Eine Luege ist nicht genug
vorausgesetzt, dass du nicht den verschmutzten Copenhagen River meinst. Es sei denn, es war doppeldeutig gemeint.«
»Ich hab so einen Losertyp aus meinem Englischkurs dafür bezahlt, dass er mir den Kram liefert.«
»Ach, war es dann nicht ein bisschen komisch, ihm von dem Tag zu erzählen, an dem wir uns zum ersten Mal geküsst haben? Den hat er sich irgendwie besonders vorgenommen.«
Sie zogen die Art von Show ab, bei der man am liebsten noch vor der Pause aufsteht und geht, aber ich war eigentlich nicht das Publikum. Olivia führte für Hamilton einen Seiltanz auf, und ich war das Sicherungsnetz, falls er durchdrehte. Es gefiel mir gar nicht, in dieser Weise benutzt zu werden, besonders nicht gegen meinen Freund, doch sie wusste, dass ich nicht einfach zusehen konnte, wenn sie verletzt würde. Zumindest körperlich. Aus meiner Sicht trieb sie auf eine ganz andere Art von Verletzung zu – eine, gegen die ich nichts machen konnte.
»Bist du wirklich so schlimm dran?«, fragte Hamilton.
»W ie?«
»Du bist heiß. Du weißt schon, für ein Mädchen aus Denmark. Findest du wirklich keinen anderen, mit dem du im Auto auf dem Rücksitz rumknutschen kannst?«
»Du bist ein solcher Mistkerl.«
Ich wollte eindeutig hier weg, doch ich blieb für den Fall, dass es ein Feuerwerk geben würde.
Hamilton zuckte mit den Schultern und machte sich noch einen Drink. »Du hast immer noch einiges zu bieten. Da ist noch was übrig, das ein Junge vom Ort brauchen kann. Ich bin ja schließlich nur an Wochenenden und in den Ferien mit dir ausgegangen.«
»Du mieses Schwein«, sagte Olivia und stand auf. Sie befand sich auf der Grenze zwischen Empörung und Schmerz, doch der Schmerz überwog. »Und du hast mal gesagt, du würdest mich lieben.«
»Ich hab nur versucht, dich rumzukriegen«, versicherte Hamilton ihr.
Das war eine Lüge und ich wusste es. Olivia wusste es wahrscheinlich auch, aber manchmal versteht das Herz die Dinge anders als der Kopf – und das macht es immer schlimmer. Sie weinte nicht – das musste ich anerkennen –, aber sie hatte schwer darum zu kämpfen, die Tränen zurückzuhalten.
»Da hast du mich ja gut getäuscht – ich dachte wirklich, wir hätten eine richtige Beziehung.«
Hamilton ging auf sie zu, bis er direkt vor ihr stand.
»Liv, hier ist ein freundschaftlicher Rat, da du offenbar den Unterschied nicht kennst. Jedes Mal, wenn ein Junge von deinen schönen Augen redet, schaut er auf deinen Busen. Schreibt er dir Gedichte, will er Sex. Du bist für ihn nichts als ein Stück Fleisch – ein ländlicher Kleinstadtschinken –, und wenn er von dir genug hat, macht er sich auf, die Nächste zu vögeln, und benutzt dieselben abgedroschenen Sprüche wie bei dir.«
Jetzt waren die Tränen nicht mehr zu stoppen und Olivia versuchte es auch gar nicht. Es waren die Tränen, die du dir nur in der Dunkelheit eines Kinos erlaubst oder zusammengerollt unter der Bettdecke oder wohin du auch immer gehst, wenn dir einer das Herz rausreißt, es auf den Boden schmeißt und darauf rumtrampelt. Ich wusste nicht, warum sie hergekommen war und was sie vorgehabt hatte, aber so hatte sie Hamilton die Gelegenheit gegeben, sie noch einmal total zu verletzen.
»Es ist schon besser, wenn du die Männer endgültig alle aufgibst. Und was ich dir noch sagen wollte«, hakte er noch nach, während er Eisstückchen und die letzten Tropfen seines leeren Drinks in den Pool feuerte, »Frauen sind auch nicht besser. Vielleicht solltest du einfach Nonne werden.«
Bei ihrem Abgang streifte Olivia an Hamilton vorbei. Ich hätte ihn in den Pool geschlagen oder gestoßen – und ich glaube, er wollte tatsächlich auch, dass sie das machte –, doch sie tat es nicht. Auf jeden Fall war sie ein besserer Mensch als ich. Ich sah ihr hinterher, wie sie im Haus verschwand.
»Na, so was, jetzt hab ich vergessen, sie zu fragen, ob sie zu der Theateraufführung morgen kommt«, sagte Hamilton.
Ich stand auf. »Du bist wirklich ein wahres Meisterwerk, weißt du das?«
»Ja, ich bin ein echter Bastard.«
Mit seinem Werferarm schleuderte Hamilton das Glas von sich. Es explodierte an der Wand unterhalb der Gegensprechanlage, und Tausende von Splittern wurden in das Wasser darunter verstreut. Ich sah das Team von Dienstmädchen in Taucheranzügen vor mir, die das alles sauber machen mussten. Er wollte, dass ich ihn dafür fertigmachte, für alles, aber ich würde ihm die Genugtuung nicht geben. Ich nahm mir ein Beispiel an Olivia und ging
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