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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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der See gedämpft, wie das Dröhnen der Brandung in einer tiefen Grotte.
    Die Hände auf dem Rücken zusammengepreßt, den Kopf unter den niedrigen Decksbalken gesenkt, hörte Bolitho zu, wie Mears, noch etwas außer Atem, seine Geschichte erzählte.
    »Wir ruderten wie geplant zum Landarm der Bucht, Sir. Dann trennten wir uns. Ich dirigierte mein Boot zur Seeseite des Schoners, und Mr. Booth fuhr mit seinem unter dessen Bugspriet durch zur anderen Seite. Zweifellos hat der Kapitän schlechteres Wetter erwartet und ist deshalb zur Nacht vor Anker gegangen. Unsere Befürchtung, daß er die
Buzzar
d

gesichtet hatte, war unbegründet.
    »Und die Jolle?« fragte Bolitho.
    Mears rieb sich die Augen. »Ihr Leutnant hatte Befehl, zur Westseite des Landvorsprungs pullen zu lassen und dort an Land zu gehen. Falls die Dons von Land Hilfe herbeigerufen hätten, sollte Mr. Pascoe sie aufhalten.«
    »Sie haben verdammt lange gebraucht, Toby«, fuhr Javal dazwischen.
    Lässig hob der Leutnant die Schultern. »Die erste Phase klappte gut. Der Schoner hatte bloß eine Ankerwache, und ehe die auch nur rufen konnte, waren wir schon an Bord. Keine Enternetze, kein Drehgeschütz – die sind vor Schreck fast krepiert.« Er hielt inne; jetzt erst wurde er die Spannung im Raum gewahr. »Wir warteten, daß die Jolle um die Landspitze biegen und wieder zu uns stoßen würde. Aber sie kam nicht, und ich schickte Mr. Booth mit dem Kutter auf Suche.« Hilf los breitete er die Arme aus. »Da es bald hell werden mußte und jede Minute das Risiko erhöhte, wollte ich Ihnen nicht eher signalisieren, als bis ich wußte, was mit dem Landungskommando geschehen war.«
    Javal nickte grimmig. »Ganz richtig, Mr. Mears. Mancher hätte die paar Leute gleich im Stich gelassen, um die Hauptabteilung in Sicherheit zu bringen.«
    »Und was hat Ihr Kutterbesatzung vorgefunden, Mr. Mears?«
    fragte Bolitho.
    »Es hatte geregnet, Sir.« Mears blickte aus den mit Salzstreifen und Sprühwasser bedeckten Heckfenstern. »Wie jetzt. Booth fand die auf Strand gezogene Jolle; ihr Rumpf war eingeschlagen, und einige tote Matrosen lagen daneben. Einer lag etwas weiter entfernt in den Dünen. Alle waren mit Säbeln niedergehauen worden, Sir.« Er suchte unter seinem Uniformrock. »Das hier hat Mr. Booth gefunden. Ich verstehe es nicht. Das ist doch bestimmt ein Admiralsdegen…«
    Er brach ab, denn Bolitho riß ihm den glitzernden Griff aus den Fingern und hielt ihn beim Fenster ins Licht. Die Klinge war auf halber Länge zerbrochen wie ein dürrer Ast. Wieder sah er die Szene vor sich, als wäre es gestern geschehen: Vizeadmiral Sir Lucius Broughton, der auf dem zerschossenen Achterdeck seines Flaggschiffes stand, überreichte dem erstaunten Adam Pascoe seinen kunstvoll gearbeiteten Degen und knurrte dazu: »So ein verdammter Midshipman, der mit dem Dolch gegen ein Bajonett angeht, hat ein Recht darauf. Und außerdem – ein Leutnant muß schließlich anständig aussehen – eh?« »Er hat auch mal einem Admiral gehört«, sagte Bolitho, und seine Stimme klang ihm selbst fremd. »Es ist Mr. Pascoes Degen.« Er betastete die dunkle Stelle am Griff: Blut und Sand. »Freiwillig hat er sich nicht davon getrennt.«
    Alle starrten ihn an. Schließlich sagte Mears: »Mr. Booth hat gesucht, solange er konnte, Sir. Es gab Hufspuren am Strand, die landeinwärts führten. Mr. Booths kleine Abteilung konnte jeden Moment angegriffen werden, und ich hatte ihm ausdrücklich befohlen, sofort zurückzukommen, wenn…«
    »Er hat den Leutnant
nirgends

gefunden?«
    Mears schüttelte den Kopf. »Nirgends, Sir. Und Ihren Bootssteurer auch nicht.«
    »Natürlich.« Bolitho starrte aus dem salzverkrusteten Fenster.
    »Allday hätte ihn auch nicht allein gelassen«, murmelte er.
    »Sir?«
    Er wandte sich zu ihnen um. »Und der Schoner?«
    Mears nahm sich zusammen. »Sie hatten recht, Sir. Bis zum Schandeck voll Pulver und Munition. Und –«, er blickte bedeutsam in Javals grimmiges Gesicht –, »dazu zwei der besten Kanonen, die mir je vor Augen gekommen sind. Belagerungsgeschütze, wenn ich nur ein bißchen was davon verstehe, und frisch eingeschossen.«
    »Aha.« Bolitho versuchte, sich darauf zu konzentrieren, was dieser Schoner zu bedeuten hatte. Aber es gelang ihm nicht. Adam war weg. Und Allday auch. Sie lagen vermutlich irgendwo im Sterben. Oder hofften auf Rettung, die nie kommen würde.
    Mears fuhr fort: »Leider wurde der Kapitän des Schoners getötet, als er über Bord springen

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