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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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Vaters zu befolgen und fortzugehen.
    ›Wenn ich mich jemals mit dem, was ich habe, zufriedengeben soll‹, sagte er sich, ›dann muß ich erst wissen, was ich woanders ausrichten kann.‹
    Ruth war wie stets frühzeitig aufgestanden und, während er noch schlief, in die Küche hinuntergegangen. Er war allein im Schlafzimmer, aber das Haus lebte rings um ihn. Es bot Sicherheit und Behaglichkeit, war schön in seiner Schlichtheit. In diesem Augenblick duftete es nach Speck und Kaffee, und er hörte die Stimmen der Mädchen, die, solange er noch nicht erschienen war, nur gedämpft erklangen.
    Er lag in dem breiten, alten Bett; er fühlte sich leicht, gehoben und frei. Eine Fessel war gelöst. Am vergangenen Abend hatte er es erkannt. Zum erstenmal während ihres Zusammenlebens hatte er nicht um Ruth geworben, sondern sie um ihn. Darin tat sich eine so tiefgreifende Wandlung kund, daß er sie nicht zu erfassen vermochte. Dadurch wurde er frei, die Worte seines Vaters bis in alle Einzelheiten zu überlegen. Hätte sein Vater gesagt, daß es Zeit für ihn sei, zu der ihm angestammten Welt zurückzukehren, so hätte er es zornig abgestritten. Hingegen hatte sein Vater gesagt, es sei an der Zeit, daß er zu sich selbst zurückkehre – ehe es zu spät war. Was er bedenken mußte, das war nicht die eine oder die andere Welt, sondern sein wirkliches Selbst. Gestern war dieses Selbst bei seines Vaters Worten auferstanden gleich dem Geiste eines Toten.
    Er erhob sich schließlich, wusch sich, zog sich an und begab sich zum Frühstück hinunter. Ruth und die Mädchen warteten auf ihn. Wie sehr er sich auch verspäten mochte, Ruth bestand darauf, daß die Kinder auf ihn warteten. Es gehörte zu ihren häuslichen Anordnungen, daß alle bei den Mahlzeiten vereint sein mußten. »Eine Familie darf ihr Essen nicht einfach beliebig einnehmen«, sagte sie immer.
    Aber Hal war noch nicht da.
    »Wo steckt der Junge nur?« fragte Ruth ungeduldig. »Mary, lauf hinauf und hol ihn.«
    »Er ist müde nach dem gestrigen Abend«, bemerkte William anzüglich.
    Er nahm Platz, dann setzte Jill sich und dann Ruth. Ruth antwortete ihm nicht, und sie wich seinem Blick aus.
    »Warum soll er nicht einmal ausschlafen?« fuhr er fort.
    »Er hat gestern nichts getan, wodurch er müde sein könnte«, gab Ruth zurück.
    Da vernahmen sie Marys Schrei. »Mutter!« schrie sie.
    Ruth sprang auf, eilte hinaus und stürzte die Treppe empor.
    »Was ist nun schon wieder los?« knurrte William. Er stand auf und folgte ihr, Jill hinter ihm drein. Von oben hörte er Stimmen.
    »Er ist nicht hier!« stieß Mary hervor.
    »Er muß doch hier sein!« sagte Ruth laut.
    Sie befanden sich in Hals Zimmer, als er sie einholte. Das Bett war unberührt. Ruth riß die Türe des Schrankes auf, in dem Hal seine Kleider aufbewahrte. Der Schrank war leer.
    »So töricht kann er nicht sein!« rief sie. Aber sie wurde ganz blaß, und ihre Lippen waren grau.
    »Ich will schnell nachsehn, ob sein Rad noch da ist«, rief Jill und lief hinunter.
    Im Nu kehrte sie zu den andern zurück. »Es ist nicht da«, meldete sie.
    »Oh, der dumme Junge«, stöhnte Ruth.
    Ihre Augen schweiften durchs Zimmer auf der Suche nach einer hinterlassenen Nachricht. Aber da fand sich nichts.
    Sie begaben sich hinunter, und William überlegte, was zu tun wäre.
    »Wir sollten sofort die Polizei verständigen«, sagte er zu Ruth.
    Sie aber hegte eine bäuerliche Abneigung gegen Polizei und öffentliche Aufmerksamkeit. Außerdem wurde sie böse auf Hal, als ihr aufging, was er getan hatte.
    »Bis zum Abend ist er zurück«, erklärte sie. »Ich sage euch, wenn ihn der Hunger plagt, kommt er wieder.«
    Aber keiner von ihnen mochte zur Kirche gehen. Ruth stieg die Treppe hinauf und zog ihr altes blaues Werktagskleid an, und als die Mädchen darum baten, zu Hause bleiben zu dürfen, erlaubte sie es ihnen.
    Sie blieben den ganzen Tag beisammen und beschäftigten sich mit diesem und jenem. William konnte nicht malen, doch um wenigstens etwas zu tun, reinigte er seine Palette und seinen Malkasten. Er rückte ein Tischchen zum Fenster, mit der Erklärung, daß er Licht brauche, aber in Wirklichkeit geschah es, weil er von diesem Fenster aus die Straße übersehen konnte.
    »Jungen laufen oft von daheim fort«, sagte er aufmunternd zu Ruth.
    Aber er selbst war als Kind niemals auf den Gedanken verfallen, fortzulaufen. Er hatte brav von einem Tag zum andern gelebt und die von seiner Mutter vorgeschriebenen

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