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Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Gratz
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warum musste da ausgerechnet Wasser sein!? – auf den Boden des Kanals und schob mich geduckt in die Öffnung eines großen Ablaufrohrs aus Metall. Spinnweben verfingen sich in meinen Haaren und ein Wasserrinnsal durchtränkte meine Segeltuchschuhe. Klasse. Langsam stellte sich heraus, dass das eine wirklich grandiose Idee gewesen war, hier reinzuspringen. Ich watschelte ein paar Meter weiter nach innen und beobachtete von dort das graue Loch. Ich hoffte, dass kein Tier in diesen Abflussröhren wohnte, das groß genug war, um mich zu fressen. Gab es in diesem Teil von Tennessee eigentlich Rotluchse? Ich war mir ziemlich sicher, dass ich mal eine Fernsehsendung darüber gesehen hatte.
    Candys Schatten glitt über den Eingang zu meiner Röhre und ich hielt den Atem an. Es war ein Schlurfen zu hören, ein gedämpftes Fluchen, und dann nichts mehr. Warum sprang er nicht einfach in den Kanal und leuchtete mit seiner Taschenlampe in das Abflussrohr? Ich spitzte die Ohren. Weiter unten im Graben hörte ich, wie eine Plastikflasche irgendwo runterfiel. Er suchte meine Spur woanders, und das bedeutete, er dachte, ich wäre vielleicht schon längst in die Nacht entkommen.
    Ich hatte das Gefühl, dass ungefähr eine Stunde vergangen war. Eine Uhr hatte ich nicht, und bestimmt würde ich nicht noch einen Blödsinn mit meinem Handy machen und darauf nachsehen, wie spät es war. Würde ich wirklich davonkommen, nachdem ich einen so dummen Fehler gemacht hatte? Schließlich konnte Candy einfach oben auf der Betoneinfassung der Röhre sitzen und darauf warten, dass meine Beine versagten. Aber ich hatte beim Baseball in den letzten drei Spielzeiten mehr Durchgänge hinter einer Plate gekauert, als ich zählen konnte, und so schnell würde ich nicht aufgeben. Die entscheidende Frage war, ob Candy so viel Geduld aufbringen konnte.
    Losgetretene Steine und Erde stürzten dicht beim Eingang meiner Röhre ins Wasser. Da hatte ich meine Antwort. Er war keineswegs weg. Ich überlegte, ob es besser wäre, weiter in die Röhre hineinzuschleichen, beschloss aber, an Ort und Stelle zu bleiben. Wenn er eine Taschenlampe hatte, war es ganz egal, wie weit ich nach hinten krabbelte.
    Die dunkle Silhouette eines Cowboystiefels kam nach unten in Richtung Wasser, zuckte dann aber wieder zurück. Mehr Steine lösen sich, als Candy sich neu positionierte. Und der Stiefel tanzte wieder auf und nieder, ohne jedoch im Kanal Fuß zu fassen.
    »Mierda« , fluchte Candy leise. »Bist du da drin, du maldito ?«
    Da konnte er lange fragen – ich würde bestimmt keine Antwort geben.
    Candy murmelte etwas, das ich nicht verstand, und dann schaffte er es irgendwie, dass er mit dem Kopf nach unten hineinspähen konnte. In der einen Hand hielt er etwas, während die andere nach unten baumelte. Auf dem Ding, das er in der Hand hielt, blitze Licht auf, und ich sah, dass es keineswegs eine Taschenlampe war.
    Es war eine Pistole.
    Candy verlor die Balance, und die Pistole klirrte gegen das Metall über mir, als er beide Hände brauchte, um sich zu halten. Er fluchte wieder, und einige Augenblicke später kickte er eine leere Dose in den Graben. Ich vernutete, dass er aufgab, doch da konnte ich mir nicht sicher sein, und ich wollte auch nicht auftauchen und schon wieder Candys Pistole sehen. Also richtete ich mich auf eine weitere Wartezeit ein.

    Als ich schon fast zu müde war, die Augen offen zu halten, gab ich auf. Meine Knie zitterten und meine Waden waren total verkrampft, als ich mich ganz langsam auf die Öffnung zubewegte. Sobald ich konnte, richtete ich mich auf, aber meine Beine benahmen sich immer noch, als würde ich Clownsschuhe tragen. Ich blickte mich suchend um, ob Candy in der Nähe mit einer auf mich gerichteten Pistole saß, und dann entspannte ich mich. Niemand da. Das Einzige, was ich hören konnte, war ein gelegentliches Rauschen der Autos, die auf dem Highway hinter dem Motel vorbeifuhren.
    Ich kletterte aus dem Graben und ging über die Straße zu meinem Wagen. Als ich einen Blick über die Schulter zurückwarf, sah ich, dass Candys Mazda noch immer vor dem Motel geparkt war. Entweder hatte Candy seinem Boss eine Menge zu berichten, oder er übernachtete dort. Vielleicht auch beides.
    Die Straße war leer, und ich beeilte mich, auf die andere Seite zu kommen. Schnell überprüfte ich, ob Candy meinen Wagen gefunden und die Reifen aufgeschlitzt hatte, denn nun traute ich ihm genauso viel zu wie jedem x-beliebigen Gauner aus jedem x-beliebigen

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