Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)
lag und ein Gast das Zeitliche gesegnet hatte. Das durfte Huber auf keinen Fall zulassen.
»So!« Er klatschte in die Hände. »Jetzt geht's weiter. Wer war der letzte beim Verhör?«
Die Hand eines Sherlocks ging langsam in die Höhe. Er war derjenige, der auf dem Stuhl gesessen hatte, als Simon in die Veranstaltung geplatzt war.
»Gut. Dann mal wieder her. Es geht weiter.«
»Aber ich war es doch nicht. Es war Simone.«
»Simone?«
»Sherlock mit der Geige.«
»Wie kommen Sie denn darauf?«
Alle anderen Sherlocks im Raum nickten zustimmend. »Sie war es.« »Das wissen wir schon von Anfang an.« »Haben Sie nichts anderes auf Lager für uns?« »Sie hat den Butler mit der Geigensaite erdrosselt.« »Das war doch klar.« »Das war zu einfach.« »Und was kommt jetzt?«
Huber schluckte. Sie hatten es erraten. Dann musste er sich jetzt unbedingt etwas anderes einfallen lassen. Etwas, was zu seinem anderen Plan gehörte, dem Notfallplan. Zweimal hatte sein Notfallplan schon greifen müssen und wunderbar geklappt. Keiner hatte etwas gemerkt. Und vor allem Simon Neumayer tappte im Dunkeln. Selbst wenn er etwas ahnte – er würde ihm niemals etwas beweisen können. Und ein drittes Mal würde es ebenfalls klappen. Dieser Simon Neumayer sollte sich noch sehr wundern.
Huber sah sich lächelnd in dem Saal um und blickte in erwartungsvolle Gesichter.
»Keine Angst, liebe Sherlocks und Dr. Watsons. Ich habe noch mehr auf Lager für Sie. Wenn Sherlock Holmes und Dr. Watson auf Mörderjagd gehen, dann sollten sie von keinem lauen Geigenmörder aufgehalten werden. Dann wartet etwas ganz Spektakuläres auf sie. Eine Sensation. Eine einmalige Attraktion.«
»Ein richtiger Mord?«
Huber lächelte. »Liebe Sherlock Holmes', liebe Dr. Watsons. Machen Sie sich bereit für das Abenteuer Ihres Lebens.«
***
Als Simon Neumayer sein Hotel erreichte, war es dort ungewöhnlich still. Kein Stimmengemurmel drang aus dem Salon, kein Klappern von Töpfen war aus der Küche zu hören. Nichts.
Er betrat den Salon in der Hoffnung, seine Gäste in das Kreuzworträtsel vertieft vorzufinden, doch der Salon war leer.
Es war gespenstisch. Noch immer brannten die Kerzen und warfen warmes, weiches Licht an die Wände. Aber der Raum wirkte so verlassen, als hätte nie ein Mensch darin gewohnt.
Verwundert ging Simon durch den Salon. Die Stühle standen bunt durcheinander, als wären seine Gäste überstürzt aufgebrochen. In der Ecke lag die Leiche von Fritz Wupke. Sie war fein säuberlich zugedeckt und ruhte friedlich zwischen vielen zerknüllten Blättern mit mehr oder weniger richtigen Kreuzworträtsellösungen darauf. Auf dem Flügel standen halb ausgetrunkene Gläser mit Sekt. Aber kein lebendes Wesen befand sich weit und breit.
Simon beschlich ein unangenehmes Gefühl. Was wäre, wenn Huber ihn in sein Hotel gelockt hatte, um in der Zwischenzeit ein böses Spielchen mit seinen Gästen zu spielen? Wenn Simon in eine Falle getappt war, während seine Gäste um ihr Leben kämpften? Inzwischen traute Simon Huber alles zu. Der würde alles machen, um Simon zu ruinieren. Ganz offensichtlich schreckte er vor nichts zurück. Nicht einmal vor Mord. Denn dass er Lukas und Wupke auf dem Gewissen hatte, daran bestand für Simon unterdessen kein Zweifel mehr. Er hatte viel zu laut gelacht, als Simon das erwähnte. Und der Schatten, der über sein Gesicht gehuscht war, als Simon ihn nach seinem Aufenthalt gefragt hatte, war eindeutig. Er geriet in Erklärungsnot, als seine Gäste sagten, er sei lange draußen oder verschwunden gewesen. Er hatte kein Alibi. Huber war eindeutig schuldig.
Simon sah sich noch einmal in dem leeren Salon um, bevor er die Küche betrat. Aber auch die war leer. Weder Kalle noch die Küchenhilfe befanden sich darin und kochten. Der Braten auf dem Herd stand verlassen und erkaltete. Die Kartoffeln köchelten einsam vor sich hin, während das Wasser hin und wieder in die Gasflamme zischte. Hier war weit und breit keine Menschenseele.
Simon verließ die Küche und stieg die Treppen hinauf. Sein Schritt wurde von Stufe zu Stufe schneller. Wo waren sie alle? Was war passiert? War etwa noch jemand umgebracht worden? Oder waren sie jetzt alle tot?
Er klopfte an ein paar Zimmer, doch er erhielt keine Antwort. Als er einen der Räume betrat, war er leer.
Besorgt ging Simon wieder nach unten. Er sah im Skischuppen nach, ob die Ski noch da waren. Er fand sie fein säuberlich an die Wand gelehnt, wie sie die Gäste am Nachmittag abgestellt
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