Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Leiche zu Ferragosto

Eine Leiche zu Ferragosto

Titel: Eine Leiche zu Ferragosto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Fiammetta Lama
Vom Netzwerk:
Puppenwagen, Kreisel und Trommeln. Doch es gab auch einen Stand, wo Tiere verkauft wurden, ein munteres Gewusel aus Küken, Hamstern, Meerschweinchen, Hundewelpen und Goldfischen. Und die Schießbude eines lächelnden Armeniers, mit Losverkauf und Stofftieren als Preise. Und schließlich ein paar schöne Handwerksstände, mit geflochtenen Körben, bestickten Deckchen und kleinen handgeschnitzten Flöten. Eine alte Frau mit zwei Körben Taralli und ofenfrischem Brot, mit Caciocavallo-Käse und Sopressa-Salami und sogar drei Stück des kostbaren, streng verbotenen Madenkäses, die sogleich ausverkauft waren. Und der Süßigkeitenstand, bunt, hell, mit Musikbeschallung und einer Verkaufsfläche voll mit Lakritze, Erdbeerbonbons, Colalutschern, Mandelkrokant und Mäusespeck in allen erdenklichen Farben.
    Lillo ließ sich eine gemischte Tüte geben und bot Olimpia Casaburi davon an.
    »Machst du Witze? Da bekommt man allein vom Anblick schon Diabetes.«
    »Egal, ich brauche jetzt was Süßes.«
    Sie sah ihn schweigend an. Der Jesuit kramte in seiner Tüte, zog ein bananenförmiges Bonbon heraus, betrachtete es nachdenklich und steckte es sich dann in den Mund.
    »Und, hast du entschieden?«
    »Was entschieden?«
    »Das weißt du genau. Danach geht es dir bestimmt besser.«
    »Das sagst du so … Also gut, bringen wir es hinter uns.«
    Er hakte sie unter und führte sie aus der Menschenmenge heraus. Die halbvolle Süßigkeitentüte landete achtlos im Rinnstein.
     
    Die Kopie der Autopsie lag in Elenas Akte, gemeinsam mit den Fotos der Leiche, wie sie auf dem Algenhaufen gefunden worden war und später vom Obduktionstisch. Alles da: die klaffenden Wunden, der zerfleischte Brustkorb, die von Messerschnittenzerfurchten Hände, die Fingerstummel, das Gesicht eine einzige Masse zerfetzten, geschwollenen Fleisches, der Kranz der unpassenderweise kürzlich geschnittenen Haare, der massakrierte Unterleib, die Knochen, die unter dem Fleisch durchschimmerten. Und dann Samirs Akte, der eingeschlagene Schädel, das schöne Gesicht, und davor der Sandhaufen mit dem obszön herausragenden Bein. Und schließlich Bebè, die arme ertrunkene Meerjungfrau, das entstellte, aber noch erkennbare Antlitz, die goldenen Armreifen, die auf der nassen Mole glitzern. Santomauro schloss die Augen und rieb sich die Lider, bis er Sternchen sah. Sein Kopf war ein einziges Durcheinander. In der Ferne kündigten einige herüberschallende Böller den Beginn des ersten Feuerwerks vom Patronatsfest der heiligen Atenaide an.
    Santomauro stand seufzend auf, um sich einen Kaffee zu kochen, als Lazzarin mit fast entschuldigender Miene im Türrahmen erschien und unerwarteten Besuch ankündigte.
    Olimpia trat als Erste ein und setzte sich ihm gegenüber an den Schreibtisch mit so düster-entschlossener Miene, wie sie sonst wahrscheinlich nur ihr Zahnarzt zu Gesicht bekam. Pater Lillo folgte ihr, und zuerst schien er hinter ihr stehen bleiben zu wollen, die Hände auf die Rückenlehne ihres Stuhls gelegt wie ein Schutzengel, doch die Casaburi schaute kurz mit gerunzelter Stirn zu ihm auf, woraufhin sich der Jesuit neben sie setzte, eine gefasste, undurchdringliche Miene auf seinem attraktiven gebräunten Gesicht und die Hände im Schoß gefaltet. Er trug einen dunklen Anzug mit Kollar, den Santomauro noch nie an ihm gesehen hatte und der ihn haargenau als der erscheinen ließ, den er darstellen wollte: einen Mann der Kirche und unparteiischen Ratgeber.
    Olimpia Casaburi hingegen schien einfach nur wutentbrannt zu sein, die Wut kräuselte ihre dunklen Augenbrauen und machte sie noch hässlicher.
    »Allem voran, Maresciallo, will ich Ihnen sagen, dass ich nicht aus freien Stücken hier bin. Pater Lucarello hat mich quasi dazu gezwungen. Er glaubt, die Kleinigkeit, die ich Ihnen zu erzählenhabe, wäre von grundlegender Bedeutung für Ihre Ermittlungen und könnte dazu beitragen, dieser schrecklichen Mordserie ein Ende zu bereiten.«
    Dies waren ihre Worte, doch ihre zornerfüllten Augen sprachen eine andere Sprache, und der Maresciallo konnte ohne Schwierigkeiten darin lesen.
    Sie besagten, dass ihr die Mordopfer kaum gleichgültiger hätten sein können, zwei Frauen, die sie verachtet, gehasst und beneidet hatte, und ein Schwarzer, den sie nicht einmal mit Handschuhen angefasst hätte. Sie sagten, dass sie hier saß, weil ein höherer Wille sie gezwungen hatte, und sie sagten außerdem, dass sie nur das Allernötigste erzählen würde, aber nichts von dem, was sie

Weitere Kostenlose Bücher