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Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Gratz
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alles, was er konnte, um in einem Haushalt aufzufallen, der von seinen Angestellten Anonymität verlangte. Und doch war Candy für Hamilton so gut wie unsichtbar. Vielleicht war die ganze Familie Prince viel zu sehr in die eigenen Probleme verstrickt, um auf so was zu achten.
    Wir fuhren am Drive-in vorbei, dann am Supermarkt und stoppten schließlich an Denmarks einziger Verkehrsampel. Auf die geringe Distanz konnte ich sehen, dass der Mazda Nummernschilder von North Carolina hatte. Candy hatte ein Handy in der Hand und tippte eine Nummer ein, während er gleichzeitig im Auge behielt, ob die Ampel grün wurde. Er hob das Telefon ans Ohr, nahm es wieder runter, um draufzublicken, hielt es wieder ans Ohr, dann klappte er es zu und warf es auf den Sitz neben sich. Die Ampel wurde grün und er fuhr über die Kreuzung los, wobei er den letzten Zug von seiner Zigarette in kleinen wirbelnden Rauchfähnchen hinter sich ließ, durch die ich dann fuhr. Soweit ich es beurteilen konnte, hatte er mich bisher nicht bemerkt, und ich ließ mich wieder etwas zurückfallen, um nicht zu dicht an ihm zu kleben.
    Weiter vorne tauchte eine kleine Lichtinsel in der Dunkelheit auf, und da wusste ich, dass wir dicht am Highway waren. Ich überlegte gerade noch, wie weit ich ihm nachfahren konnte, als er wieder ohne zu blinken auf den Parkplatz eines Motels abbog. Ich fuhr weiter, unter dem Highway durch, wendete bei einer zu hell erleuchteten Tankstelle und steuerte das Motel an. Auf der anderen Straßenseite gab es einen Schnellimbiss, der schon geschlossen hatte. Ich bog auf den leeren Parkplatz ein. Candy stand neben seinem Mazda und machte einen auf James Dean. Er rauchte seine Zigarette zu Ende, schnippte sie auf den Boden und machte sich dann auf den Weg über den Parkplatz zum Motel. Candy schien genau zu wissen, zu welchem Zimmer er wollte.
    Ich stieg aus dem Wagen und rannte über die Straße, wobei ich darauf achtete, den Schein der Straßenlaternen zu meiden. Dann umkreiste ich Candys Mazda, warf einen schnellen Blick hinein und trat dabei die noch glühende Zigarette aus. Auf dem Rücksitz war ein totales Durcheinander. Dort lagen leere Coladosen, zerknitterte Fast-Food-Tüten und Verpackungen aus den verschiedensten Restaurants von Denmark.
    Candy ging bis zu Zimmer 112 und klopfte.
    Ich schlüpfte zwischen zwei Wagen, aber so, dass ich noch sehen konnte, wer an die Tür kam, und zückte mein Handy. Es hatte hier endlich wieder Empfang – immerhin zwei Balken –, doch ich wollte nicht telefonieren. Stattdessen machte ich die Kamera klar und zielte auf die Tür, als Ford N. Branff öffnete und Candy den Cowboy begrüßte.
    Irgendwie hatte ich den starken Verdacht, dass dieser nicht hier war, um Branff einen weiteren Gimlet zu bringen.
    »Lächeln, Jungs«, flüsterte ich und schoss das Foto. Die Kamera blitzte.
    Verdammt noch mal, der Blitz!
    Branff schloss sofort wieder die Tür und Candy blickte suchend über den Parkplatz. Ich zog mich zwischen den Autos zurück und rannte los. Hinter mir tapsten Candys Cowboystiefel über den Asphalt. Ich hielt auf eine Böschung mit etwas Gestrüpp zu, und meine Arme bekamen ordentlich was ab, als ich mich so weit hineindrängte, wie es ging. Fast blind in der Dunkelheit, rannte ich ungebremst gegen einen Maschendrahtzaun und wurde zu Boden geschleudert, wobei ich nur unbedeutend mehr Krach machte, als ein Münzzähler auf einem Trampolin.
    »Komm raus, komm da raus, wo du auch bist …«, rief Candy. Ich konnte seine Umrisse erkennen, als er am Rand des Gestrüpps entlangstreifte. Er war nur wenige Meter von mir entfernt, und uns beiden war klar, dass ich mich da nicht die ganze Nacht verstecken konnte. Candy kicherte, doch dann machte er einen taktischen Fehler: Er joggte den Hügel hinab. Als ich mich aus dem Gebüsch arbeitete, wurde ich von Neuem ordentlich zerkratzt und rannte dann auf einen großen Graben zwischen dem Motel und dem Laden für Feuerwerkskörper nebenan zu. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sich Candy in seinen Wagen beugte, um irgendetwas herauszufischen – eine Taschenlampe? –, und dann in meine Richtung losging.
    Er wirkte nicht so, als ob er es eilig hätte, ich dagegen sah zu, dass ich wegkam. Ich ließ mich hinunter gleiten und zerschrammte mir höllisch die Hände, doch es war dunkel hier unten zwischen den Lichtflecken der Parkplatzlaternen, und mit ein bisschen Glück hatte Candy nicht gesehen, wohin ich geflüchtet war. Ich sprang mit einem Platschen –

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