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Eine Liebe zu sich selbst, die glücklich macht (German Edition)

Eine Liebe zu sich selbst, die glücklich macht (German Edition)

Titel: Eine Liebe zu sich selbst, die glücklich macht (German Edition)
Autoren: Margarete Mitscherlich
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Positionen einzunehmen und in die männliche Gesellschaft einzudringen. Viele Frauen merken, wie wenig ihnen ihre Opferrolle in der Familie einbringt. Denn jeder sensible, von seiner Kultur nicht gänzlich deformierte Mensch wird auch bei Frauen offene Auseinandersetzungen und Selbstbehauptung gegenüber einer Aufopferungs- und Demutshaltung vorziehen, die Schuldgefühle und Abhängigkeit auslöst.

    Besteht nicht die Gefahr, dass Frauen, die sich »emanzipieren«, einfach das aggressive Verhalten der Männer kopieren?

    Es besteht schon die Gefahr, dass Frauen Macht ähnlich nutzen wie die jetzigen »Machthaber«. Aber es besteht ja auch die Möglichkeit, dass sie nachdenken und ganz andere Verhaltensweisen einbringen. Das können sie aber nur, wenn sie die Macht dazu haben. Es wäre also völlig falsch, den Frauen die Macht vorzuenthalten, weil sie sie vermeintlich doch nur wie Männer missbrauchen.

    Welche Chance hat die Frauenbewegung, in der Gesellschaft etwas in Gang zu bringen, Mann und Frau zu ändern?

    Sicherlich ist die Hoch-Zeit der Frauenbewegung, die ja als einzige die Studentenbewegung überlebt hat, vorbei. Aber sie wirkt untergründig erstaunlich stark weiter. Denn viele Frauen, die sich früher bewusst gegen die Frauenbewegung gestellt haben, übernahmen von ihr mehr, als sie vielleicht selbst wahrhaben wollen.

    Ist Solidarität unter Frauen überhaupt möglich?

    Den Frauen wird kritiklose Anpassung, Mangel an Kampfgeist und an entschlossenem Einsatz für ihre eigenen Rechte vorgeworfen. Das sind aber Verhaltensweisen, die der Frau als schwächerem Teil der vom Mann beherrschten Gesellschaft über Jahrhunderte aufgezwungen worden sind. Vorbedingung für die Befreiung aus solchen Verhaltenszwängen ist die Befreiung der Frau aus sozialer, ökonomischer und familiärer Unterdrückung.

    Ist die Chance, dass sich Frauen aus solchen Zwängen befreien, nicht ebenso wie Eigentum und Bildung schichtspezifisch verteilt?

    Alle sozialen Bewegungen, die mit Reflexion, Selbstreflexion und mit dem Erwerb neuer Kenntnisse zu tun haben, stehen geistig der bürgerlichen Schicht näher als anderen Schichten – dem Besitzbürgertum aber wohl weniger als dem Bildungsbürgertum. Ich denke, wenn Frauen in den oberen Besitzschichten einmal aufmerksam darauf werden, mit welcher Rücksichtslosigkeit und nach welchen Idealen ihre Männer handeln, dann müssen sie auch sehen, welches Unrecht und Unglück damit verbunden sein kann und welche Ungleichheit und Unmenschlichkeit dadurch geschaffen wird. Aber aus diesen Kreisen findet kaum eine Frau in die Frauenbewegung. Arbeiterinnen sind gegenüber der Frauenbewegung aufgrund ihrer täglichen Erfahrung von Ungleichheit und Diskriminierung viel aufgeschlossener. Die sogenannte bessere Bildung kann auch hemmen. Da sind die Normen dann weniger tief verinnerlicht als intellektuell »eingebildet«. Das Sich-selbst-in-Frage-Stellen ist kaum möglich, weil man gefühlsmäßig dumm geworden ist, viel dümmer oft als beispielsweise eine einfache Frau aus dem Volk.

    Sehen Sie Anzeichen dafür, dass die Gesellschaft auf dem Wege zu mehr »Fraulichkeit«, zu einem anderen Denken und Verhalten ist, so dass Ungleichheit, Unterdrückung und Zerstörung aufhören?

    Es gibt zwar Männer, die rein äußerlich Frauen nachmachen – die lange Haare tragen, sich vordergründig homosexuell verhalten, körperlich sich zur Schau stellen usw. –, aber das alles hat nichts mit einem tatsächlichen Einstellungswandel zu tun. Die sogenannten Softies sind – wenn man genau hinsieht – genauso egozentrisch wie »Supermänner«. Dennoch: Die Männer sind auf dem Wege, sich zu ändern. Immer häufiger sind Männer bereit, Hausarbeit zu übernehmen, mit ihren Frauen zeitweilig die Rollen zu tauschen und sich mit ihnen die Kindererziehung zu teilen. Ich will damit nicht sagen: ›Wie schön, jetzt wickelt Papa auch mal die Kinder und kocht sogar – wie nett!‹. Ich meine vielmehr: Männer ändern ihre Wertvorstellungen und ihre Verhaltensweisen. Und das liegt daran, dass sie zunehmend von den Frauen in Frage gestellt werden. Der Wunsch nach neuen Formen und Inhalten von »Väterlichkeit« wird in der jungen Generation immer stärker. Die Autoritätsrolle des Vaters, in der Selbstkritik rigide abgewehrt ist, wird zunehmend in Frage gestellt. Väterlichkeit im Sinne eines Verantwortung übernehmenden, einfühlenden Vaters, der auf die Klischees von »Männlichkeit« nicht mehr hereinfällt, lässt
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