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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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unter die Wasserfläche; einige Überlebende schwammen bereits zielstrebig auf den Kutter zu.
    Das Wasser spritzte auf, und Bolitho sah Larssens Gesicht, sehr bleich und verschwommen, zwischen den Wellen. Langsam trieb der Leichnam weg vom Boot.
    »Achtung! Rudert an!«
    »Verflucht und verdammt!« schrie ein Mann im Boot. »Da kommt noch eine!«
    Aus dem Schatten der Küste, aus dem Morgennebel heraus, tauchte ein kleines Rechteck heller Leinwand auf und stand unvermittelt im hellen Sonnenlicht. Ein paar Franzosen, die sich an Wrackstücken und gebrochenen Spieren festklammerten, schrien hurra; doch im Kutter herrschte Totenstille.
    Bolitho riß das Kutterteleskop aus der Halterung und richtete es auf das Schiff. Vielleicht stoppte es und nahm die Überlebenden an Bord? Vielleicht kam auch noch rechtzeitig eine Brise auf, die ihnen das Leben rettete.
    Plötzlich wurde sein Mund trocken. Dann sagte er: »Beruhigt euch, Jungs. Das ist die
Harebell

    Drüben sammelte Inch das bißchen Wind, das noch da war, sorgfältig unter seinen Rockschößen und brachte die Schaluppe stetig heran; und auch die Boote ließ er bereits klarmachen zum Aussetzen.
    Die Korvette war jetzt praktisch gesunken; nur Heck und Trikolore waren noch sichtbar.
    Jetzt drehte die
Harebel
l

in den Wind, die Boote lagen schon längsseit, und sie näherte sich langsam dem ersten Pulk Schwimmer. Eine Jolle hielt rasch auf den Kutter zu; ein junger Leutnant erhob sich im Heck, um sie anzurufen, das Gesicht rot vor Wut.
    »Sie sind ein verdammter Feigling,
M’sieu
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!

Haben noch ein Boot und lassen Ihre Leute absaufen!«
    Die Jolle kam näher; Allday, kaum fähig, sein breites Grinsen zu verbergen, rief durch die hohlen Hände: »So begrüßen Sie Ihren Kommodore? Achtung, da im Boot!«
    Eifrige Hände streckten sich aus, um die Boote aneinanderzuziehen, und Bolitho kletterte hinüber zu dem jetzt aus Verlegenheit errötenden Leutnant. »Vor ein paar Minuten hatte ich sogar noch ein ganzes Schiff, Mr. McLean«, sagte er ruhig und klopfte ihm auf den Arm. »Aber ich kann mir denken, wie das für Sie ausgesehen hat!«
    Als sie längsseit der Schaluppe waren, sah Bolitho, was sein plötzliches Erscheinen für Aufregung verursacht hatte. Der ganz verwirrte Leutnant McLean hatte ihm bereits erklärt, daß die
Ha
r
e
bel
l

mit Depeschen für den Admiral nach Gibraltar unterwegs sei. Commander Inch hatte anscheinend auf eigene Faust einen Umweg gemacht – es hätte ja sein können, daß er die
Segura

sichtete –, auch wenn das nur eine schöne Geste war und man die Hoffnung längst aufgegeben hatte.
    Bolitho schwang sich über das Schanzkleid und wurde von dem strahlenden Inch begrüßt, dessen Stimme aber im Chor der jubelnden Matrosen völlig unterging. Er drückte Bolithos Hand; sein Pferdegesicht glänzte vor Freude und Erleichterung, und alle drängten sich heran, um ihrem wiedergefundenen Kommodore auf die Schulter zu klopfen.
    Aber Veitch mischte sich ein: »Erst ist der Kommodore beinahe am Fieber gestorben – und jetzt hab ich Angst, er wird mir totgeschlagen!«
    Zappelnd vor Aufregung ging Inch mit Bolitho nach achtern.
    Überrascht sah dieser, daß sich eine Frau in der kleinen Kajüte befand, die offensichtlich ebenso überwältigt war wie Inch.
    »Das ist Mrs. Boswell, Sir«, sagte Inch. »Unterwegs nach England. Ich soll sie bis Gibraltar mitnehmen.«
    Bolitho nickte grüßend. »Ich muß sehr um Entschuldigung bitten, Ma’am.« Er sah Inch bedeutsam an. »Wir segeln schleunigst nach Syrakus zurück.«
    »Ja, natürlich, ich verstehe.« Sie tupfte sich die Augen.
    »Nun, Commander Inch«, sagte Bolitho, »erzählen Sie mir alles. Das ganze Geschwader liegt also noch vor Anker?«
    Inchs Freude verblaßte etwas. »Bis auf die
Lysander

und die
B
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zard
,

Sir. Javal ist in besonderer Mission unterwegs, und die
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sande
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segelt, wie ich höre, nach Korfu.«
    Bolitho setzte sich hin und zupfte an seinem plissierten spanischen Hemd. »Also will Captain Farquhar selbständig handeln, eh?«
    Diese Frage war Inch offensichtlich unangenehm. »Nein, Sir. Captain Herrick hat die
Lysander

wieder übernommen.
Si
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Charles Farquhar, das ist er nämlich jetzt, befehligt das Geschwader in Syrakus. Er will dort warten.« Verlegen wand er sich unter Bolithos wütendem Blick. »Bis eine Flotte unter dem Befehl von Sir Horatio Nelson eintrifft.«
    Bolitho stand auf und ging mit eingezogenem Kopf unter den niedrigen Decksbalken hindurch zum offenen

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