Eine Luege macht noch keine Liebe!
Als die Tür sich öffnete und Gaia eintrat, war sie über die Ablenkung hoch erfreut.
„Was tust du denn hier? Hast du denn nichts Besseres zu tun, als deine Zeit ausgerechnet bei mir zu verbringen? Du wolltest doch nur anrufen!“
Gaia strahlte über das ganze Gesicht. Dass Lara endlich wieder in diesem scherzhaften Ton mit ihr sprach, der zwischen ihnen beiden schon lange zur Gewohnheit geworden war, gefiel ihr sehr.
„Bene, ich sehe, es geht dir schon wieder viel besser! Ich habe dir etwas mitgebracht, das dich bestimmt ganz besonders freuen wird.“
Sie stellte vorsichtig ihre Tasche auf den Tisch und entnahm ihr eine kleine, mit Alufolie bedeckte Auflaufform.
„Nein, das glaube ich nicht!“
„Doch. Das wird unserem lieben Doktor gefallen, wenn er schon Angst um deinen Appetit hat. Meine Großmutter hat dir eine Tiramisu gemacht, sie lässt dich herzlich grüßen und dir ausrichten, du sollst alles aufessen, sonst versohlt sie dir den Hintern!“
Sie zog auch noch zwei Löffel hervor und dann machten sie sich gemeinsam über das delikate Dessert her.
„Es ist köstlich! Du errätst übrigens nie, was Alessandros Mutter von mir wollte“, sagte Lara zwischen zwei Bissen.
„Alessandro hat sie geschickt, um dich umzustimmen?“, vermutete Gaia hoffnungsvoll.
„Nein, das nicht, er weiß gar nicht, dass sie bei mir war. Und abgesehen davon wird er wohl auch kaum mehr versuchen, mich umzustimmen.“
„Woher willst du das wissen? Schließlich hat er dir schon mal Blumen gebracht, vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen und er besucht dich noch einmal.“
„Ach was, er hat bestimmt endgültig die Nase voll von mir“, Lara erinnerte sich zwar nur dunkel an seinen Besuch, aber ein Gefühl von Abschied hatte sich bei ihr festgesetzt. „Nein, das war es nicht, seine Mutter wollte wissen, wie es mir geht. Und dann hat sie mir von sich erzählt und von Alessandro, von früher und von sehr vielen Dingen, die ich über ihn noch nicht wusste.“
„Oh, oh“, machte Gaia vielsagend und als sie merkte, dass Lara nicht mehr weitersprach, sondern nur nachdenklich in der Nascherei stocherte, schwieg sie.
„Der Arzt hat gesagt, ich kann morgen oder übermorgen nach Hause“, kam es nach einer längeren Pause zusammenhanglos.
„Sag mir nur wann, ich hole dich ab!“
„Am Liebsten gleich morgen Vormittag. Ich habe so viele Dinge zu erledigen“, Lara ließ den Satz unvollendet.
„Einiges habe ich schon in die Hand genommen“, gestand Gaia, „ich dachte, es würde dir recht sein. Ich habe deine Sachen aus Danilos Haus geholt und bei mir im Gartenhaus untergebracht. Dein Auto wartet auch schon auf dich, mach dir also darüber keine Gedanken.“
„Ich habe meine Schlüssel schon vermisst.“
„Die habe ich. Was fällt dir sonst noch ein?“
Lara sah ihre Freundin einen Moment lang wortlos an.
„Womit habe ich dich eigentlich verdient?“, fragte sie schließlich langsam und kopfschüttelnd, als ihre Stimme wieder gehorchte.
Gaia zuckte die Achseln.
„Du gehörst doch inzwischen schon fast zur Familie“, meinte sie nur.
Alessandro kochte vor Zorn in diesen Tagen.
Nach außen hin strahlte er eine undurchdringliche Kälte aus, aber in seinem Inneren brodelte es, seit er alle Tatsachen kannte, die zu dieser unseligen Entwicklung geführt hatten. Wer nur irgendwie konnte, ging ihm lieber aus dem Weg und machte einen großen Bogen um ihn. Zähneknirschend erinnerte er sich an den Moment vor drei Tagen, als die dottoressa tatsächlich zugegeben hatte, Lara gesehen und mit ihr gesprochen zu haben; als ihm die ganzen Zusammenhänge klar geworden waren und er in einem Anfall ungezügelter Wut eine Kristallvase in den großen Spiegel neben der Rezeption geschleudert hatte. Seither legte er äußerlich eine stoische, unnatürliche Ruhe an den Tag und hatte sich diesen Ausrutscher auch noch keineswegs verziehen, aber in ihm brodelte ein Vulkan ungeahnten Ausmaßes.
Dabei hatte nach seiner Rückkehr alles noch so wunderbar ausgesehen! Man hatte ihm Laras Brief übergeben und er hatte ihn anfangs mit ziemlich gemischten Gefühlen gelesen.
Sie hatte Geld? Er hatte so etwas geahnt, ihre ganze Art, ihr Auftreten, ihr Lebensstil hatten darauf schließen lassen, nicht weil sie damit angab, sondern weil sie es genau nicht tat. Deshalb war es ihm ja auf der einen Seite so wichtig gewesen, dass sie ihn wegen seiner selbst wollte und andererseits wollte er ihr alles geben, was seine Möglichkeiten ihnen
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