Eine Leiche im Badehaus
spürte, dass er vorhatte, Alexas nach mir auszufragen. Als ich ihn direkt anstarrte, änderte er seine Meinung. »Sie sind Falco.«
»Kann ich Ihnen helfen?«
»Lupus.«
Der vierschrötige Mann mit den dichten Augenbrauen und einer Bräune, die besagte, dass er sich seit vierzig Jahren bei jedem Wetter im Freien aufhielt, kam mir bekannt vor. »Und Sie haben welche Stellung?«
»Vorarbeiter.«
»Stimmt!« Er war bei der Projektbesprechung gewesen. Cyprianus hatte mich auf ihn hingewiesen. »Einheimische oder ausländische Arbeiter?«
Lupus schien erstaunt, dass ich den Unterschied kannte. Ich wartete einfach ab. Er murmelte: »Ich hab die ausländischen.«
Vor der Krankenstation gab es Bänke für wartende Patienten. Ich setzte mich und bedeutete Lupus, das ebenfalls zu tun.
»Und woher stammen Sie?«
»Aus Arsinöe.« Klang wie ein Loch im hintersten Winkel der Wüste.
»Wo ist das denn?«
»In Ägypten«, erwiderte er stolz. Da er meine Gedanken las, fügte der loyale Sandfloh hinzu: »Jaja, andere nennen es Krokodilopolis.«
Ich zog meine Schreibtafel und einen Stilus heraus. »Ich muss mit Ihnen reden. War Valla einer von Ihren Männern? Gaudius? Oder der Mann, der bei der Messerstecherei bei den Canabae umgekommen ist?«
»Valla, Dubnus und Eporix gehörten zu meinen.«
»Eporix?«
»Auf den ist eine Dachverzierung gefallen.« Die schwere Kreuzblume, die Alexas mir gezeigt hatte.
»Und das Opfer der Messerstecherei? Das war Dubnus, oder?«
»Ein großer Gallier und ein totales Arschloch. Wie es dem gelungen ist, nicht schon vor zwanzig Jahren abgemurkst zu werden, wird mir immer unbegreiflich bleiben.«
Lupus sagte das ganz nüchtern. Ich konnte mir denken, dass die Hälfte seiner Belegschaft aus Knallköpfen bestand. Mit ziemlicher Sicherheit kamen sie alle aus ärmlichen Verhältnissen und erhielten für ihre zermürbende Arbeit wenig Lohn.
»Setzen Sie mich ins Bild.« Ich ließ den Stilus sinken, um informell zu wirken.
»Was wollen Sie wissen?«
»Hintergründe. Wie das hier funktioniert. Was sind die guten und die schlechten Aspekte? Woher stammen Ihre Arbeiter? Sind sie zufrieden? Und wie fühlen Sie sich selbst?«
»Die meisten stammen aus Italien. Unterwegs wurden noch ein paar Gallier angeheuert. Spanier. Eporix war einer meiner Hispanier. Die diffizileren Arbeiten werden von Männern aus Ost- oder Zentraleuropa übernommen. Sie kriegen die Bestellungen in Marmorsteinbrüchen oder wo auch immer mit und folgen den Karren, weil sie auf hohe Löhne oder Abenteuer aus sind.«
»Sind die Löhne gut?«
Lupus schnaubte. »Das ist ein kaiserliches Projekt, Falco. Die Männer glauben nur, dass sie fürstlich entlohnt werden.«
»Haben Sie Schwierigkeiten, Arbeiter zu finden?«
»Es ist ein prestigeträchtiger Auftrag.«
»Einer, der hoch gestellte Persönlichkeiten in Verlegenheit bringen wird, falls etwas schief geht«, meinte ich grinsend. Nach kurzem Zögern grinste Lupus zurück. Trockene Lippen öffneten sich langsam und widerstrebend; er beteiligte sich nur vorsichtig an Fröhlichkeit. Oder er war einfach ein vorsichtiger Mensch. Wenigstens sprach er mit mir, aber ich machte mir nichts vor. Ich konnte nicht erwarten, dass er mir traute.
»Ja, eine ziemlich öffentliche Angelegenheit.« Lupus verzog das Gesicht. »Wirkt zwar sehr groß, ist aber nur was Einheimisches, nicht wahr?«
»Echte Großprojekte sind komplexer?«
»Der Palast des Statthalters in Londinium hat mehr Gewicht. Zu einer Versetzung dorthin würde ich nicht Nein sagen.«
»Gibt’s Vorurteile, weil der Klient Brite ist?«
»Mir ist es völlig egal, wer er ist. Und ich lasse nicht zu, dass sich meine Männer beschweren.«
Ihm fehlte der größte Teil seiner Schneidezähne. Ich fragte mich, wie viele Wirtshausschlägereien dafür verantwortlich waren. Er war kräftig gebaut, sah aus, als könnte er sich durchaus zur Wehr setzen und Unruhestifter trennen.
»Sie haben also eine Menge Wanderarbeiter unter sich – dutzende oder sogar hunderte?«, fragte ich und brachte ihn so auf das eigentliche Thema zurück. Lupus nickte und bestätigte damit die größere Anzahl. »Wie sieht das Leben der Männer aus? Wo sind sie untergebracht?«
»In provisorischen Baracken nahe der Baustelle.«
»Keine Möglichkeit, sich zurückzuziehen, kaum Platz zum Atmen.«
»Schlimmer als Haussklaven in manchen Luxusvillen, aber besser als Sklaven in den Minen.« Lupus zuckte mit den Schultern.
»Ihre Arbeiter sind alle
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