Eine Leiche im Badehaus
schwesterlichen Kuss auf die Wange zu drücken, doch er schüttelte sie wütend ab. Da wir all sein Gepäck behalten hatten, trug er immer noch dieselbe Tunika wie beim Verlassen von Gallien. Die weiße Wolle hatte eine dunkle, schmierige Patina bekommen, an die ein paar Raufbolde für ihre Arbeitskleidung jahrelang hingearbeitet hätten. Er sah durchgefroren und verdrossen aus.
»Ist das Sonnenbräune, oder bist du nur verdreckt?«
»Oh, mach dir um mich keine Sorgen.«
»Tu ich auch nicht, Junge, keine Bange. Du bist ein Quell republikanischer Tugend – Würde, Mut, Standhaftigkeit. Machen wir uns nichts vor, du bist die Art tugendhafter Köter, der wirklich gerne leidet …«
Er trat gegen das Rad des Karrens. Es ruckte zur Seite, und von oben kam das Geräusch zusammenkrachenden Steins.
»He!«, protestierte Sextius entsetzt.
Als der Statuenfabrikant raufkletterte, um nachzuschauen, wandte sich Aulus grimmig an mich. »Wehe, dabei kommt nichts raus! Ich kann dir überhaupt nicht sagen, was ich durchgemacht habe.« Er senkte die Stimme. Wenn er Sextius beleidigte, konnte der ihn glatt rausschmeißen, was mir nicht weiterhelfen würde. »Ich bin überall voll blauer Flecken und hab es bis obenhin satt, noch mehr über die wundervollen Erfindungen Herons von Alexandria zu hören. Jetzt müssen wir hierher zotteln, irgendeinen völlig desinteressierten Käufer finden und ihn dann davon überzeugen, dass er unbedingt ein Ensemble tanzender, durch heiße Luft angetriebener Nymphen braucht, deren Kostüme runterfallen …«
»Jupiter!«, unterbrach ich ihn grinsend. »Ich hatte einen verrückten Großonkel, der ganz wild auf mechanisches Spielzeug war. Das ist eine neue Variante eines alten Lieblingsstücks. Wann haben die berühmten tanzenden Nymphen gelernt, sich ihrer Kleider zu entledigen?«
»Ein moderner Dreh, Falco.« Aelianus gab sich prüde. Da er populären Geschmack verabscheute, ihn aber offensichtlich verstand, knurrte er: »Wir geben den Käufern, was sie verlangen. Je pornografischer, desto besser.«
»Soll das heißen, dass du das erfunden hast?« Ich gluckste bewundernd. »Große Götter, du kniest dich da ja richtig rein. Mein Onkel Scaro würde dich lieben, Junge. Als Nächstes bringst du noch eines der verschüttsicheren Tintenfässer des Philon von Tyrene auf den Markt.« Scaro hatte mir so viel über griechische Erfinder erzählt, dass ich bei diesem Geplänkel locker mithalten konnte.
»Kardanische Aufhängung!«, schnarrte Aulus. Was bewies, dass er alles über Philons magischen Polyeder gehört hatte, den Traum der Verwaltungsbeamten, den sich jeder Schreiber als nächstes Saturnaliengeschenk wünscht. »Unterbrich mich nicht, wenn ich tobe.« Aulus machte weiter. »Ich hab es dick. Warum ich? Warum nicht mein blöder Bruder?«
»Justinus ist jünger als du und von zarter Konstitution«, wies ihn Helena zurecht. »Außerdem habe ich der lieben kleinen Claudia versprochen, auf ihn aufzupassen.«
»Quintus ist zäh genug – und niemand hat Claudia irgendwas versprochen. Sie dachte, ihr geliebter Ehemann würde von Ostia aus nach Hause kommen. Ich zieh immer den Kürzeren. Ich weiß jetzt schon, dass ich ranzige Brühe essen und neben dem Karren unter einer Plane zusammen mit dem Pferd schlafen werde.«
»Es gibt Canabae«, teilte ich ihm unter mitleidigem Grinsen mit.
Sextius hörte das, als er vom Wagen sprang. »Da quartiere ich mich ein!«, rief er. »Gut, dass ich dich habe, Junge. Ich lass dieses Zeug nicht irgendwo stehen, wo es geklaut werden könnte, junger Aulus. Du musst beim Karren bleiben und auf die Ware aufpassen. Ich werde mir was zu trinken besorgen und vielleicht eine schmucke Hure für die Nacht.«
Aelianus hätte vor Frustration fast gespuckt. Dann schraken wir alle zusammen. Eine Stimme, die zumindest Helena und ich erkannten, rief aufgeregt meinen Namen. »Mann aus Rom!«
Wir drehten uns alle auf einmal um, wie eine Reihe gut geölter, aber leicht schuldbewusster Automaten. »Verovolcus! Hat Ihr weltgewandter König was für bewegliche Statuen übrig?«
»Er mag griechische Athleten, Falco.«
»Ich nehme an, das soll klassische Kunst bedeuten, keine eingeölten Jungs zum Fummeln«, erklärte ich Sextius. »Ich weiß nicht, was im Angebot ist, Verovolcus. Ich bin diesen interessanten Händlern gerade zum ersten Mal begegnet. Sie versuchen herauszufinden, wie sie einen Termin kriegen, um ihre Waren vorzuführen.«
»Sie müssen sich an Plancus
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