Eine Liebe wie Magie
Glas. »Ah! Für dich, mein Freund, ist sie vielleicht eine Fremde, aber mit Sicherheit nicht für mich. Vertrau mir, ich habe das Gefühl, als würde ich sie schon ein Leben lang kennen.« Guter Gott! dachte Noah, als er sich erinnerte, daß er selbst mit fast den gleichen Worten seinem Bruder Robert geantwortet hatte. Was hatte es nur mit den Frauen auf sich, daß sie es schafften, den gesunden Menschenverstand eines Mannes in Gelee zu verwandeln?
»Und seit wann kennst du sie, Tony — ich meine, richtig?«
»Sie ist ein zu vages Wort für diese Vision, für dieses alles überragende Musterbeispiel der Weiblichkeit.« Tony steigerte sich in platte Poesie: »Sie ist eine Göttin, wie sie noch nie ein sterblich’ Aug’ erblickt, ein wahrer Engel, vom Himmel geschickt.«
Noah mußte schwer mit den Worten kämpfen, die ihm auf der Zunge lagen, Worte, die unter anderem seinen Freund als Vollidioten bezeichnet hätten. »Seit wann, Tony?«
Tony blinzelte ihn an, scheinbar unwillig zu antworten, bevor er schließlich zugab: »Seit einem Monat.«
Noah schaffte es, sein Aufstöhnen mit einem weiteren Schluck Brandy hinunterzuschlucken. Einen Monat mit klimpernden Wimpern und verstohlenen Augenblicken, und er war soweit, den Rest seines Lebens mit ihr zu verbringen. Was, zum Teufel, ging in Tony vor? Es sei denn ...
»Sag mir, daß es nicht wegen eines Kindes ist.«
Tony schüttelte den Kopf. »Sie ist eine Dame, Noah, rein wie am Tag ihrer Geburt. Ich würde sie niemals durch mein Verhalten entehren.«
Das war es also. Sie hatte ihn mit dem ältesten Trick, den es gab, in die Falle gelockt, mit der Verlockung, ihr die Unschuld zu nehmen; und was für eine Versuchung ist es für einen Mann, als erster zu wagen, was noch keiner vor ihm geschafft hatte. Durch die gesamte Geschichte sind Männer immer wieder diesem einen Kunstgriff der Weiblichkeit zum Opfer gefallen. Das Versprechen war die Glückseligkeit, das Endergebnis jedoch meistens der Ruin und Verzweiflung. Und deswegen mußte Noah einen Weg finden, Tony zu stoppen, bevor es zu spät war.
»Einen Monat? Länger kennst du sie nicht? Guter Gott, Tony, sie ist für dich genauso fremd wie für mich. Siehst du das nicht? Hast du aus meiner eigenen Dummheit nichts gelernt? «
Aber Tony war mit Blindheit geschlagen und drehte, immer noch mit diesem hündischen Grinsen behaftet, gedankenverloren sein Brandyglas zwischen Daumen und Zeigefinger. Als er erkannte, daß seine Worte kaum Wirkung hatten, schlug
Noah einen anderen Ton an. »Hat dieses Musterbeispiel denn auch einen Namen? Oder bist du noch nicht so weit vorgedrungen?«
Tony ignorierte Noahs Sarkasmus. »Natürlich hat sie einen Namen — und obwohl ich bezweifle, daß sie dir zufälligerweise bekannt sein könnte, wird sie leider für dich, mein Freund, eine Fremde bleiben - allerdings nur so lange, bis ich sie zu meiner Frau gemacht habe.«
Noah starrte Tony an, sprachlos. Er weigerte sich sogar, ihm ihren Namen zu nennen? Ihm, seinem engsten Freund, demjenigen, der unzählige Male seine Spielschulden bezahlt hatte, der ihm sogar in den Spanischen Krieg gefolgt war und ihn erst dann alleine gelassen hatte, als eine Verwundung es unumgänglich machte. Die beiden Freunde hatten niemals irgend etwas voreinander verheimlicht — bis zu diesem Zeitpunkt. Und das machte die ganze Situation für Noah viel schlimmer, als er zuerst vermutet hatte.
»Willst du damit sagen, daß du mir nicht traust, wenn es um die Identität dieser Dame geht?«
Tonys Ausdruck wurde ernst. »Natürlich nicht! Ich vertraue dir blind, das weißt du, Noah. Aber dies hier ist etwas anderes. Ich muß sämtliche Vorsichtsmaßnahmen treffen. Und ich habe ihr geschworen, niemandem ihren Namen preiszugeben, bis ich sie als meine Frau vorstellen kann. Und ich stehe zu meinem Schwur. Ich kann doch das Vertrauen, das sie in mich setzt, nicht jetzt zerstören, wo wir uns am Anfang unseres gemeinsamen Lebens befinden, selbst für dich nicht, mein Freund. Sobald wir verheiratet sind, wirst du einer der ersten sein, der sie kennenlernt, und ich werde fröhlich den Namen meiner Geliebten auf dem Marktplatz ausrufen, wenn du es wünschst.«
Nun akzeptierte Noah, daß er hier keine weiteren Fortschritte machen würde. Tatsächlich bestand der einzige Erfolg dieses Treffens darin, einen bitteren Geschmack in seinem Mund zu hinterlassen, den er zügig mit einem gewaltigen Schluck des exzellenten Brandys seines Freundes hinunterspülte. Es war ein
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