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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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dem eben geführten Gespräch nachhing.
    Scharf fuhr Gilchrist dazwischen: »Die kommen nicht so nahe heran, Sir. Ich glaube eher, sie wollen uns mit Kettenkugeln oder Kartätschen manövrierunfähig schießen und uns dann in aller Ruhe das Heck demolieren.«
    »Signal an
Harebell
:

›Wir ändern Kurs nach Südost‹!« befahl Bolitho.
    »Ob das klug ist?« fragte Herrick heiser. »Wir haben nur knapp drei Meilen Distanz. Wenn wir auf Kurs bleiben, können wir sie vielleicht ausmanövrieren. Der Wind steht für uns so günstig, daß die Frogs Stunden brauchen, ehe sie wenden und hinter uns herkommen können.«
    Bolitho nahm ihm das Glas aus der Hand und stellte es auf die beiden Schiffe ein. Weit auseinander segelnd, hielten sie auf den Steuerbordbug der
Lysande
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zu. Dabei hatten sie große Mühe, die notwendige Höhe herauszusegeln; wenn sie nur noch ein bißchen höher an den Wind gingen, mußten sie sich festsegeln. Drei Me ilen? Aber Herrick war schon immer gut im Entfernung schätzen gewesen. Der Bug der
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sande
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würde fast rechtwinklig auf den Bug des vordersten Zweideckers stoßen, und danach konnte der zweite Franzose so handeln, wie er es für zweckmäßig hielt: entweder nach Backbord abdrehen und eine Breitseite feuern, während die
Lysander

sich aus der ersten Feindberührung zu lösen versuchte; oder wenden und ihr ungeschütztes Heck kreuzen und beharken, während sie noch im Gefecht waren.
    Herricks Vorschlag hätte der
Lysande
r

und der Prise eine ausgezeichnete Chance geboten, den Kampf zu vermeiden. Er bedeutete aber auch Flucht, die sich durchaus zu einer langen Verfolgungsjagd entwickeln konnte, in deren Verlauf sie vielleicht einem weiteren Feind in die Arme getrieben wurden. Dieser verdammte Farquhar! Wenn der Gegner es mit drei Schiffen zu tun bekommen hätte, hätte er sehr rasch seine Taktik ändern müssen.
    Bolitho schritt weiter nach achtern und prüfte unter Grubbs forschendem Blick den Kompaß: Kurs Nordost zu Nord lag an, und der freundliche Westwind kam stetig von achtern. Bolitho sah in Grubbs zerklüftetes Gesicht. »Na – hält er sich?«
    Grubb rieb sich die wässerigen Augen. »Der Wind, Sir? Aye. Aber ihrer da –«, er deutete mit dem Kopf zur nächsten Geschützmannschaft und zum Oberdeck –, »bin ich mir nicht so sicher.«
    Gilchrist, der eben vorbeischritt, blieb auf der anderen Seite des Ruders stehen und sagte empört: »Aber hören Sie mal, Mr. Grubb!
    Wenn wir schon vor dem Gefecht zu jammern anfangen, sind wir gleich verloren!«
    Grubb sah ihn stur an. »Sie kämpften mit diesem Schiff bei St. Vincent, Sir. Wie ich und andere.«
    »Jawohl.« Gilchrist hatte so eine gewisse Art, zu Grubb zu sprechen, doch seine Worte in Wirklichkeit an Bolitho zu richten. »Und ich bin stolz darauf.«
    Grubb zuckte die Achseln. »Das war eine ausgebildete Mannschaft. Käpt’n Dykes hatte sein Schiff erstklassig in Schuß.« Er wandte sich an Bolitho.
»Si
e

wissen es ja, Sir. «Er sah Gilchrist nicht direkt an. »Besser als jeder andere, soweit ich unterrichtet bin.«
    Sehr nachdenklich schritt Bolitho wieder nach vorn zur Reling.
    »Haben
Harebel
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und
Segur
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bestätigt?«
    Mit hüpfenden Schritten stelzte Gilchrist hinter ihm her. »Aye, Sir.«
    »Dann melden Sie mir das gefälligst! Ich bin kein Hellseher, verdammt!« Er zwang sich zur Ruhe. »Führen Sie das Manöver aus!
    Mr. Grubb, klar zur Halse!«
    Männer eilten an die Brassen, die Stiefel der Seesoldaten knallten im perfekten Gleichschritt auf die Planken, während sie die Besanrahen verholten; die Segel schlugen sekundenlang leer, füllten sich dann wieder, und das Schiff legte sich auf den anderen Bug.
    Bolitho hob das Glas und glich mit gespreizten Beinen die Schräglage aus. Er hörte das Befehlsgebrüll nicht mehr, nicht das Donnern der Segel hoch oben, sondern konzentrierte sich auf die kleine stille Welt der Teleskoplinse. Ein Schatten glitt über die Vorsegel des vordersten Schiffes, es schöpfte neue Kraft, indem es leicht abfiel und den Wind jetzt besser ausnutzen konnte.
    »Kurs Südost liegt an, Sir!«
    »Mr. Luce«, rief Gilchrist scharf, »was ist mit den anderen?«
    Luces Antwort kam ebenso scharf; er spürte die Spannung zwischen seinen Vorgesetzten.
»Harebell

und Prise auf Stationen, Sir!« Bolitho schob nachdenklich die Lippen vor und beobachtete die beiden feindlichen Schiffe. Sie wurden mit jeder Minute größer, er konnte die bunten Trikoloren in den Toppen erkennen, die blitzenden

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