Eine Lady zu gewinnen ...
ihr Liebling …«
»Das wusste Celia ja nicht«, sagte er ruhig. »Als ich mit ihr schimpfte, fragte sie mich bloß: ›Wird Großmutter jetzt weggehen, weil ich ungezogen war?‹ Ich sagte ihr, dass du nie etwas davon erfahren würdest. Und dann … habe ich einfach bloß reagiert. Ich brachte Celia weg und verstreute den Rest des Puddings auf dem Dachboden.«
Aber er hatte sich geweigert, zu lügen und zu sagen, dass er den Pudding gegessen hatte, oder irgendeine Andeutung zu machen, die auf die wirkliche Diebin hingewiesen hätte.
Tränen schnürten Virginia die Kehle zu.
»Oh mein Gott«, sagte Mrs Plumtree offensichtlich bewegt. »Celia, Mädchen, ich wusste ja nicht, dass du Angst hattest, ich könnte euch verlassen.«
»Ich dachte, dass Mama und Papa gestorben sind, weil wir ungezogen waren«, gestand Lady Celia.
Das arme Ding! »Das kann ich nachfühlen«, sagte Virginia. »Als wir Kinder waren, sagte Roger immer, dass Mama und Papa uns verlassen hätten, weil wir böse waren.«
»Ich habe dem Jungen erklärt, dass das nicht stimmt«, sagte Poppy barsch.
»Aber Kinder fühlen Dinge in ihrem Herzen, auch wenn man ihnen erklärt, dass sie nicht logisch sind«, warf Mrs Plumtree ein. »Es ist schwer für Kinder, ihre Eltern in so jungem Alter zu verlieren.«
Poppy warf Mrs Plumtree einen langen, nachdenklichen Blick zu. »Das ist es in der Tat«, sagte er, und seine Stimme klang weicher als zuvor.
Zu Virginias Überraschung schlug Mrs Plumtree die Augen nieder und widmete sich wieder ihrer Suppe. Eine unbehagliche Stille legte sich über die Tischgesellschaft.
Dann warf Mrs Masters einen Blick in die Runde und sagte: »Wie ich sehe, hat meine Geschichte nicht den beabsichtigten Effekt gehabt. Sie hat alle in düstere Stimmung versetzt und unserem Dinner einen ziemlichen Dämpfer verpasst. Also werde ich es mit einer lustigeren Geschichte über Gabe versuchen. Oliver, erinnerst du dich daran, wie …«
Sie erzählte irgendeine Anekdote darüber, wie Gabriel, als er mit seinen Brüdern auf der Jagd war, aus Versehen ein Loch in ihr Boot geschossen hatte und es mit ihren Gewehren und ihrer gesamten Ausrüstung untergegangen war, aber Virginia konnte nicht aufhören daran zu denken, wie Gabriel seiner kleinen Schwester zu Hilfe gekommen war. Jedes Mal wenn sie meinte, ihn durchschaut zu haben, musste sie erkennen, dass sie keine Ahnung hatte, wer er wirklich war. Konnte ein Mann, dem seine Familie so wichtig war, wirklich durch und durch schlecht sein?
Und war sich Lady Celia über das Opfer im Klaren, das er bringen wollte, nur um ihre Zukunft zu sichern? Es war entsetzlich arrogant von ihm, einfach davon auszugehen, dass es das Beste für seine Schwester war, zu heiraten, aber er versuchte nur zu tun, was er für das Richtige hielt. Andere Brüder würden kaum so etwas tun, wenn es für sie bedeutete, selbst eine Ehe einzugehen, ohne es wirklich zu wollen.
Sie beobachtete ihn, während er mit Begeisterung die Erzählung seiner Schwester mit allen möglichen Details ausschmückte. Er war offensichtlich froh, von der traurigen Geschichte mit dem Plumpudding ablenken zu können. Sie wusste einfach nicht, was sie von ihm halten sollte. Zuerst verschwieg er ihr die wahren Motive seiner Werbung um sie, und dann wollte er die Frage, ob er sie liebte, nicht mit einer Lüge beantworten.
Denn er hätte beide Male einfach lügen können. Er hätte den Klatsch über sein Erbe einfach abstreiten müssen. Seine Familie hätte seine Version auf jeden Fall bestätigt. Und er hätte während ihrer beiden kurzen Begegnungen ohne Weiteres den Versuch unternehmen können, ihr weiszumachen, dass er sich in sie verliebt hatte. Sie hätte ihm natürlich nicht geglaubt, aber er hätte es versuchen können.
Er hätte Pierce bei ihrem Zusammentreffen im Labyrinth anlügen können, und wenn es nur gewesen wäre, um sein Gesicht zu wahren. Aber als Pierce ihn gefragt hatte, ob er sie liebte, hatte Gabriel die Antwort verweigert.
Seine Schwester schien recht zu haben. Gabriel war beinahe zu wahrheitsliebend.
Aber das schien seine einzige Tugend zu sein. Er war trotzdem unbesonnen und wild und zu allem fähig, wenn es darum ging, ein Rennen zu gewinnen. Und er war trotzdem schuld an Rogers Tod, auch wenn es ihr immer schwieriger schien, sich ein klares Bild des Geschehens zu machen, mit jeder neuen Einzelheit, die sie erfuhr.
Ja, er gefiel ihr.
Sie starrte finster in ihre Suppe. Konnte das für eine gute Ehe reichen?
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