Eine Leiche im Badehaus
kuscheligen Bank in Latium loszueisen. Philocles bringt seinen Sohn überallhin mit, doch Blandus hat nur diesen blöden neuen Jungen als Mitarbeiter. Er lobt ihn zwar über den grünen Klee, aber ich weiß nicht …« Er hatte sich ablenken lassen, kam jedoch mit Verve auf sein eigentliches Thema zurück. »All die guten Fachleute sind der reinste Albtraum. Warum sollten sie in dieses Loch reisen? Das haben sie nicht nötig, Falco. Rom und die Millionärsvillen in Neapolis bieten ihnen viel bessere Konditionen, bessere Bezahlung und eine bessere Chance, berühmt zu werden. Also, wer will schon nach Britannien?«
Meine gerade erst gewechselte Tunika war jetzt dreckiger als die vorherige. Wieder ging ich in meine Unterkunft, um mich umzuziehen.
»O Marcus, nein!« Helena hatte mich gehört. Sie konnte meine Schritte auf eine halbe Stadionlänge erkennen. Nux hatte ebenfalls gebellt. »Ich scheine drei kleine Kinder zu haben.«
»Ob ich dann wohl schon wählen darf?«
»Schreib auf jeden Fall Wäschereirechnungen auf deine Spesenabrechnung.«
Ich hatte bereits meine weiße und meine lederfarbene Tunika verbraucht. Jetzt war ich bei der blaubeerfarbenen angelangt, die schon zweimal nachgefärbt worden war, mit streifigem Ergebnis. Diesmal wechselte ich auch die Stiefel. Man kann einfach nicht gewinnen. In der Stadt rutscht man mit Stiefelnägeln auf dem Straßenpflaster aus, auf der Baustelle waren Nägel nutzlos, und glattes Leder hatte überhaupt keine Griffigkeit. Gut möglich, dass ich gezwungen war, Holzpantinen anzuziehen, wie sie die meisten Arbeiter trugen, oder sogar dazu, ekliges Sackleinen unter die Schuhe zu binden.
»Tut mir Leid, ich konnte nichts dafür.«
»Vielleicht solltest du dich lieber ruhig nach drinnen setzen und Büroarbeit machen«, schlug Helena vor.
»Das lässt sich doch rasch abwaschen«, versicherte ich ihr, als sie an mir vorbeihastete und mir das verschmutzte lederfarbene Kleidungsstück aus der Hand nahm. Ich hatte es sorgfältig zusammengeknüllt, aber Helena breitete es flach aus, um sich den Schaden anzuschauen. Sie schrie auf und verzog das Gesicht. Matsch scheint die Angewohnheit zu haben, wie frischer Ochsendung von einem Tier mit schlimmem Durchfall auszusehen.
»Bäh! Wenigstens hatten wir Lenias Wäscherei in der Nähe, als wir noch in der Brunnenpromenade wohnten. Jetzt pass gefälligst besser auf, bitte schön.«
»Natürlich, Liebes.«
»Ach, halt die Klappe, Falco!«
Ich blieb eine Weile im Büro. Dann ließ sie mich zum Mittagessen rauskommen.
Ich war froh, dass sie sich Gedanken machte. Ich wollte gar nicht daran denken, dass wir jemals den Punkt erreichen könnten, an dem meine Anwesenheit ihr gleichgültig war. Ich zog es vor, dass sie mich immer noch plötzlich suchte, als hätte sie mich vermisst, wenn ich für eine oder zwei Stunden fort war. Und ganz still wurde, wenn sie mich anschaute. Wenn ich ihr dann zuzwinkerte, kam von ihr ein »Oh, werd endlich erwachsen, Falco.«
Und sich abwandte, damit ich sie nicht erröten sah.
Sie brachte mich dazu, ins Büro zurückzukehren und den ganzen Nachmittag dort zu arbeiten. Einer der Schreiber schleppte weitere Dokumente an, schlurfte herein, in dem Glauben, ich sei draußen auf der Baustelle und würde ihn nicht mit Fragen löchern. Ich ließ ihn sich setzen, ignorierte seinen bestürzten Blick und ergriff diese Chance, ihn kennen zu lernen. Er war ein schlanker, schmalgesichtiger Bursche in den Zwanzigern mit kurzem dunklem Haar und einem dünnen Bärtchen, das erfolgloser wuchs, als er wohl gehofft hatte. Er wirkte intelligent und etwas argwöhnisch. Vielleicht war er besorgt wegen mir.
Ein Teil des Kostenproblems bei diesem Projekt wurde rasch offensichtlich. Sie hatten das Aufzeichnungssystem geändert.
»Vespasian will, dass die Aufzeichnungen sauber geführt werden. Was ist verändert worden? Ein paar Kontenbezeichnungen?«
»Neue Genehmigungsscheine. Neue Journale. Alles neu.«
Ich warf den Kopf zurück und blies frustriert den Atem aus. »Oh, sag das bloß nicht! Komplexes neues Buchführungssystem, völlig umgestaltet. Es funktioniert vermutlich perfekt. Aber ihr habt es gehasst, das alte System aufzugeben, an das ihr gewöhnt wart. Dann habt ihr es mit der unvertrauten Version versucht, und es schien zu funktionieren. Ich wette, ihr habt das Palastprojekt mit dem alten System begonnen und seid in der Halbzeit umgestiegen?«
Der Schreiber nickte trübsinnig. »Es ist ein ziemliches
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