Eine Liebe in Den Highlands: Roman
Bauch
verschränkt.
Wie peinlich, dachte sie, einfach einzuschlafen! Das
ist noch schlimmer, als hätte ich ihn vernascht. Das wäre zumindest eine aktive
Geste gewesen. Einzuschlafen ist wie ohnmächtig werden, absolut passiv. Sie
spürte seinen Atem in ihrem Haar. Die meisten Nadeln waren herausgefallen,
sodass ihre Frisur sich in ziemlicher Auflösung befand. Sie versuchte, sich
aufrecht hinzusetzen, und seine Umklammerung wurde fester.
»Nein, bewegen Sie sich nicht. Es ist sehr bequem so.«
»Das kann es nicht sein. Ihnen müssen doch langsam
Arme und Beine eingeschlafen sein.«
»Das ist meine Entscheidung.«
Es wäre würdelos gewesen, sich gegen ihn zu wehren,
daher blieb sie, wo er war, und ließ zu, dass sein Körper mit ihrem verschmolz.
Sie waren beide voll bekleidet - oder zumindest er war es, denn ihr Kleid war
mehr oder weniger eine bloße Formalität -, aber sie fühlte sich Ross dennoch
näher und auf eine intimere Weise verbunden als je zuvor Henry.
»Henry ist also Ihr Verlobter?«
»Oh nein! Wir sind nicht verlobt. Und er ist bloß
vorübergehend hier in Schottland.«
»Das ist sicher nur eine Frage der Zeit.«
Es war eine Erleichterung, Ross wieder hassen zu
können. »Warum nehmen Sie an, dass es das ist, was ich will? Nicht jede Frau
träumt davon, in weißem Musselin einen Kirchengang hinunterzuschweben.«
»Hm, ich finde, das sollten Sie ihm sagen. Er konnte
während des Abendessens kaum den Blick von Ihnen abwenden.«
Sie wollte ihm gerade erklären, dass Henrys beständige
Blicke weder von Liebe noch von Bewunderung gezeugt hatten, sondern der Sorge
entsprungen waren, sie könne aus ihrem Kleid herausplatzen oder sich auf andere
Weise daneben benehmen. Aus irgendeinem Grund war Henry erregt gewesen. Jenny
hatte es gespürt, wusste aber nicht, warum.
»Ich glaube nicht, dass er allzu verliebt in mich ist.
Wir sind immerhin so lange hier drin gewesen, dass ich ein Nickerchen machen
konnte.« Trotz allem, was geschehen war, stieg ein Kichern in ihr auf.
»Technisch gesehen, habe ich mit einem anderen Mann geschlafen.«
»Ich glaube nicht, dass es als Treuebruch gelten kann,
wenn man zu der betreffenden Zeit nicht bei Bewusstsein war.«
»Na, dann bin ich ja beruhigt.« Jenny zappelte ein
wenig, und Ross löste seinen Griff. »Ich könnte mir vorstellen, dass es für
Anna langsam zu kalt wird. Ich sehe lieber mal nach, ob ich etwas zum Zudecken
für sie finde.«
»Ihre Strickjacke vielleicht?«
»Dann würde ich frieren - ganz zu schweigen davon, wie
unanständig ich dann aussehen würde.«
»Also meine Jacke.« Er stand auf, zog sie aus und
legte sie sachte über das schlafende Baby. »Bitte sehr, Kleine. Damit dürftest
du es schön warm haben.«
»Was ist mit Ihnen?«
»Ich habe eine Idee, die möglicherweise funktionieren
könnte.« Er setzte sich wieder hin, schob sich hinter Jenny und hielt sie von
hinten fest an sich gedrückt. »Treffer. Jetzt friere ich überhaupt nicht.«
Seine Jacke war sehr weich und warm gewesen, als sie
sich dagegen gelehnt hatte. Sein Körper fühlte sich durch das Hemd viel fester
an, aber sogar noch wärmer. Sein Hemd war aus einem sehr feinen Batist. Er
trägt wunderbare Stoffe, dachte sie, während sie jeden Instinkt niederkämpfte,
sich umzudrehen und das Gesicht an seine Brust zu drücken oder einfach in
seinen Armen zu bleiben. Irgendwie gelang es ihr, sich von ihm zu lösen.
»Und wenn jemand reinkommt? Das könnte jeden
Augenblick passieren.«
»Dann sage ich einfach, Sie bewahren mich vor
Unterkühlung. Außerdem, was wäre schon groß dabei, wenn Sie nicht an Henry gebunden
sind? Geküsst haben wir uns ja schon. Und wir haben zusammen in einem Pub eine
Drink genommen.«
»Ich leide nicht an Alzheimer; ich erinnere mich nur
zu gut.«
»Könnten wir nicht noch einmal ausgehen? Oder müssen
Sie erst Henry loswerden?«
Sie drehte sich zu ihm um und fand sich abermals an
sein Hemd gedrückt. Die Wärme seines Körpers und der schwache Duft seines
Rasierwassers waren berauschender als es jede erdenkliche Menge Alkohol hätte
sein können, aber ihr Kopf kämpfte gegen ihr Herz und ihren Körper und trug den
Sieg davon.
»Ich denke, Sie vergessen, dass Sie der Mann sind, in
dessen Händen ein Projekt liegt, das mir ungeheuer wichtig ist. Ich glaube
nicht, dass es passend wäre, mit Ihnen ›auszugehen‹!«
»Es könnte sogar sehr passend sein. Es könnte mir helfen,
eine Entscheidung zu treffen, in die eine oder die andere
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