Eine Liebe in Den Highlands: Roman
Kunden die
einzelnen Missstände darzulegen, nachdem sie jetzt die Familie kennen gelernt
hatte. Bilanzen und Zahlen waren schön und gut, aber wenn Menschen ins Spiel
kamen, sah die Sache anders aus. Nachdem sie selbst erst kürzlich wie eine Art
Ersatzteil behandelt worden war, wusste sie, dass es ihr schwer fallen würde,
so viel Distanz zu wahren. Andererseits würde sie nicht einfach Henry Recht
geben und vor dieser Herausforderung die Flucht ergreifen.
Nun, hier befand sie sich in sicherer Entfernung von
Henry und seinen Ansichten zu ihrem Charakter. Also atmete sie tief durch und
lächelte. »Ich denke, dass sich das neue System als sehr nützlich erweisen
wird.« Sie versuchte, sich einen optimistischen, positiven Anstrich zu geben,
obwohl sie sehr wohl wusste, dass ihr Kunde so oder so drauf und dran war, den
Hahn zuzudrehen. Sie spürte, dass er Dalmain Mills untergehen sehen wollte,
damit er entweder mit dem Betrieb oder dem Geld oder beidem irgendetwas anderes
anfangen konnte. Eine Ahnung sagte ihr, dass es bei diesem besonderen Fall um
mehr ging als nur um Gewinn.
Lady Dalmain, die für ein paar Augenblicke nicht im
Zentrum der Aufmerksamkeit gestanden hatte, eroberte sich diesen Platz zurück.
»Philip, mein Junge, könntest du wohl mal nachschauen, was Felicity so lange in
der Küche treibt? Und bitte sie doch, darauf Acht zu geben, dass das Gemüse
richtig gegart ist. Neulich waren die Karotten fast noch roh.« Sie wandte ihren
kritischen Blick Lachlan zu. »Nun, Mr. McGregor, und welchen Beruf üben Sie
aus?«
Lachlan holte tief Luft. Jenny spürte eine Art
Seelenverwandtschaft mit ihm. Sie waren allein mit der Gorgo, und jeder von
ihnen konnte im nächsten Augenblick von ihrem schrecklichen Blick versteinert
werden.
»Ich bin ein fahrender Kamelidenscherer.«
Jenny verschluckte sich an ihrem Whisky und wandte
ihre Aufmerksamkeit dann einem Arrangement toter Vögel zu, die sie aus ihrem
Glaskäfig heraus knopfäugig anstarrten.
»Wie bitte?«, fragte Lady Dalmain keine Spur bittend
nach.
»Ich fahre im Land umher, hauptsächlich allerdings im
Norden und in Schottland, und schere Lamas, Alpakas und ähnliche Tiere.«
Lady Dalmain dachte darüber nach, versteifte sich und
nahm eine unerhört majestätische Haltung an. »Sie wollen sagen, Sie sind ein
Schafscherer?« Es klang noch weniger erstrebenswert, als hätte sie »Hurenbock«
gesagt.
»Nein«, erwiderte Lachlan bedächtig. »Ich schere
andere Tiere, keine Schafe.« Er hielt Lady Dalmains Blick stand, und Jenny
stellte erleichtert fest, dass sie ihn dafür zu respektieren schien; er mochte
jemand sein, der sich mit seiner Hände Arbeit sein Geld verdiente und der
deswegen völlig indiskutabel war, aber er war wenigstens kein Feigling.
Jenny merkte, dass sie ihr Glas schon wieder leer
getrunken hatte; seit sie angekommen war, hatte sie mehr reinen Whisky zu sich
genommen als im ganzen Jahr zuvor. Henry würde entsetzt sein. Wenn sie schon
zum Trinken verleitet wurde, bevor sie auch nur eine Nacht hier verbracht
hatte, in welchem Zustand würde sie sich dann befinden, wenn ihre Arbeit getan
war? Sie beschloss, total abstinent zu werden, bevor ihre Leber sie dazu zwang.
»Lady Dalmain, würden Sie mir erklären, über welches
Thema Sie schreiben?« Jenny hatte das Gefühl, dass es nun an ihr war, das
tödliche Schweigen zu beenden.
»Das ist wirklich ziemlich komplex, Miss Porter. Ich
möchte bezweifeln, ob es Sie wirklich interessieren würde.«
»Ich habe an der Universität Geschichte gehört; also
bin ich vielleicht in der Lage, es zu verstehen«, erwiderte sie gleichmütig.
»So? An einer richtigen Universität? Oder an einer
dieser aufgeblasenen Fachhochschulen?«
»An einer richtigen Universität.« Sie hätte am
liebsten Oxford oder Cambridge hinzugefügt, aber sie fürchtete, bei diesem
Schwindel ertappt zu werden. »Wollen Sie mir also etwas über Ihr Buch erzählen?
Es würde mich brennend interessieren.« Oh Gott, der Whisky tat bereits seine
Wirkung.
Aber bevor sie sich weiter mit dem Gegenstand ihres
besonderen Interesses beschäftigen konnte, kamen Felicity und Philip herein.
»Es ist angerichtet«, meinte Felicity. Sie wirkte
erhitzt, das Haar hing ihr in Strähnen ins Gesicht, und ihre Nase glänzte. Sie
warf Lachlan einen ängstlichen Blick zu, um sich zu vergewissern, dass er nicht
in ein Schwein verwandelt worden war oder andere körperliche Anzeichen des
Grolls ihrer Mutter zurückbehalten hatte. Jenny freute
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