Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Leiche im Badehaus

Titel: Eine Leiche im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
den wenigen in Farbe bestand ein vorläufiges Modell aus fantastischen komplexen Guillochen verschlungener Linien rings um ein kreisrundes Mittelfeld. Das war bisher nicht ausgefüllt. Zweifellos war dafür ein hübsches Medaillon vorgesehen, wobei der König das mythologische Thema wohl noch auswählen musste. Innerhalb des Rahmens verlief ein Band mit Laubwerk in satten Herbstfarben, achtblättrigen Rosetten und eleganten Weinranken, überwiegend in Braun- und Goldtönen. Außen herum waren die Ecken abwechselnd mit Vasen und – aus irgendwelchen Gründen – Fischen gefüllt.
    »Nordflügel«, sagte der Mosaiklegermeister. Diese lange Rede schien ihn völlig zu erschöpfen. Das Meeresgetier erklärte er nicht. Also blieb es mir überlassen, darüber zu spekulieren, dass es als Dekor für einen Raum gedacht war, in dem Fischspeisen serviert werden sollten.
    Der andere große Entwurf war vollkommen ausgearbeitet. Dieser war schwarzweiß, ein verblüffender Teppich aus dramatischen Quadraten und Kreuzen, manche der Muster abgeschaut von Pfeilspitzen, Windrosen und heraldischen Lilien. Die Bilder waren so zusammengefügt, dass eine dreidimensionale Wirkung entstand, aber die Muster sollten wohl den Eindruck ständiger Bewegung machen. Als ich eine andere Stellung einnahm, verschob sich die Perspektive umgehend.
    »Sein ›flackernder Boden‹«, erklärte der Gehilfe stolz.
    »Nordflügel«, sagte der Mosaiklegermeister erneut. Tja, geschickte Wiederholungen waren sein Fachgebiet.
    »Die Leute werden begeistert sein«, schmeichelte ich ihnen. »Wenn Sie hier keine Arbeit mehr haben, können Sie bei mir zu Hause weitermachen.« Da sie langsame Männer waren, deren Leben im eingeschränkten Tempo ihrer Arbeit verlief, fiel ihnen die offensichtliche Erwiderung nicht sofort ein. Ich lieferte sie ihnen: »Ich glaube nicht, dass ich Sie mir leisten kann.«
    Keine Reaktion.
    Ich versuchte es erneut: »Gibt wohl im Moment für Sie nicht viel zu tun hier.«
    »Wir sind bereit, wenn die bereit sind«, kam es mürrisch zurück.
    »Ich sehe, dass Sie weit über dem Durchschnitt liegen. Dieser Klient wird nicht mit Lehrlingsarbeit und ein paar vorgefertigten, im letzten Moment geschnittenen Versatzteilen abgespeist.«
    Wieder würdigte er mich keiner Antwort.
    »Ihre wichtigste Arbeit findet statt, bevor Sie überhaupt auf die Baustelle kommen«, sinnierte ich. »Das Entwerfen des Musters, das Aussuchen der Steine. Ich nehme an, Sie verwenden hier hauptsächlich Stein, keine dieser Glasfragmente oder glitzernde Gold- und Silberteilchen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich mag Stein.«
    »Ich auch. Solide. Wenn er gut geschnitten ist, wird viel Licht reflektiert. Man erreicht Glanz ohne Protzigkeit. Stellen Sie die Tesserae selbst her?«
    »Wenn es sein muss.«
    »Früher schon?«
    »Jetzt habe ich einen Arbeitstrupp.«
    »Ihren eigenen? Selbst angelernt?«
    »Die einzige Möglichkeit, gute Farbübereinstimmungen und gleichmäßige Größen zu erhalten.«
    »Legen Sie Ihren eigenen Estrich?«
    Er schnaubte. »Nicht mehr. Die Zeiten liegen hinter uns.«
    Er hatte seinen Becher abgestellt. Seine Hände senkten sich automatisch in die Körbe mit Tesserae, die auf dem Tisch herumstanden, und ließen die matten Miniaturfliesen durch die Finger gleiten wie Stickereiperlen. Das machte er völlig unbewusst. Einige der Musterstücke waren winzig klein, höchstens zehn auf einen Zoll. Sie zu verlegen würde ewig dauern. Er hatte einen Probeblock vor sich, mit einem Band aus eng verwobenem Rahmenwerk in vier Farben – Weiß, Schwarz, Rot und Gelb –, vorzüglich ausgeführt.
    »Audienzhalle.«
    Das war ein Bursche, der sparsam mit sich umging. Er ließ die Zeit ruhig vergehen. Er würde lange leben, doch seine Gelenke würden nachgeben, trotz der gepolsterten Knieschützer, und sein Augenlicht würde nachlassen.
    Der jüngere Mann musste sein Sohn sein. Er hatte dasselbe Körpergewicht, Gesicht und Auftreten. Das waren archetypische Handwerker. Sie gaben ihr Können von Generation zu Generation weiter, passten ihre Kunst der Zeit an. Ihre Welt hatte einen engen Rahmen. Ihre Arbeit war eine einsame. Begrenzt durch die Konzentration des Einzelnen, beschränkt auf die Reichweite seines Arms.
    Das waren Arbeiter, die im Verlauf ihres täglichen Lebens kaum auf das achteten, was um sie herum vorging. Offenbar mangelte es ihnen an Neugier. Sie gaben sich einfach und bescheiden. Aber aus meinem Studium dieses überdimensionalen Bauprojekts wusste

Weitere Kostenlose Bücher