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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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immer.
    »Es waren ein paar Leute da«, antwortete er ausweichend.
    Er erzählte ihr nie von diesen beunruhigenden Besuchen im Elternhaus. Sie stellte nie Fragen, und darüber war er froh, denn er fürchtete die langen Erklärungen, die er abgeben müßte, wenn er versuchen würde, ihr verständlich zu machen, was für eine Wirkung sie auf ihn ausübten.
    »Geht's deinen Eltern gut?«
    In all diesen Jahren hatte Ruth nie den Wunsch geäußert, seine Eltern zu sehen. Einmal hatte er ihr halben Herzens zugesetzt, mitzukommen, aber sie hatte sich geweigert.
    »Ich würde mich mit deiner Mutter doch nicht verstehn«, hatte sie erklärt, und dann hatte sie hinzugefügt: »Wir sind beide stolz auf unsere eigene Lebensweisheit, und weder sie noch ich würde nachgeben. Deshalb bleibt jede besser für sich.«
    Er hatte ihr nicht widersprochen.
    »Ja, es geht ihnen gut«, erwiderte er jetzt.
    Sie gähnte, und sie lagen einige Minuten schweigend. Sie war müde nach ihrem arbeitserfüllten Tage, und sie hätte sogleich einschlafen können. Aber ihm gegenüber war sie feinfühlig. Nach all diesen Jahren wußte sie, daß er immer verändert war, wenn er seine Eltern besucht hatte. Er war auch heute abend verändert. Sie spürte es an der Art, wie er neben ihr lag; sein Körper drückte sich an den ihren, und doch schien er es nicht zu wissen. Diese Wandlung in ihm machte sie stets eifersüchtig; gleichwohl kehrte er immer zu ihr zurück, und er würde auch immer zu ihr zurückkehren, das wußte sie nun; früher aber hatte sie gebangt, er könnte vielleicht eines Tages nicht wiederkehren. Sie fragte sich oft, ob er jemals eine Frau geliebt hatte, die ganz anders war, eine Frau aus seiner eigenen Gesellschaftsschicht. Sie hatte das so sehr gefürchtet, daß sie ihn nie zu fragen wagte. Jetzt spielte es keine Rolle mehr, was er getrieben hatte, ehe er sie kennenlernte. Er gehörte ihr. Sie wollte gar nicht wissen, was sich ereignet hatte, ehe er sie kennenlernte. Es war zu dumm, daß er heimgekommen war, bevor sie mit Hal abgerechnet hatte. Aber dagegen ließ sich nichts mehr machen. Sie wandte sich ihm zu und schmiegte sich mit ihrem biegsamen Leib an ihn. Sie liebte ihn immer mehr im Laufe der Jahre, liebte ihn über alles. Aber zu ihrer Verwunderung blieb er kalt. Er rührte sich nicht. Da erfaßte sie plötzlich eine heftige Eifersucht auf den Abend, den er fern von ihr verbracht hatte. Die ganze alte vergessene Eifersucht lebte in ihr auf.
    »Was ist mit dir?« fragte sie und zog sich ein wenig von ihm zurück.
    »Ruth«, erwiderte er, »mein Vater meint, ich sollte einmal fortgehen.«
    Sie konnte nicht gleich antworten, während sie dies aufnahm. Ihr von Zärtlichkeit erfüllter Körper wurde steif vor Entsetzen. Das war es, was sie immer befürchtet hatte. Wenn er sie verließ, dann wurde ihm klar, was ihm in der Ehe mit ihr alles gefehlt hatte. Denn ohne selbst zu wissen, was es war, wurde sie im Laufe der Zeit immer mehr von der Angst beherrscht, er könnte es eines Tages merken. Voller Eifersucht erinnerte sie sich an sein altes Elternhaus, das er ihr einmal auf einer Photographie gezeigt, und sie entsann sich auch, wie vornehm sie es gefunden hatte. Sie scherzte darüber. »Da möchte ich nicht putzen müssen«, hatte sie gesagt. »Ich möchte nicht dort leben, das ist ja wie ein Hotel.« Sie wartete dann, bis er achtlos versetzte: »Mir gefällt dieses Haus hier auch besser.« Meistens glaubte sie ihm, weil ihre Lebensweise ihr die einzig richtige schien, zumal sie keine andere kannte. Doch manchmal kam es ihr in den Sinn, daß er in dem andern Hause aufgewachsen war.
    »Weshalb?« gab sie schließlich zurück. »Du bist doch nicht krank, William. Übrigens, wohin sollten wir gehn, und wie könnten wir überhaupt fortgehn, wo jeden Tag die Drescher mit ihrer Arbeit anfangen werden?« fragte sie mit trockener Kehle.
    »Mein Vater meint, ich sollte allein fortgehen.«
    »Weshalb?« fragte sie abermals voller Zorn auf seinen Vater.
    »Er findet, daß ich nicht weiterkomme und daß ich Anregung brauche«, erklärte er.
    Er fühlte, daß er sie verletzte, aber heute fiel es ihm wegen des Auftritts mit Hal leichter denn je, sie zu verletzen. Er konnte nicht vergessen, wie entschlossen sie die Peitsche dreimal hatte niedersausen lassen, während er widerstrebend dagestanden und zugesehen hatte, ohne eingreifen zu können. Er vermochte ihr noch nicht zu verzeihen, teils weil sie einfach ihren Willen durchgesetzt, vor allem aber

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