Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
erschöpft gewesen, um die Länge richtig zu bemessen.
    »Lunte brennt!«
    Allday war voller Heuhalme, als hätte er sich eben durch eine Scheune gewühlt. Wahrscheinlich hatte er die Lunte, damit es keine vorzeitige Explosion gab, sorgfältig um die Viehfutterlast herumführen müssen.
    »Über Bord! Packt die Achterleine!«
    Er wartete, bis Allday mit seiner Axt am Schanzkleid war. »Du auch, Larssen! Schnell!« Er sah einen Schatten zu seinen Füßen sich bewegen, blickte darauf zur amerikanischen Flagge hoch und verzog das Gesicht. »Diese Flagge ist für heute genug mißbraucht worden; ich werde sie kappen.« Doch als er nach seinem Degen tastete, merkte er, daß er vergessen hatte, ihn mit an Deck zu nehmen.
    Allday sah Bolithos bestürztes Gesicht und drückte dem Matrosen die Axt in die Hand. »Halt mal! Ich geh ‘runter, den Degen holen!«
    »Laß ihn!« schrie Bolitho.
    Eine Kugel zischte an ihm vorbei, und dann riß ein ganzer Hagel von Schüssen Splitter aus den Planken, die wie Pfeile in alle Richtungen flogen. Bolitho hörte Larssen aufschreien und sah ihn in die Knie brechen; verzweifelt versuchte er, das Blut zu stillen, das reichlich aus seinem Oberschenkel rann. Bolitho ordnete seine rasenden Gedanken. Die verdammte Lunte!
Fün
f

Minuten
.

Die mußten doch schon vorbei sein!
    Er zog den Matrosen an die Reling, und da hörte er auch schon Allday herankeuchen.
    »Halt ihn! Wir springen zusammen!« stieß er hervor.
    Dann standen sie auf der Reling, deren Holz noch feucht von der Nachtluft war: Allday kappte die lange Achterleine, und alle drei platschten wie Lumpenbündel ins Wasser, von der Leine zusammengehalten.
    Tiefer, immer tiefer; das Sonnenlicht verdämmerte in einem rötlichen Nebel – das muß Larssens Blut sein, dachte Bolitho –, die Leine schnürte ein wie eine Vogelschlinge: Veitchs Männer ruderten wahrscheinlich wie die Wilden. Seltsamerweise mußte er an die beiden Matrosen denken, die auf Malta desertiert waren. Die würden nie erfahren, was sie für Glück hatten, daß sie nicht mehr an Bord gewesen waren. Denn in dem einen noch vorhandenen Boot wäre kaum für sie Platz gewesen.
    Es wurde heller über Bolithos Kopf, er kam an die Oberfläche, schüttelte sich das nasse Haar aus den Augen, schnappte nach Luft und sah den Kutter; das Segel war gesetzt, die Männer winkten und schrien – vielleicht schrien sie sogar hurra.
    Larssen war bewußtlos: Allday und Bolitho konnten gerade noch seinen Kopf über Wasser halten und sich dabei an die Leine klammern, die jetzt, Hand über Hand, gegen den Druck der Strömung eingeholt wurde.
    »Herrgott«, japste Allday, »so was möchte ich wirklich nicht öfter machen!«
    Bolitho wandte den Kopf, um zu antworten; da platzten ihm beinahe die Trommelfelle bei der ohrenbetäubenden Explosion, von der die stille Morgenluft zerrissen wurde. Die Druckwelle schlug ihnen gegen Brust und Beine, preßte ihnen die Luft aus den Lungen und wirbelte sie mitsamt der Leine herum wie hilflose Puppen.
    Holzstücke, Taufetzen, Heubündel regneten auf sie nieder. Eine lange Planke fiel direkt neben Allday ins Wasser und schoß wie ein Rammbock wieder hoch, nur ein paar Zoll von seinem Kopf entfernt.
    »Jesus«, krächzte Allday, »das war knapp!«
    Bolitho konnte sich herumwerfen; wassertretend sah er sich nach den beiden Schiffen um. Aber da war nur noch eins; von der
Se
g
u
r
a

sah man weiter nichts als einen wachsenden Kreis aus Schaum, Blasen, Treibgut und Heu, das nun kein französisches Kavalleriepferd mehr fressen würde.
    Es war, als verblute die
Segur
a

beim Sinken, denn der immer noch wild wirbelnde Schaum färbte sich jetzt rot: Die Weinfässer mußten von der Explosion zerrissen worden sein.
    Auch die Korvette war übel dran. Auf den ersten Blick mochte man meinen, sie sei dem Schlimmsten entgangen, doch als sie sich in dem aufgewühlten Wasser schräg legte, sah er in dem unsicheren Licht einen tiefen Riß im kupfernen Rumpfbeschlag wie den aufgerissenen Bauch eines Haifisches leuchten. Tauwerk und Segel waren zerfetzt, hingen wie Algen über Bord und verbargen das Leck, durch das jetzt die See einströmte. Daß sie nicht Feuer gefangen hatte, war ein reines Wunder; der Kommandant würde alle Hände voll zu tun haben, um seine Überlebenden zu retten, und konnte froh sein, wenn sein Schiff nicht hinter der
Segura

her in die Tiefe ging.
    Ein Schatten über ihm, Hände unter seinen Achseln – andere Fäuste ergriffen den bewußtlosen Schweden

Weitere Kostenlose Bücher