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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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hierher kamen, für sie zu sorgen? Er hatte sich nie für Kinder geeignet. Und doch, dachte er in plötzlicher Hellsichtigkeit, wie sollte er Ruth einen Vorwurf machen? Er hatte in Germaine und Angele weder Hals Kinder noch seine eigenen Enkelinnen gesehen, sondern bloß zwei verlassene Französinnen, die in einem amerikanischen Farmhaus Fremde waren. Ruth konnte sie überhaupt nicht verstehen. Er aber war in Paris gewesen.
    Seine Gedanken wanderten von den Kindern nach dem Paris zurück, das er vor fünfzig Jahren gekannt hatte. Er sah die Stadt so deutlich, die hellen Straßen, die fröhliche Bevölkerung, die im Sonnenschein plauderte, lachte und aß, die Tauben mit ihrer Regenbogenbrust. Paris war voller Tauben.
    »Ich will sie nicht hier haben«, sagte Ruth.
    »Was sollen wir denn mit ihnen machen?« fragte er beklommen.
    »Ich weiß nicht.« Ihre Stimme klang düster in zornigem Kummer. »Hal hätte ja nicht im Ausland bleiben müssen. Er hätte heimkommen sollen. Dann wäre all das nicht geschehn. Man soll da bleiben, wo man hingehört.«
    Er lachte leise. »Du hast gut reden«, entgegnete er. »Wo wäre ich nun, wenn ich dort geblieben wäre, wohin ich nach der Meinung meiner Mutter gehört hätte?«
    Aber sie lehnte es ab, zu lächeln. »Das ist etwas anderes«, erklärte sie.
    Er überlegte, ob er ihr widersprechen sollte, und entschied sich dagegen. Er fühlte sich meist nicht stark genug, ihr zu widersprechen. Statt dessen dachte er ganz klar darüber nach, was sich tun ließe, wenn er sich ihr fügte.
    »Jill könnte helfen. Sie war oft in Paris.«
    »Was würde Jill mit Kindern anfangen?« fragte Ruth. Aber aus ihrem Tone war Erleichterung herauszuhören.
    »Ich glaube, sie hätte Freude an ihnen. Sie hat nichts Eigenes.«
    Er wollte nicht zuviel über Jill reden, weil er und Ruth verschiedener Ansicht über sie waren. Die Entfremdung zwischen Ruth und ihrer jüngsten Tochter hatte sich im Laufe der Jahre immer mehr verstärkt. Aber ihm war Jill sehr nahe gekommen. Sie war ein Teil der Welt geworden, die er einst gekannt hatte. Mit ihr sprach er jetzt wie mit keinem Menschen sonst. Und Jill hatte viel Geld. Als seine Mutter vor zehn Jahren in hohem Alter gestorben war, hatte sie ihr ganzes Vermögen Jill hinterlassen.
    »Ich glaube, sie konnte sich nicht erinnern, wer ich bin«, hatte Jill zu ihm gesagt, als sie von der Beerdigung zurückkam. »Ich meine, sie vergaß stets, daß ich deine Tochter bin. Irgendwie dachte sie, ich sei Tante Louises Kind. Sie sagte oft zu mir: ›Deine Mutter …‹ und das bezog sich immer auf Tante Louise.«
    »Vermutlich hatte sie mich längst vergessen«, hatte er ziemlich traurig erwidert.
    »Ich glaube, sie hatte weniger vergessen, als sie gerne vergessen hätte«, hatte Jill gesagt. »Sie war sehr eitel. Eigentlich hat sie mir ihr Vermögen nur vermacht, weil ich Erfolg habe.«
    »Na gut«, hatte er geantwortet, »ich will das Geld nicht haben.«
    Nein, er wollte nichts anderes, als was er gewählt hatte.
    »Ich werde Jill schreiben«, sagte er schläfrig. Die Sonne machte ihn immer schläfrig.
    Aber es war ihm nicht recht behaglich zumute, bis er von Jill Antwort erhielt. Ihr großer, quadratischer Briefumschlag gelangte am gleichen Tage in seine Hände, als das Schiff, welches die Kinder brachte, eintraf.
    »Natürlich, lieber Vater, natürlich, natürlich!«
    Das war der Kehrreim des Briefes. Aber nicht um Hals willen, wie er erkannte. Jill nahm die Kinder zu sich, weil sie französische Kriegswaisen waren.
    »Die armen Kinder! Oh, dieser Krieg! Es ist das mindeste, was ich tun kann. Ich darf nicht ins Ausland gehen, mein Arzt erlaubt es nicht. Aber das kann ich tun. Ich will sie selber abholen. Mach dir keine Sorgen, lieber Vater.«
    Germaine und Angele, die einander fest an der Hand hielten und große Angst ausstanden, weil sie fürchteten, daß niemand sie abholen könnte, warteten auf dem Schiffsdeck.
    »Ich erkannte sie sofort«, schrieb Jill an William. »Zwei traurig aussehende, magere junge Dinger in Schwarz, die Ausschau hielten, ob jemand sie abholte. Ich umarmte sie. Sie haben nur schwarze Kleider. Ich werde sie von Kopf bis Fuß neu einkleiden.«
    Diesen Brief las er Ruth eines Abends in der Küche vor. Dort saßen sie neuerdings beim Ofen anstatt in der Bibliothek, teils weil es bequemer war, die kurze Pause zwischen Abendbrot und Zubettgehen so auszufüllen, teils weil Ruth sich in der Küche wohler fühlte. Und in gewisser Weise traf das auch auf

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