Eine Liebe wie Magie
edler Tropfen, der bernsteinfarben in den geschliffenen Kristallkelchen leuchtete. So war es immer bei Tony; nur das Beste für ihn, was Kleidung, Brandy und jetzt natürlich auch die Frau betraf.
Ein Gedanke durchfuhr Noah. Um sich einen Lebensstil leisten zu können, den er für einen Vicomte als angemessen erachtete, war Tony ständig hoch verschuldet. Doch die Kleidung, die Tony heute trug, war nicht nur neu, sondern sogar noch etwas teurer als seine übliche Wahl. Und abends bei White’s hatte Tony noch waghalsiger gewettet, als er es normalerweise tat. Die Dame mußte also mit einer beträchtlichen Mitgift ausgestattet sein.
»Eine Erbin?« brachte Noah seine Gedanken zum Ausdruck. »Kann man wohl sagen«, meinte Tony und lächelte stolz. »Und das Beste daran ist, daß ihr Vater zur Zeit im Ausland weilt und nicht zurück sein kann, bevor seine Tochter unser erstes Kind tragen wird, den zukünftigen Erben des Hauses Keighley. Dies sollte ausreichen, um jeden Einwand, den er gegen unsere Verbindung hegen könnte, zu zerstreuen.«
»Und Lady Musterbeispiel ist mit alledem einverstanden?« Tony nickte zweimal, bevor er noch einen weiteren Schluck Brandy nahm. »Tatsächlich war sie es, die mich in genau diesem Punkt ermutigt hatte. Wie es aussieht, wacht ihre Mutter mit strenger Hand über sie. Sie sucht ihre Freiheit, eine Fluchtmöglichkeit, und ritterlich, wie ich nun einmal bin, bin ich nur zu gerne gewillt, ihr das zu ermöglichen.«
»Sie sichert sich die Freiheit von einer dominierenden Mama und gibt als Gegenleistung das Vermögen ihres Vaters und ihre Jungfräulichkeit. Ah, diese Verbindung wurde wirklich im Himmel geschlossen.«
Tony sah Noah an und sagte mit gedämpfter Stimme: »Ungeachtet dessen, was du von ihr hältst, ich liebe sie, Noah. Und sie liebt mich. Ich kann deine fortgesetzten Vorbehalte ihr gegenüber nicht verstehen. Sie ist unbefleckt, ihre Reputation als Dame steht außer Frage. Sie ist adelig und wird daher für mich eine ideale Vicomtesse abgeben. Ich weiß, es wird dir schwerfallen zu verstehen, aber nicht alle Frauen sind so wie Lady Julia Grey.«
Bei der Erwähnung dieses Namens warf Noah Tony einen Blick zu, der ihm augenblicklich bewußt werden ließ, daß er sich auf ein Gebiet vorgewagt hatte, das er schleunigst wieder verlassen sollte. Und das tat er auch klugerweise und versuchte statt dessen eine andere Verteidigungstaktik. »Außerdem, was ist mit deinem Bruder?«
»Was hat das mit Robert zu tun?«
»Er hat eine gute Partie gemacht und betet seine Frau unverhohlen an.«
»Ja, aber Catriona ist anders. Sie ist nicht in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der die erste Lektion darin besteht, einen Mann nach dem Prestige seines Titels oder nach der Größe seiner Brieftasche einzuordnen. Man vergleicht die Angebote und entscheidet sich dann für das Profitabelste oder Vorteilhafteste. Catriona hingegen liebte Robert, selbst als alle anderen nur das Schlechteste von ihm dachten.«
»Bei meiner Lady ist es nicht anders. Du kannst mir glauben, daß sie sich bei der Position ihres Vaters durchaus etwas weitaus Besseres hätte zulegen können als einen Vicomte, der zur Verschwendung neigt.«
Und wieso tat sie es dann nicht? dachte Noah, doch er entschloß sich, diese Anmerkung für sich zu behalten, und gab schließlich seine zum Scheitern verurteilten Versuche auf, den Charakter dieser Dame in ein schlechtes Licht zu setzen. Es würde nichts helfen. Wenn überhaupt, würde Tony dadurch nur noch entschlossener, sie zu heiraten, denn er war nur zu offensichtlich und ganz und gar verhext von diesem Mädchen. »Und was ist mit Sarah? Was sagt sie dazu?«
Tony wandte schnell den Blick ab und fixierte nun das Feuer. Schließlich murmelte er: »Ich habe ihr noch nichts gesagt.« Das machte Noah Mut. »Tony, sie ist deine Schwester, deine einzige lebende Verwandte. Solltest du sie nicht wenigstens warnen, daß es in dem Haus, das sie seit dem Tod eurer Eltern geleitet hat, bald eine neue Herrin geben wird?«
Das Grinsen war nun endgültig verschwunden, und Tonys Blick verfinsterte sich schuldbewußt. »Du hast natürlich recht«, gab er zu. »Ich sollte es Sarah sagen. Ich weiß, daß ich es tun sollte. Und ich werde es tun. Ich verspreche dir, sobald ich verheiratet bin, werde ich ihr einen Brief schreiben, so daß sie ausreichend Zeit haben wird, sich und Keighley Cross auf unsere Ankunft vorzubereiten.«
Noah schüttelte enttäuscht den Kopf. »Sie verdient es, etwas
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