Eine letzte Breitseite
für mich!« Langsam schritt Herrick über die Laufbrücke. Er konnte die Augen nicht von dem näherkommenden Boot abwenden. Das war eine knappe Sache gewesen, denn beinahe hätte er sich nicht entsche iden können. Vielleicht hatte Grubb mit seinem Wunder doch recht. Er sah sich auf dem Achterdeck nach Veitch um. »Klar bei Fallreep zum Empfang des Kommodore!«
Dann kletterte Bolitho durch die Pforte. Sein Gesicht war geschwärzt von fettigem Pulverqualm, aber er lächelte auf die alte Weise, die Herrick schon beinahe vergessen hatte. »Das war Maßarbeit, Thomas«, sagte er.
»Beinahe hätte ich mich an Ihren Befehl gehalten, Sir«, erwiderte Herrick und grinste unsicher. »Aber dann überlegte ich, was Sie an meiner Stelle getan hätten.«
Bolitho warf den Kopf zurück und atmete tief. Es war tatsächlich knapp gewesen. Leroux hatte drei glühende Kugeln in die andere Batterie gefeuert, und er hatte schon gedacht, der Feind würde sich ergeben. Doch ein schlanker, fanatischer Offizier hatte sie zum Widerstand angefeuert, der Kommandeur des Lagers, wie Allday sagte. Der Spanier hatte auch erreicht, daß auf See gezielt weitergefeuert wurde, und mindestens zwei Kugeln, vielleicht auch mehr, hatten die
Lysande
r
getroffen.
Und dann, als das Schiff schon hatte halsen wollen, um dem gnadenlosen Artilleriebeschuß zu entge hen, hatte eine von Leroux’ glühenden Kugeln den Pulvervorrat der Batterie getroffen, und damit war es vorbei. Bolitho hatte selbst gesehen, wie der spanische Hauptmann, den Säbel noch hoch überm Kopf erhoben, von der Explosion in Stücke gerissen wurde.
Er wandte sich um: Pascoe hinkte unter Hurrarufen und Gelächter durch die Fallreepspforte, ein paar Kanoniere drängten sich um ihn, schlugen ihm auf die Schultern und deuteten grinsend auf sein weinverschmiertes Gesicht.
Herrick schüttelte den Kopf. »Und ich war schon im Zweifel, ob wir es schaffen würden, Sir.«
Bolitho sah ihn ernst an. »Mit solchen Männern kann man ziemlich alles schaffen, Thomas.«
Allday kam heran; vorsichtig mieden seine nackten, schmerzenden Füße Ringbolzen und Geschützzüge. Bolitho schnallte seinen blutverschmierten Degen ab und reichte ihn ihm. »Hier, Allday; ich komme gleich nach unten.«
»Aye, Sir.«
»Und ich würde es übelnehmen, falls meine Weinkaraffe noch voll ist, wenn ich nachsehen komme.« Voller Zuneigung blickte er Allday in die Augen. »Gott sei Dank, daß Sie in Sicherheit sind.« Herrick wartete, bis Allday im Kajütenniedergang verschwunden war, und sagte dann: »Es ist das erste Mal, seit ich mich erinnern kann, daß es ihm die Antwort verschlagen hat, Sir.«
Bolitho sah zu, wie die Marine-Infanteristen durch die Pforte kletterten, soweit sie nicht hinaufgetragen werden mußten – manche benommen, manche unter Schmerzen, manche nur einfach froh, daß sie noch am Leben und heil waren. Auch seine eigene Euphorie schwand bei der Vorstellung, was Pascoe und Allday durchgemacht haben mußten.
Er riß sich aus seinen Gedanken. »Also, Captain Herrick, dann nehmen Sie die Boote wieder an Bord und signalisieren Sie unserer Prise, daß sie Anker lichten und in Lee von uns segeln soll.« Er schlug ihm leicht auf die Schulter, und sein Lächeln kam wieder.
»Wir stoßen so schnell wie möglich zum Geschwader.«
Wortlos wartete Bolitho, bis Herrick mit dem Studium der Karte fertig war. Durch das Heckfenster sah er den gekaperten Transporter schwer im Kielwasser der
Lysande
r
rollen und überdachte zum hundertsten Male seine Entscheidung, ihn nicht als weitere Prise nach Gibraltar zu schicken.
Herrick richtete sich auf und sah ihn an. »Ich bin Ihrer Ansicht, Sir. Nach unseren Berechnungen halten wir Kurs auf die Straße zwischen dem spanischen Festland und der Insel Ibiza. Wie mir Mr. Grubb versichert, liegt Kap San Antonio etwa fünfundzwanzig Meilen an Backbord.«
Bolitho beugte sich über die Karte und studierte die Wassertiefen und Landmarken längs der spanischen Küste. Zwei Tage war es her, daß Herrick in die Bucht gesegelt war, um die Landeabteilung herauszuholen; dann hatte er Inchs
Harebel
l
losgejagt, um die entkommene Brigg zu verfolgen. Doch entweder war die Brigg schneller, als sie ausgesehen hatte, oder Inch hatte die falsche Richtung eingeschlagen. Letzteres hielt er für wahrscheinlicher.
Unvermittelt sagte Herrick: »Ich begreife nicht, warum wir noch nicht auf das Geschwader gestoßen sind, Sir.« Unbewegt fuhr er nach einer Pause fort: »Captain Farquhar weiß
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