Eine Leiche im Badehaus
Ernährung schlechter wird, sackt die Stimmung immer mehr ab. Hat man dann Britannien erreicht, kann das Leben nicht mehr schlimmer werden. Zumindest nicht, bis man auf einer Baustelle sitzt und der Mulsumjunge kommt.
Erfrischt von meiner Nachtruhe (ein weiterer bitterer Euphemismus), war ich in mein Büro gekrochen. Mit verklebten Augen setzte ich mich hin und plierte auf Lohnabrechnungen, in der Hoffnung, vielleicht Gloccus und Cotta zu finden. Ich war als Erster meines Haushalts aufgestanden. Frühstück gab es nicht. Also machte ich mich gierig über meinen Becher her, als der schniefende Junge kam. Ein Fehler, den ich nur einmal begehen würde.
»Wie heißt du, Junge?«
»Iggidunus.«
»Tu mir einen Gefallen, bring mir nächstes Mal einfach heißes Wasser.«
»Was stimmt denn nicht mit dem Mulsum?«
»Oh … ist schon in Ordnung.«
»Und was stimmt dann mit Ihnen nicht?«
»Hab Zahnschmerzen.«
»Wofür brauchen Sie Wasser?«
»Für Medizin.« Gewürznelken sollen angeblich Schmerz lindern. Bei meinem faulenden Backenzahn halfen sie nicht. Helena hatte mich die ganze letzte Woche mit Nelken behandelt. Aber alles würde besser schmecken als das, was der Mulsumjunge zu bieten hatte.
»Sie sind ein merkwürdiger Kauz«, brummte Iggidunus Und stapfte eingeschnappt davon.
Ich rief ihn zurück. Mein Hirn schien im Schlaf zu arbeiten. Ich hatte Gloccus und Cotta nicht gefunden, war aber über eine Unregelmäßigkeit gestolpert.
Ich fragte Iggidunus, ob er sein Gebräu allen kredenzte, auf der gesamten Baustelle. Ja, tat er. Wie viele Becher? Er hatte keine Ahnung.
Ich bat Gaius, den Jungen mit einer Wachstafel und einem Stilus auszustatten. Natürlich konnte er nicht schreiben. Doch ich zeigte Iggidunus, wie man eine Strichliste anfertigte. »Vier gerade Striche und dann einen schräg darüber. Kapiert? Und dann den nächsten Block. Wenn du fertig bist, kann ich sie zählen.«
»Ist das ein raffinierter ägyptischer Abakustrick, Falco?« Gaius grinste.
»Mach eine Runde über die gesamte Baustelle, Iggidunus.«
»Ich mach nur eine. Dauert den ganzen Tag.«
»Das ist aber hart für diejenigen, die dich verpassen.«
»Ihre Kumpel sagen es ihnen. Ich lasse den Becher für sie stehen, mit einer Kachel obendrauf.«
»Also gibt es keine Ausrede. Zähl jeden Mulsumbecher, den du verteilst. Und mach auch für jeden einen Strich, der einen Becher kriegen sollte, aber ihn nicht haben will. Dann bring die Wachstafel wieder zu mir.«
»Zusammen mit dem heißen Wasser?«
»Genau. Kochend heiß, wenn’s geht.«
»Sie machen Witze, Falco.«
Iggidunus trollte sich davon. Ich stellte meinen Becher mit Mulsum für Nux auf den Boden. Meine zottige Hündin schnüffelte einmal daran und stolzierte dann beleidigt hinüber zu meinem Schreiber.
Er starrte mich an. »Gaius, kannst du mir die Abrechnungen für die gelieferten Essensrationen raussuchen?«
Er wühlte herum, fand sie und schleppte sie zu mir herüber. Dann beugte er sich vor, um zu sehen, an welchen Abrechnungen ich bereits arbeitete und welche Notizen ich mir gemacht hatte. Fast augenblicklich stellte er die Verbindung her. »Oh, verdammt!«, sagte er. »Darauf bin ich überhaupt nicht gekommen.«
»Aber du siehst, worum es mir geht.« Trübsinnig stützte ich meine Wange in die Hand. »Nichts passt zueinander, Gaius. Die Lohnabrechnung ist hoch. Geld versickert wie durch ein Sieb. Aber schau dir die Nahrungsmittelrechnungen an. Die Menge an Wein und Essensrationen, die geliefert wird, stimmt nicht mit der Anzahl der Arbeiter überein. Ich würde sagen, die Lieferungen reichen in etwa für die Männer, die ich auf der Baustelle gesehen habe. Verdächtig ist jedoch die angegebene Zahl der Arbeiter. Wenn man sich draußen umschaut, sieht man kaum irgendwelche Facharbeiter, nur solche Muskelpakete, die Gräben ausheben können.«
»Die Belegschaft ist nicht groß, Falco. Das sieht man schon daran, wie das Projekt dem Zeitplan hinterherhinkt. Dem dafür zuständigen Schreiber ist das egal, der würfelt lieber den ganzen Tag. Die Projektgruppe redete sich mit ›Verzögerungen wegen schlechten Wetters‹ raus, als ich nachgehakt habe.«
»Das sagen die immer.« Die Erfahrung mit Gloccus und Cotta in Rom hatte mich das gelehrt. »Entweder droht Regen ihren Zement zu verderben, oder die Männer können wegen der Hitze nicht arbeiten.«
»Außerdem geht es mich nichts an. Ich bin hier, um Erbsen zu zählen.«
Ich seufzte. Er hatte es versucht, aber er war
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