ich mache es aber trotzdem.“ Hannah grinste und trieb das Pferd an. Der Wagen rollte die Straße hinab und ließ einen sehr erstaunten Tom und einen finster dreinblickenden Jericho zurück.
    Jetzt, da sie in der Natur war, fühlte Hannah sich sofort besser. Dicke Bäume säumten ihren Weg und schienen für sie Spalier zu stehen.
    Jerichos Anweisungen zu befolgen war nicht schwer, sodass Hannah die Brücke bald erreicht hatte. Die Luft war erfüllt von dem Tosen des Flusses. Hannah hatte den Eindruck, dass der Wasserstand viel höher war als sonst. Durch den Regen in den vergangenen Tagen schien er stark angeschwollen zu sein, sodass die Brücke unter der Gewalt des Wassers erbebte. Hannahs Herz schlug höher, doch sie umklammerte die Zügel und überquerte die Holzbrücke schließlich ohne Probleme.
    Als sie wieder festen Boden unter sich spürte, trieb sie das Pferd an. Der Fluss hatte sie daran erinnert, wie gefährlich es war, allein hier draußen zu sein. Sie wollte so schnell wie möglich zu Ezra.
    Als sie sein Haus endlich erreichte, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Während sie noch vom Wagen kletterte, öffnete sich schon knarrend die Haustür der verwitterten Holzhütte. Ezra humpelte auf den Hof und stützte sich dabei schwer auf einen Gehstock.
    „Miss Hannah? Was machen Sie denn so weit hier draußen?“
    Sie sprang vom Wagen und begrüßte Ezra. „Ich habe mir Sorgen um Sie gemacht, weil ich Sie so lange nicht mehr gesehen habe. Ich wollte sichergehen, dass es Ihnen gut geht.“
    Ezra schüttelte den Kopf und führte sie zu seinem Haus.

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