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Eine lange dunkle Nacht

Eine lange dunkle Nacht

Titel: Eine lange dunkle Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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jetzt?«
    Sie schnitt eine Grimasse. »Auf keinen Fall. Sonst hätte er nicht so leicht mit mir Schluß gemacht.«
    »War es leicht für ihn?«
    Sie lachte gezwungen. »Auf jeden Fall leichter als für mich.«
    »Sprich weiter, Teresa.«
    »Nun, es hat mir wirklich weh getan. Ich wollte am liebsten sterben. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie weh es getan hat. Es war so, als würde ich in einem wunderschönen Traum leben, in einem perfekten Märchen. Aber dann – bang! Wach auf, Mädchen. Der Traum ist vorbei. Dein Freund schläft mit deiner besten Freundin.«
    »Woher weißt du, daß Bill hinter deinem Rücken mit Rene geschlafen hat?«
    »Ich habe die beiden erwischt.«
    Der Priester war überrascht. »Tatsächlich?«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Heute.«
    »Wann hat Bill mit dir Schluß gemacht?« fragte der Priester.
    »Heute. Nun, mittlerweile ist Sonntagmorgen. Er hat Samstag abend mit mir Schluß gemacht. Rene kam in die Wohnung meiner Eltern. Er hat mir gesagt, was los ist, und ist dann mit ihr verschwunden.«
    »Hast du ihn danach noch gesehen?«
    »Nein, ich meine, ja.« Sie senkte den Kopf. »Ich habe ihn noch einmal gesehen, aber nicht mit ihm gesprochen.«
    »Weil du ihn Arm in Arm mit Rene vorgefunden hast.« Eine Träne rollte über ihr Gesicht.
    »Ja.«
    »Erzähle mir davon. Es wird dir guttun.« Sie rümpfte die Nase.
    »Wieso wird es mir guttun?«
    »Du mußt deinen Schmerz erst spüren, bevor du ihn dem Heiligen Vater übergibst.«
    »Und wie übergibt man seinen Schmerz dem Heiligen Vater?« fragte sie.
    »Man tut es einfach. Es ist ganz leicht. Es ist die einzige Möglichkeit, um mit Situationen umzugehen, die zu bewältigen für einen allein zu schmerzhaft sind. Aber als erstes muß man die Wirklichkeit akzeptieren. Erzähle mir, was wirklich passiert ist, Teresa.«
    Sie blickte in seine freundlichen grauen Augen. Sie hatte ihn gerade erst kennengelernt, kannte nicht einmal seinen Namen, und doch hätte sie ihn gerne zum Vater gehabt, selbst wenn er ein Priester war. Er hatte eine so sanfte Stimme.
    »Na gut«, sagte sie. »Ich werde es Ihnen erzählen.«
     
    Noch lange, nachdem Bill und Rene gegangen waren, lag Teresa wie gelähmt auf dem Boden. Als sie sich schließlich aufsetzte und umsah, war es stockdunkel. Das Apartment war verlassen, und sie erwartete ihre Eltern erst am nächsten Abend zurück. Sie hatte nichts zu tun und niemanden, mit dem sie es hätte tun können. Daran würde sich so schnell auch nichts ändern, dachte sie. Bill war weg. Ihr Bill, ausgespannt von ihrer besten Freundin – und würde nie mehr zurückkommen.
    Aber dieser Gedanke – er wird nie mehr zurückkommen – war kein klarer Gedanke, genausowenig wie die anderen Gedanken, die ihr verschwommen durch den Kopf schossen, in ihr Bewußtsein drangen und wieder verblaßten. Es ist jetzt schwieriger, mit Bill zu sprechen; Bill weiß nicht, was er tut. Ich werde die beiden umbringen. Sie war unendlich traurig, sie war wütend, und sie war völlig verwirrt. Ihre Verwirrung war grenzenlos. Sie glaubte, daß die Dinge klarer werden würden, wenn sie nur ein paar Minuten mit Bill sprechen könnte. Er hatte gesagt, er wolle sie in diesem Moment nicht alleine lassen, also mußte ihm noch etwas an ihr liegen. Er konnte die Sache doch nicht so enden lassen wollen. Schließlich hatte noch nicht einmal mit ihr geschlafen, verdammt noch mal.
    Teresa ging in die Küche und goß sich ein Glas Wasser ein. Alle Lichter in der Wohnung waren aus, und die Finsternis war auf seltsame Weise tröstend. Sie bewahrte Teresa vor dem Blick auf die kalte Realität.
    Als sie gerade aus der Küche gehen wollte, berührt ihre Finger etwas Kaltes, Hartes – ein Steakmesser. Ihr Eltern liebten Steaks, Teresa hingegen aß höchstens Fisch oder Huhn. Sie war eine halbe Vegetarierin. Trotzdem nahm sie das Messer in die Hand, und plötzlich kam ihr eine überwältigende Vorstellung in den Sinn. Es war so deutlich, es hätte eine Vision sein können: Teresa sah sich, wie sie Bill und Rene erstach. Sie sah die Klinge in deren Fleisch schneiden, spürte, wie das Blut auf ihre Arme spritzte. Aber das Bild war so grotesk und bizarr, daß sie es mit aller Kraft verdrängte.
    Das Messer. Was hatte sie mit dem Messer getan?
    Sie hatte es hinten in die Hosentasche gesteckt.
    Warum?
    Es gab kein Warum. Sie war wütend.
    Sie verließ die Wohnung und fuhr zu Bill. Eine halbe Ewigkeit saß sie in ihrem Wagen und starrte zu dem Haus hinüber. Bills Wagen stand davor –

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