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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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Zeit die Leintücher, als ob der Junge in seinem Bett geschlafen hätte. Eines Tages würde er hereinkommen, mit seinem mutwilligen Lächeln. Sie lächelte vor sich hin, wenn sie daran dachte.
    »Worüber lächelst du. Mutter?« fragte Jill.
    Sie war sehr gewachsen, seit Hal das Elternhaus verlassen hatte, und ihr Wissen um das Leid im Hause beeinflußte ihr Gemüt. Sogar ihr Benehmen hatte sich verändert, auch ihre Redeweise, mit der sie jetzt bewußt den Vater nachahmte.
    »Ach, nichts«, gab ihre Mutter geistesabwesend zurück.
    Äußerlich schien Ruth ganz die gleiche, aber innerlich änderte sie sich. Sie zeigte sich William gegenüber sanfter denn je, und sie wurde abhängiger von ihm; hingegen schlug sie den Mädchen gegenüber einen schärferen Ton an. Manchmal war sie so streng, daß William es nicht ertragen konnte, aber er machte ihr keine Vorwürfe wie damals, als sie Hal schlug. Denn sie hatte seinen Vorwurf nicht vergessen. Mitunter erwachte er des Nachts und spürte, daß sie neben ihm wach lag.
    »Kannst du nicht schlafen?« erkundigte er sich.
    »Ich muß nachdenken«, erwiderte sie. Dies bedeutete immer, daß sie an ihren Sohn dachte. »Hätte ich doch nur auf dich gehört«, sagte sie schwermütig. »Wenn ich nur das getan hätte, was du mir an jenem Abend rietest, und ihn nicht angerührt hätte …«
    »Ruth, du darfst nicht immerzu an den Abend denken«, mahnte er sie. »Übrigens war der Junge dir gar nicht böse. Ich weiß noch, wie sehr es mich beeindruckte, daß er so … so einsichtsvoll war und begriff, warum du es nötig fandest, ihn zu bestrafen.«
    »Deshalb hat er mich verlassen«, stöhnte sie. »Wäre ich rasend geworden, dann hätte er es überwunden und gar nichts dabei gefunden. So aber ging er zu Bett und rechnete sich aus, daß er ganz anders ist als ich und daß wir überhaupt nicht miteinander auskommen können.«
    Ihr Scharfsinn erstaunte ihn. Ob Hal wirklich so klug gewesen war? Er konnte es von diesem unachtsamen Jungen kaum annehmen. Aber vielleicht hatte sie recht.
    »Wenn er dich so gut versteht, dann weiß er auch, wie sehr du ihn liebst, und wird zurückkommen. Ruth, liebe Frau, gräme dich nicht. Ich brauche dich.« Er zog sie an sich. »Liebling, dies ist unsere schönste Lebenszeit. Wann sollen wir jemals glücklich sein, wenn nicht jetzt.«
    »Du hast Hal nie so geliebt wie ich«, sagte sie.
    Er ließ sie los. »Ich glaube, das stimmt. Ich habe wohl keins der Kinder so wie du geliebt. Aber vielleicht habe ich dich mehr geliebt als du mich. All meine Liebesfáhigkeit habe ich auf dich verwandt.«
    Sie lauschte seinen Worten, und sie erschrak wie stets, wenn er etwas äußerte, das ihr Fassungsvermögen überstieg.
    »Ich weiß wirklich nicht, wie jemand einen Mann mehr geliebt haben könnte«, entgegnete sie.
    Es fiel ihr so schwer, ihm geradeheraus ihre Liebe zu gestehen, daß er plötzlich ungeduldig mit ihr wurde. Er richtete sich im Dunkel auf und beugte sich über sie.
    »Sag, daß du mich liebst!«
    »William, sei doch nicht so …«
    »Liebst du mich, ja oder nein, Ruth?«
    »Natürlich liebe ich dich.«
    »Warum sagst du es dann nicht? Ich sage es dir jeden Tag zehnmal.«
    »Bei uns zu Hause wurden nicht viel Worte gemacht, wir sind nicht so erzogen.«
    »Findest du, daß es nur Worte sind, Ruth?«
    »Nein, aber …«
    »Dann sag: ›Ich liebe dich, William.‹«
    »Würde ich mich sonst für dich so abschuften?« Ihre Stimme bebte, als ob sie zornig wäre. »Keine Frau muß sich derartig abplagen wie ich! Das Haus, der Hof und die Kinder, alles lastet auf mir. Würde ich das tun, wenn ich … es nicht gern täte?«
    »Du meinst, ich bin dir keine Hilfe, tauge nichts?«
    »Nein, aber du bist anders als die Männer hier.«
    »Du meinst, ich bin anders als Henry Fasthauser.«
    Er staunte über sich selbst. Er war nicht im geringsten eifersüchtig auf Henry. Seit Jahren wußte er, daß Ruth sich bei Henry Rat holte. Aber der Mann war solch ein Klotz, er war kahlköpfig, vierschrötig und derb, und schon aus Hochmut hatte William sich nicht dazu herabgelassen, eifersüchtig zu sein. Nie betrachtete er Henry Fasthauser, ohne sich voll Vergnügen seiner eigenen schlanken, biegsamen Gestalt und seiner dichten, schon ergrauenden Haare bewußt zu sein.
    Ruth antwortete mit Würde. »William, ich schäme mich für dich. Du weißt, daß ich keine Frau bin, die jemals an einen andern Mann denken würde.«
    Er fühlte sich sogleich gedemütigt. Er legte die Wange

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