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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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kam, was Bolithos Theorien bestätigte! Natürlich würde er sich nichts anmerken lassen, aber innerlich würde er lachen. Denn dann hatte er nicht nur korrekt gehandelt, sondern auch bewiesen, daß er einen weit besseren Kommodore abgeben würde als Bolitho.
    Sir Charles Farquhar. Komisch, daß ihn der neue Titel dieses Mannes so irritierte. Er wurde vielleicht schon so wie Herrick. Nein, es saß tiefer. Es war, weil Farquhar sich den Titel nicht verdient hatte; jetzt, da er ihn besaß, konnte ihm nichts mehr entgehen. Man brauchte nur in die Rangliste der Marine zu schauen, dann wußte man, wo die Beförde rungen hinfielen. Bolitho dachte an Pascoes Worte und mußte lächeln. Die ›Nelsons‹ dieser Welt holten sich ihren Titel auf dem Schlachtfeld oder angesichts einer feindlichen Breitseite. Die mehr Glück hatten und an Land saßen, bewunderten zwar ihren gefahr vollen Aufstieg, hätten sich aber kaum ernstlich an ihre Stelle gewünscht.
    Ruhelos wanderte Bolitho in der Kajüte umher. Über sich hörte er die Matrosen an und über Deck arbeiten. Spleißen, nähen, kalfatern – nach einem Sturm war das doppelt so wichtig wie sonst. Er mußte wieder lächeln.
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Im tiefsten Herzen wußte er: mit allen Mitteln hätte er sich gegen einen Posten in der Admiralität oder in einem Marinehafen gesträubt.
    Er trat zur Karte und studierte sie aufs neue: Korfu. Eine lange, spindelförmige Insel, die aussah, als wolle sie sich in die Buchten und Vorsprünge der griechischen Küste fügen. Eine enge Zufahrt von Süden, etwa zehn Meilen breit – knapper Seeraum für ein Vollschiff. Im Norden waren es noch weniger. Hatten die Franzosen tatsächlich Artillerie auf der Steilküste plaziert, so war ein Passieren der reine Selbstmord. Zwischen der Insel und dem Festland lag zwar eine Art Binnensee – zehn Meilen breit, zwanzig Meilen lang –, aber das wirkliche Risiko waren die beiden engen Durchfahrten im Norden und im Süden. Außerdem lag der einzige gute Ankerplatz an der Ostküste; also war keine wie immer geartete Überraschungsaktion möglich. Das mußte Herrick ebenfalls wissen. Er war dickköpfig und zu allem entschlossen, aber kein Dummkopf und war auch nie einer gewesen.
    Bolitho mußte plötzlich an die junge Witwe denken, Mrs. Boswell. Seltsam – nie hatte er sich Herrick als Ehemann vorstellen können. Aber sie war genau die Richtige für ihn. Sie würde bestimmt nicht tatenlos dabeistehen, wenn andere seine Gutmütigkeit ausnutzten. Sie hätte es nie geduldet, daß er vor den Aufgaben eines Flaggkapitäns kapitulierte.
    Er richtete sich auf und wunderte sich, daß er jetzt an solche Dinge denken konnte. Er verfügte nur über zwei Schiffe, und vielleicht fand er die
Lysande
r

überhaupt nicht. Aber was auch geschehen mochte – er war im Begriff, in die Verteidigung des Feindes einzudringen, und das in einem Seegebiet, das ihm fast unbekannt war, abgesehen von dem, was er aus Seekarten und Navigationshandbüchern entnehmen konnte.
    Es klopfte, und der Posten meldete: »Midshipman der Wache, Sir!« Der rothaarige Breen trat ein.
    »Nun, Mr. Breen?« fragte Bolitho freundlich. Seit der Rettung durch die
Harebel
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hatte er noch nicht wieder mit ihm gesprochen.
    »Kommandant läßt mit allem Respekt melden, Sir, daß der Ausguck ein Segel in Nordwest gesichtet hat. Ist aber noch nicht zu identifizieren.«
    »Aha.«
    Bolitho blickte auf die Karte. Selbst unter Berücksichtigung der Abdrift durch den Sturm konnte ihre Position nicht allzusehr von der Berechnung abweichen. Der Bug der
Osiri
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zeigte ungefähr nach Nordost, und bei etwas Glück würden sie die höchste Bergkette an der Südspitze von Korfu noch vor Einbruch der Dunkelheit in Sicht bekommen. Die
Buzzar
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war vor dem Sturm davongesegelt. Javal würde sich also beeilen, wieder zum Geschwader zu stoßen, und konnte sogar schon an diesem Tag auftauchen; er mußte jedoch von Süden kommen, nicht von Nordwesten wie dieses unbekannte Schiff.
    »Wie gefällt es Ihnen im Midshipmanslogis der
Osiri
s
?« fragte Bolitho.
    Der Junge sah an ihm vorbei auf den hohen Umriß der
Nicator,
die achtern etwa drei Kabellängen entfernt segelte. »N… nicht besonders, Sir. Man behandelt mich ja soweit ganz anständig, aber…«
    Bolitho nickte nachdenklich. Ebenso wie die Leutnants kamen auch die meisten Midshipmen der
Osiri
s

aus guten Familien. Es war deutlich zu merken, daß sich Farquhar Offiziere wie Kadetten

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