Eine Liebe in Den Highlands: Roman
endgültig nicht länger geschafft, wach zu bleiben, und Jenny
hatte die Oase der Ruhe genossen, die sie um sich herum geschaffen hatte,
inmitten des Lärms von Menschen, die sich bestens amüsierten.
»Ich habe Sie gar nicht weggehen sehen.« Er zog sich
einen Stuhl vom Tisch heran und setzte sich ihr gegenüber hin. »Sie müssen müde
sein, nachdem Sie das Ganze hier organisiert haben.«
»Ein bisschen, ja.« Tatsächlich hatte sie das Gefühl,
als könnte sie eine Ewigkeit schlafen, falls ihre Gedanken und Sorgen es zugelassen
hätten, doch da Ross für beides verantwortlich war, wusste sie nicht recht, ob
er, was das Thema anging, der richtige Ansprechpartner für sie war.
»Und Sie sind gerade erst aus London zurückgekommen.«
War das eine Feststellung oder eine Frage? »Ja.«
»Ich spüre, dass ich Sie nervös mache. Würde es
helfen, wenn ich verspreche, nicht von der Fabrik zu sprechen?«
»Ich weiß nicht. Das kommt darauf an, was Sie nicht
sagen werden.«
Er seufzte. »Ich versuche, eine schwierige Situation
leichter zu machen.«
»Das tun Sie sicher, aber ich glaube nicht, dass das
möglich ist.«
Er holte Luft und bezähmte mit sichtlicher Mühe seine
Verärgerung. »Es ist durchaus möglich. Wir können einfach so weitermachen, als
wäre …«
»Als wären Sie nicht drauf und dran, all meine
Bemühungen zunichte zu machen und die der Menschen in der Fabrik, die alles
daransetzen, sie zu retten?«
»Bitte greifen Sie mir nicht vor. Es sei denn
natürlich, Sie wüssten, dass Sie nichts Positives zu berichten haben.«
»Nein! Das habe ich nie behauptet!«
»Gehen Sie doch nicht gleich in die Defensive. Sehen
Sie, jetzt haben Sie das Baby aufgeweckt.« Er nahm ihr Anna ab, wobei er geschickt
eine Hand unter ihren Kopf legte und die andere unter ihr kleines Hinterteil.
»Sie heißt Anna«, erklärte sie ihm schroff.
»Anna«, murmelte er sanft.
Jenny verspürte einen leichten Stich, der eine
beunruhigende Ähnlichkeit mit Eifersucht hatte. Die Ursache war die Erkenntnis,
dass sie sich in Wackelpudding verwandeln würde, wenn er ihren Namen in
demselben Tonfall geflüstert hätte.
»Sie scheinen ja genau zu wissen, wie man ein Baby
halten muss«, stellte sie widerwillig fest.
»Ach ja? Meines Wissens nach ist das das erste Mal,
dass ich ein Baby im Arm halte.«
»Wirklich? Sie machen das sehr gut!«
»Ich bin froh, dass ich irgendetwas kann, das Sie mir
positiv anrechnen.«
Sie hievte sich hoch. »Möchten Sie ein Glas Portwein
oder irgendetwas anderes? Ich denke, es steht noch eine Flasche auf dem Tisch,
mitten in den Zigarettenstummeln und den Orangenschalen.«
»Nein, danke. Ich muss später noch fahren. Aber ich würde
Ihnen empfehlen, welchen zu trinken. Das wird Ihnen gut tun.«
Sie drehte sich um, um ihn anzusehen, und hätte um ein
Haar gelächelt. »Sie meinen, der Portwein würde vielleicht meine schlechte
Laune etwas bessern?«
Er zog die Augenbrauen hoch. »Das ist eine sehr
unfaire Frage. Was immer ich antworte, es wird das Falsche sein.«
»Ich weiß. Es tut mir leid, dass ich so schwierig bin.
Ich brauche Ihnen sicher nicht zu erklären, warum.«
»Nein.«
Sie suchte sich ein sauberes Weinglas und füllte es
mit Portwein. Plötzlich war ihr seltsam verwegen zu Mute, als wäre sie mit
einem Mal zu müde, um sich zu verstellen. Es war ein wenig erschreckend. Was,
wenn sie Ross gestand, dass sie ihn für einen absoluten Bastard hielt und ihn
anschließend auf dem persischen Teppich vernaschte? Sie nahm einen kleinen
Schluck von ihrem Drink und beschloss, ihn als eine Art Tranquilizer zu
betrachten, sich von seinem schweren Aroma beruhigen zu lassen, damit er sowohl
ihre Wut als auch ihr Verlangen auslöschte.
Sie setzte sich Ross gegenüber auf den Boden und sah
zu, wie er Anna in den Armen wiegte. Sie ist ein ausgezeichnetes Verhütungsmittel,
dachte Jenny. In ihrer Anwesenheit werde ich nichts Schändliches tun.
Sie war überwältigend müde. Ihr Kopf fiel ein paar Mal
nach hinten, als sie einnickte. Das Nächste, was sie nach einer Zeit, die ihr
ziemlich lange erschien, bewusst mitbekam, waren Ross' Arme, die sie umfasst
hielten, und ihr Kopf an seiner Brust, als sie wieder aufwachte.
Sie öffnete die Augen und begriff nach und nach, wie
es dazu gekommen war, dass sie in Ross' Armen eingeschlafen war. Anna lag auf
dem Rücken auf dem fadenscheinigen, antiken Kissen. Ross hatte beide Arme um
sie geschlungen und stützte sie von hinten; die Hände hatte er auf ihrem
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