Eine Leiche zu Ferragosto
Wähler den Abgeordneten abgestraft hatten.
Seitdem hatte er wenig von Iolanda gehört. Nach seiner Versetzung nach Pioppica hatte sie zweimal angerufen, einmal um ihm zu sagen, dass es ihr gut gehe und sie mit einem Verpackungsunternehmer liiert sei, das andere Mal, um ein Schreiben ihres Anwalts anzukündigen, das auch prompt folgte. Er hatte unterschrieben und versucht, nicht allzu viel darüber nachzudenken, und seitdem betrachtete er sich wieder als Single und arbeitete gleichzeitig daran, nicht bei jedem Läuten des Telefons hoffnungsfroh aufzuspringen. Er wusste, dass Iolanda nicht wieder anrufen würde, es sei denn, sie brauchte etwas, und er rechnete damit, sie eines Tages auf den Klatschseiten der High Society wiederzusehen. Seine Ehe hatte ihn zum Zyniker gemacht, der verständlicherweise weniger offen gegenüber Frauen generell war, ein knurriger Einzelgänger, der noch stärker dazu neigte, dieAbende in Gesellschaft von Büchern anstatt von Menschen zu verbringen, doch er merkte, dass diese Phase sich allmählich dem Ende zuneigte, was ihm einerseits leidtat und andererseits ein bisschen Sorge bereitete. Seit Iolanda hatte er mit keiner Frau mehr etwas gehabt.
»So ganz in Gedanken, Maresciallo?« Bebès Stimme riss ihn aus den Tagträumen. Sie war dem Wasser entstiegen und trocknete sich ab, dann entnahm sie einer Tasche des Strandtuches eine Zigarette und zündete sie an, während sie sich neben ihm niederließ. »Was für ein Genuss, der erste Zug nach dem Schwimmen! Finden Sie nicht? Es bereitet mir eine geradezu perverse Freude, mir sofort danach die Lungen zu verpesten. Es mag albern sein, aber ich fühle mich dann mutig und unkonventionell. Ich nehme mir das Recht, mich zu vergiften und zu entgiften, wie es mir passt.« Sie streckte sich auf den Steinen aus und rauchte genießerisch, wohl wissend, dass der Maresciallo sie beobachtete. Sie sah wirklich gut aus, vollbusig und langbeinig in einem äußerst vorteilhaften gelben Badeanzug. Mit der Hand, in der sie die Zigarette hielt, schirmte sie ihre Augen vor der Sonne ab und sah ihn an, während ihre vollen Lippen sich zu einem Lächeln verzogen.
»Also? Sind Sie wegen meiner kleinen Gehässigkeit von neulich hier? Wollen Sie wissen, wer Samir ist?«
»Wer er ist, weiß ich schon, ich möchte wissen, warum Sie ihn mit Elena Mazzolenis Tod in Verbindung bringen.«
»Gott bewahre!« Signora Polignani setzte sich ruckartig auf. »Ich habe niemals gesagt, dass Samir etwas mit Elenas Tod zu tun hat. Absolut nicht! Ich hoffe, Sie verdächtigen ihn nicht aufgrund meiner albernen Anspielung. Das würde ich mir nie verzeihen!«
»Beruhigen Sie sich. Samir steht unter keinem besonderen Verdacht, aber wir müssen natürlich über jeden Informationen einholen. Sie werden mir zustimmen, dass Samir bei seinem Metier durchaus ein geeigneter Kandidat wäre.«
»Ich sehe, Sie haben sich informiert«, meinte sie sarkastisch. »Tja, natürlich wäre der schwarze Callboy der ideale Schuldige,damit all die wichtigen Leute aus dem Schneider sind, die Lust gehabt haben könnten, Elena den Hals umzudrehen.«
»So arbeite ich nicht«, meinte Santomauro trocken.
»Das hoffe ich. Und Ihre Vorgesetzten?«
»Für die kann ich nicht sprechen, aber Sie werden mir zustimmen, dass es genau aus diesem Grund notwendig ist, Samir ausfindig zu machen und ihm ein paar Fragen zu stellen.«
Am Tag zuvor hatten die Nachforschungen nach dem jungen Mann begonnen, erst heute Morgen hatte er Faxe rausgeschickt, um Hinweise auf ihn zu bekommen, doch der Maresciallo wusste bereits, dass er seit geraumer Zeit von niemandem mehr gesehen worden war. Der Marokkaner, der mit ihm am Strand zusammenarbeitete, wusste auch nichts.
»Ich habe Samirs Handynummer, wenn Sie die interessiert, aber er geht nicht ran. Ich weiß das, weil ich ihn gestern angerufen habe. Ich brauchte ihn. Schockiert Sie das?« Sie blickte ihn ungeniert an, doch Santomauro glaubte, einen Anflug von Traurigkeit in ihren Augen zu erkennen.
»Sagen Sie mir, warum Sie glauben, dass Elena ihn kannte.«
»Weil ich ihr seine Nummer gegeben habe«, erwiderte sie einfach. »Das war letztes Jahr, gegen Ende des Sommers. Mit Pippo lief es schlecht, sie hatten sich den ganzen August gezankt, weil es so aussah, als wolle Valentina aus Helsinki anreisen, woraus dann aber nichts wurde.«
Schon wieder diese Valentina, dachte der Maresciallo, beschloss aber, den Fluss der Vertraulichkeiten nicht zu unterbrechen. Auf Valentina
Weitere Kostenlose Bücher