Eine Leiche zu Ferragosto
und Knochen.
Er hatte nicht das geringste Problem, sich all diese schrecklichen Details vorzustellen, leider.
Und dann der Weg bis zu dem kleinen Steinstrand unterhalb, die tote Last in ein altes Laken gewickelt, das man leicht im Kamin verbrennen konnte, wie sämtliche Villen von Sigmalea oder Krishnamurti ihn hatten. Die schmale, steile Treppe, die Sträucher und Büsche, die dumpfen Schläge, die Stöße, das Keuchen und Schnaufen, die Verwünschungen auf den armen Leib, der sich nicht mehr wehren konnte, und dann das Boot, sein Boot, das dort vertäut lag und für jeden zugänglich war, der sich die Mühe machen wollte, des Nachts unter dem dunklen Sternenhimmel bis zu dem Algenhaufen an der Strandpromenade von Pioppica vorzudringen.
Er hatte Maresciallo Santomauro nichts von seinem Boot gesagt, er wusste selbst nicht warum, doch er hatte keine Zweifel, dass der bald von allein darauf kommen würde.
Pippo Mazzoleni quälten diese Gedanken jeden Tag, zu verschiedenen Zeiten, manchmal am Morgen beim Aufwachen, öfter noch am Abend, wenn er von einer Essenseinladung bei mitleidigen Freunden zurückkehrte. Er würde die Gegend nicht verlassen, selbst wenn er könnte, doch er wusste, dass sein Kopf das nicht mehr lange aushielt. Wenn die Angst in der Nacht stärkerwurde, nahm er eine Handvoll Schlafmittel aus Elenas Vorrat, machte sich eine Thermoskanne heißen Tee und stieg den zweiten Zugang zum Meer hinab, der zum Maretto und dem Schuppen mit den Luftmatratzen führte. Früher war er hier gerne geschwommen, in diesem abgeschiedenen Eckchen, wo Elena und er nackt gebadet hatten, sich umarmt und miteinander gelacht hatten, sich geliebt und eisgekühlten Champagner getrunken hatten. Nun machte er einen lustlosen Kopfsprung, blieb dann am Rand des Wassers sitzen und lauschte den leisen Geräuschen, den kleinen Tierchen oder was auch immer hinter seinem Rücken langsam durch die Finsternis schlich.
Die graue Haut, die offenen, lappigen Verletzungen sauber ausgewaschen. Und immer noch bist du schön. Steht dir gut der neue Haarschnitt. Aber das weißt du sicher selbst.
Die blauen Flecken an den tieferen Wunden, wo ich das Messer mit aller Kraft hineingestoßen habe, bis zum Griff. Der verzogene Mund, die offenliegenden Halssehnen. Aber immer noch bist du schön, sie könnten dich wieder herrichten. Warten wir lieber noch. Warten wir gemeinsam.
»Hallo, Pippo? Ich bin’s, Regina. Sie versuchen Valentina ins Spiel zu bringen. Wie, was ich damit meine? Ich meine, dass alles wieder hochkommt. Eure ganze Geschichte, und sie ist nicht hier, um sich zu verteidigen. Ich weiß selbst, dass das albern ist, aber glaubst du, Santomauro sieht das genauso?«
»Simone, ich habe da ein paar Weibsen an der Hand, die sind gar nicht übel. Aus Bologna, sie wohnen auf dem Campingplatz von Ascea. Hättest du Lust, etwas gemeinsam zu unternehmen? Pizza essen, vielleicht tanzen gehen, was hältst du davon? … Komm schon, nun spiel nicht immer den wandelnden Leistenbruch. Ich bin mir sicher, dass du dich amüsierst. … Schon gut, schon gut, dann eben das nächste Mal, ja ja, das sagst du immer.«
Simones Problem war, dass ihm eine Frau fehlte. Davon warPietro Gnarra überzeugt. Diese dumme Kuh von Iolanda, die man in Santomauros Anwesenheit nicht einmal erwähnen durfte, hatte ihn wirklich fertiggemacht. Sie war anscheinend wirklich eine schöne Frau, zumindest hatte ihm das ein in Neapel stationierter Bekannter gesagt, aber eine fiese Schnalle vom Scheitel bis zur Sohle. Und sein armer Freund, nichts zu machen, ein verliebter Narr. Typen wie Simone waren gefährlich deswegen. Sie verliebten sich rückhaltlos, wie wenn man Fieber oder Ausschlag bekam, und konnten nichts dagegen tun, selbst wenn sie wollten.
Endlich einen Moment Ruhe. Totò Manfredi machte es sich im Sessel bequem, um einen Blick in die Zeitung vom Vortag zu werfen. Dazu kam er selten genug, und wenn, dann verschlang er sie komplett, von vorne bis hinten, Politik, Zeitgeschehen, Feuilleton, Sport, sogar die Veranstaltungshinweise und den Wirtschaftsteil, ganz egal, ob sie schon ein paar Tage alt und die Nachrichten nicht mehr ganz druckfrisch waren.
Sein Blick fiel auf eine Überschrift: DIE FRAU AUS DEN ALGEN HAT EINEN NAMEN. Glücklich seufzend wollte er gerade die Lektüre beginnen, als er durch den hereinkommenden Ammaturiello gestört wurde.
»Brigadiere, wir haben ein Problem im Essraum.«
»Was ist passiert, Ammatù, ist es denn die
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