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Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Gratz
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Daniel’s an den Pool. Wir sind hier draußen.«
    » Sí, señor . Sonst noch etwas?«
    »W illst du was?«, fragte mich Hamilton. Ich schüttelte den Kopf.
    »Das war’s.«
    »Un momento« , versprach die Stimme, und die Gegensprechanlage wurde wieder still.
    »Es ist so viel einfacher, ein Säufer zu sein, wenn sie dir das Zeug bringen, stimmt’s?«, fragte ich Hamilton.
    »W arum piesackst du mich so spät am Abend?«
    »V ielleicht hätte ich dich schon die ganze Zeit piesacken sollen.«
    »Ja, schon, aber vielleicht geht mir das auf die Nerven.«
    Hamilton hatte recht – ich hab immer nur still danebengestanden und ihn machen lassen, was er wollte, solange er niemanden verletzte. Er war schließlich schon ein großer Junge, und ich war der Meinung, er könnte auf sich selbst aufpassen. Jetzt dachte ich so ganz allmählich, dass er das doch nicht konnte.
    Jemand in knallroten Cowboystiefeln kam jetzt nach draußen auf die Terrasse, und ich brauchte nicht aufzublicken, um zu sehen, dass es Candy war. Ohne Danke zu sagen, nahm sich Hamilton die neue Flache Whisky vom Tablett und goss sich meinetwegen besonders langsam und liebevoll ein. Ich wischte mir mit dem Mittelfinger etwas aus dem Auge.
    Da war noch etwas auf dem Tablett und Candy stellte es auf den Tisch.
    »Ich hab mir die Freiheit genommen, señor , und noch etwas warme Milch für Ihren Pfadfinderfreund mitgebracht.«
    Hamilton starrte Candy total sprachlos an.
    »Ich weiß das sehr zu schätzen, Candy«, sagte ich.
    »Und wenn du heute Abend mit der Arbeit fertig bist, komm doch zu mir, ich bin sicher, ich kann dir was bieten.«
    »Oh«, sagte er und begutachtete meine Drohung. »Nein danke, big boy, aber ich hab schon ein Date für heute Abend.« Er klemmte sich das Metalltablett ruckartig unter den Arm, machte auf seinen hohen Absätzen kehrt und zockelte zurück in die Küche.
    »W as zum Geier war das denn?« Hamilton setzte sich auf. »Kennt ihr zwei euch, oder wie?«
    »Ja, schon«, meinte ich. »W ir sind beide für den Ponyexpress geritten.«
    »W ie lange bist du jetzt hier, Horatio? Drei Tage? Und du hast es schon geschafft, dass jeder, aber auch wirklich jeder in diesem Haus sauer auf dich ist.«
    »Auf mich sind nur die Leute sauer, die es auch wirklich verdienen«, meinte ich. »Hamilton, was weißt du eigentlich über diesen Typ?«
    »W er? Den von eben?«
    »Er heißt Candy.«
    Hamilton zuckte mit den Schultern. »Halt so ein Mexikaner. Keine Ahnung.«
    »Mit dem Typ stimmt irgendwas nicht. Ich meine außer dem Cowboyoutfit.«
    Hamilton seufzte theatralisch. »Ich versuche, mir um das Leben der kleinen Leute keine Gedanken zu machen.«
    Ich wusste, dass er Quatsch machte, doch in gewisser Weise stimmte es. Hamilton drückte auf Knöpfe, bestellte Drinks und wartete darauf, dass sein Wagen gebracht wurde, und wahrscheinlich dachte er nicht einen Augenblick über denjenigen nach, der die Arbeit für ihn machte. Seine Mutter war vermutlich die einzige Prince, die ihre Namen kannte.
    »Ja, gut«, sagte ich immer noch etwas angesäuert. »Am besten trinkst du so viel, bis du dir um gar nichts mehr Gedanken machst.«
    »Das ist es. Entweder das, oder ich bring mich um«, meinte Hamilton. Plötzlich wurde er ernst. »W eißt du, daran hab ich schon gedacht. Mich umzubringen.«
    »Das ist das Idiotischste, was ich je gehört hab«, sagte ich und zog mich auf den Beckenrand. »W enn du hier nach Mitleid angeln willst, brauchst du einen neuen Köder.«
    »Ich meine es ernst«, antwortete Hamilton und starrte in den Himmel. »W arum eigentlich nicht? Wenigstens kann man dann für immer schlafen.« Er schloss die Augen und hielt den Kopf zurückgeneigt, als wäre er im Zwiegespräch mit den Sternen oder so was. Einer der wenigen Vorteile, irgendwo am Ende der Welt zu wohnen, war ein dunkler, klarer Nachthimmel. Es stank schrecklich hier, doch es war schön.
    Hamilton machte die Augen wieder auf und betrachtete seinen Drink. »Aber das bedeutet auch, dass du für immer träumst.« Er nahm einen Schluck. »Und wer weiß schon, wovon wir träumen, wenn wir tot sind.«
    »W ir träumen überhaupt nichts«, sagte ich. »Dann sind wir Futter für die Würmer. Mit dem Selbstmord wirfst du das einzig Wunderbare weg, das du jemals sehen kannst.«
    »Ach, ›es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt, Horatio. ‹«
    Ich spritzte Wasser nach ihm. »Danke. Weil ich das ja noch nie gehört hab.«
    Er grinste.

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