Eine Leiche zu Ferragosto
für eine Verständigung war.
»Ich hätte ein paar Fragen an Sie, immer noch in Erwartung Ihres Gutachtens.«
»Hat das nicht Zeit? Ich habe gestern bis weit in den Abend hinein am Befund gearbeitet und fahre heute Nachmittag wieder ins Krankenhaus, um den Bericht zu Ende zu schreiben. Ich arbeite quasi rund um die Uhr an dem Material, damit ihr mir nicht ständig im Nacken sitzt. Kommen Sie um sieben, oder schicken Sie einen Ihrer Schergen, dann erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen.«
Santomauro schluckte einen Klumpen Wut und Galle hinunter.
»Mir ist durchaus bewusst, dass Ihr Material, wie Sie es nennen, keine Eile mehr hat, irgendwohin zu gehen, aber nun ist es einmal so, dass wir die Leiche seit gestern identifiziert haben und keine kostbare Zeit mehr zu verplempern haben, nur weil Sie einen Bootsausflug machen müssen!«
Sofort bereute er seinen Ausbruch. Er konnte sich das überhebliche Lächeln am anderen Ende der Leitung lebhaft vorstellen, die hämische Freude darüber, ihn aus der Ruhe gebracht zu haben. Ganz zu schweigen davon, dass de Collis ihm eine Menge Scherereien machen konnte. Merkwürdigerweise jedoch kam keine Reaktion. Auf der anderen Seite herrschte zögerndes Schweigen, dann fragte der Pathologe: »Sie wissen, wer sie ist?«
»Sie hieß Elena Mazzoleni, der Ehemann hat sie identifiziert. Den kennen Sie ja wahrscheinlich.«
Auf der anderen Seite Stille, dann gab de Collis widerstrebend zu: »Ich kannte sie, und ich kenne auch ihn, Pippo. Wirspielen manchmal zusammen Tennis. Was wollten Sie wissen, Maresciallo?«
Überrascht von diesem plötzlichen Einlenken fragte Santomauro, ob das Opfer vor seinem Tod sexuellen Kontakt gehabt habe, sei es nun freiwillig oder unfreiwillig.
»Maresciallo, die Dame hat ein langes Bad im Meer genommen, stehlen Sie mir also nicht meine Zeit mit so albernen Fragen.«
Santomauro würgte seinen Ärger mitsamt einer patzigen Antwort hinunter und stellte die zweite Frage, die ihm auf dem Herzen lag. Was konnte er über die Tatwaffe sagen?
»Großes Messer mit breiter Klinge, wahrscheinlich ein Brotmesser, wie man es auf dem Markt von Cannalonga findet. Ein Kenner, zumindest was die Küche anbelangt. Dann also auf Wiederhören, Maresciallo.«
Nichts zu machen, dieser Mann war stacheliger als ein Seeigel. Einen Moment hilfsbereit, im nächsten schon wieder ein echtes Aas. Santomauro tröstete sich mit dem Gedanken, dass er ja nicht mit ihm ins Bett gehen musste.
Der zweite Anruf galt Maria Pia Manfredi. Er hatte das Rätsel um den verschwundenen Gustavo ganz aus den Augen verloren und fühlte sich plötzlich schuldig.
»Totò ist in Vallo, wegen eines Unfalls auf der Umgehungsstraße, und ich nutze die Zeit, um mich ein bisschen umzuhören.«
Maria Pia wirkte wie elektrisiert. Santomauro bat sie, keine Dummheiten zu machen, und nahm sich erneut vor, sich am Abend um das Problem zu kümmern.
Er ergriff das Mozzarella-Tomaten-Brötchen, um es auf der Veranda zu verzehren. Dann fiel ihm ein, dass de Collis in diesem Moment höchstwahrscheinlich dasselbe tat. Mit einem tiefen Seufzer ließ er es in den Müll fallen.
Leandro de Collis warf das Caprese-Panino in den Abfalleimer und beobachtete ohne Bedauern, wie es sich unter Kaffeesatz und Kippen mischte. Sein Magen bäumte sich auf beim Gedankenan Essen, und das, obwohl er bei seinem Beruf garantiert nicht empfindlich war.
Elena Mazzoleni. Elena. Als er sie kennenlernte, vor langer Zeit, hatte er geglaubt, in Valentina verliebt zu sein. Wieder sah er die nackte Leiche vor sich auf dem Seziertisch, wie er sie zuletzt gesehen hatte, bäuchlings, im Rücken tiefe Einschnitte ähnlich denen im Unterleib, der Po und die Oberschenkel nur noch eine Masse graues, verwesendes Fleisch.
Während er sich in das Waschbecken übergab, sagte er sich immer wieder, dass ihm niemand etwas vorwerfen konnte. Er hatte sie nicht erkannt, doch in diesem Zustand hätte selbst ihre eigene Mutter sie nicht erkannt.
Padre Lorenzo Lucarello SJ, für seine Freunde Lillo, saß nackt auf dem Bett und sah aus dem Fenster. Die Tür war nicht abgeschlossen, doch diesmal war es ihm egal. Im Salon telefonierte Olimpia ohne Unterbrechung, verkündete die Botschaft urbi et orbi, als würde sie dafür bezahlt.
Bebè Polignani schwamm und kümmerte sich um nichts anderes als das wohlige Prickeln des Wassers auf ihrem Körper.
Regina Capece Bosco saß mit rauchendem Kopf am Bridgetisch, um sie herum eine Flut von
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