Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)
hatten.
Langsam beschlich Simon Panik. Wo konnten sie nur sein? Fünfundzwanzig Gäste konnten doch nicht so einfach verschwinden? Oder waren sie etwa wie Lukas…?
Simon wagte gar nicht, den Gedanken zu Ende zu denken, als er einen Ruf vernahm. Er kam von der Ebene hinter dem Haus.
Schnell lief Simon auf die andere Seite des Hauses, wo er vorhin die Schleifspuren entdeckt hatte. Und da sah er sie. Für einen Moment stockte ihm der Atem, als er die Gäste mit Taschenlampen bewaffnet über die Schleifspur gebeugt sah. Langsam schritten sie durch die Dunkelheit, folgten den Blutstropfen und dem zerwühlten Schnee.
Simon musste sie auf jeden Fall aufhalten. Sie durften die Leiche nicht entdecken!
»Hallo!«, rief er seinen Gästen entgegen, doch die ignorierten ihn. Emsig beleuchteten sie mit den winzigen Taschenlampen den Schnee und raunten sich ihre Entdeckungen zu.
»Hier, drei Blutstropfen! Mann, die sind groß!«
»Hier scheint es einen Kampf gegeben zu haben. Da ist alles bis auf den Boden zerwühlt.«
»Wieder Blut. Ich schätze, es ist schon ein paar Stunden alt.«
»Mehrere Fußspuren. Ein Mann ging daneben her.«
»Ein anderer ist geschleift worden. Dann waren es wohl drei.«
»Einer schleift, der andere wird geschleift und der Dritte läuft nebenher.«
»Wieder Blut.«
»Was ist denn da passiert?«
Die Gäste schienen Simon gar nicht wahrzunehmen, als er sich ihnen näherte. Sie waren in ihre Entdeckungen vertieft. Und mittendrin liefen Kalle, der Koch, und seine Küchenhilfe.
Simon eilte sofort auf Kalle zu.
»Was ist hier los? Du solltest doch im Salon auf sie aufpassen!«
»Ja, das habe ich auch. Aber dann haben sie das Rätsel gelöst, es kam übrigens ›neu‹ heraus, und sie fingen an, sich zu langweilen. Die sind ja schlimmer, als ein Sack Flöhe zu hüten. Da bin ich in den Keller und wollte den selbst gebrannten Likör deines Großvaters holen, um sie ruhig zu stellen, und dabei habe ich das entdeckt.«
Er hielt Simon den blutverschmierten Handschuh von Lukas unter die Nase.
Simon stöhnte leise. Er hatte vergessen, ihn wegzuräumen.
Kalle schüttelte den Kopf. »Ich war mir nicht ganz sicher, ob das zu deinem Spiel gehört, aber es sah ziemlich gut aus. Am Fenster lagen eine Menge Dreck und geschmolzener Schnee, als wäre das eine Spur, um jemanden rauszulocken, und da dachte ich, ich führe sie mal raus. Jetzt sind sie begeistert und lassen uns in Ruhe.«
»Ja, das sehe ich.« Wieder seufzte Simon, als er sah, wie seine Gäste voller Feuereifer der Spur folgten. Aber er musste sie davon abbringen. Sie durften Lukas auf keinen Fall in der Schlucht finden. Dann wäre hier die Hölle los.
Simon machte einen Bogen um seine Gäste und überholte sie, so dass er sich direkt auf die Spur stellen konnte, die sie untersuchen wollten. Als sie nicht mehr weiterkamen und gegen ihn liefen, hatte er endlich ihre Aufmerksamkeit.
»Das war's für heute mit der Spurensuche. Hier hört es auf.«
»Was?« »Nein!« »Das geht doch nicht.« »Hier war gerade ganz viel Blut!«
Simon blieb hart. »Doch, das geht. Und das ist auch kein Blut, sondern Ketchup. Ich habe das vorhin vorbereitet, um zu sehen, wie gut Sie beim Spurenlesen sind. Sie sind wirklich super. Aber hier endet die Spur.«
»Das ist aber schade.«
»Ich glaube Ihnen nicht.« Diese Worte kamen von Mona Winter, die mit ihrer Lupe ein Stück Schnee in ihrer behandschuhten Hand untersuchte, das jedoch langsam schmolz. »Das sieht nicht aus wie Ketchup, das sieht aus wie Blut. Ich weiß, wie Blut im Schnee aussieht. Als ich 1962 für die Skiabfahrtweltmeisterschaften trainierte, habe ich mir ein Bein gebrochen. Ein offener Bruch. Ich lag ganze drei Stunden im Schnee, bis jemand kam, um mich zu retten. Da hatte ich genügend Zeit, mir mein Blut im Schnee anzusehen. Und es sah verdammt aus wie das hier.«
Simon versuchte zu grinsen. »Dann ist es mir ja gut gelungen. Glauben Sie mir, das war gar nicht so einfach. Auf jeden Fall ist diese Veranstaltung jetzt zu Ende.«
Plötzlich hörte er wieder das vertraute Fauchen des Luchses. Es war nicht weit entfernt.
Das Model schien es gehört zu haben. »Was war das?«
»Der Luchs.«
Cleo Schäfer lachte. »Sie wollen sich über uns lustig machen, Herr Neumayer.«
»Nein. Also, los, wieder rein mit Ihnen.«
Mona Winter stellte sich ihm jedoch entgegen. »Nein. Endlich ist mal wieder etwas Richtiges passiert, was wir untersuchen können. Sie haben ja wirklich ein tolles Spiel organisiert. Es ist nur schade, wenn Sie
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