Eine Luege macht noch keine Liebe!
Arbeitsplätze, viel Nebel im Winter, im Sommer unendlich viele Mücken.“
„Das glaube ich“, meinte sie teilnahmsvoll. Natürlich, aus der Sicht der Einheimischen war dieses Naturidyll alles andere als romantisch.
„Aber lass uns über etwas Angenehmeres reden“, lenkte er ab. „Du sollst dich schließlich amüsieren und nicht auf trübe Gedanken kommen. Jetzt zeige ich dir ein hübsches Fleckchen, das im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel ist, da machen wir unser Picknick.“
Sie fuhren weiter. Die Landschaft änderte sich nur wenig, Wasser und Felder beherrschten überall das Bild. Schließlich hielten sie erneut an.
„Nimmst du das hier?“
Alessandro reichte ihr eine dicke Wolldecke und nahm den Korb aus dem Auto. Sie gingen einen schmalen, gepflasterten Weg durch ein kleines Stück Pinienwald, bis sich vor ihnen der Blick zum Horizont hin weitete. Die Wellen der Adria schlugen rauschend auf den Strand, ein paar einsame Möwen zogen ihre Kreise und der Himmel war milchig blau. Es roch nach Salz und Tang.
„Und hier ist im Sommer was los?“
„Und ob. Da bekommt man nirgends mehr einen Parkplatz, von einem freien Fleck für den Liegestuhl ganz zu schweigen.“
„Kaum zu fassen. Jetzt sieht alles völlig unberührt aus.“
Sie breitete die Decke aus und setzte sich, während er den Inhalt des Korbes auspackte. Eine Flasche Rotwein, zwei Gläser, ein großes Stück Käse, Tomaten, eine halbe Salami, Weißbrot und kalter, gegrillter Fisch kamen zum Vorschein.
„Gute Idee“, lobte sie anerkennend und probierte ein Stück Fisch. „Schmeckt wunderbar. Deine Großeltern sind übrigens sehr nett!“
„Freut mich. Probier auch die Salami, die macht einer ihrer Nachbarn selbst.“
„Tatsächlich? Wie denn?“
„Sie kaufen sich ein Schwein, ziehen es auf und wenn es soweit ist, dann wird es geschlachtet und verarbeitet. Hier hat fast jede zweite Familie ihr Geheimrezept zur Salamizubereitung.“
Lara lachte.
„Und das Schwein lebt im Gemüsegarten, was?“
„So ungefähr.“
Er schnitt eine dicke Scheibe ab und reichte sie ihr mit einem Stück Brot. Die Weinflasche trug kein Etikett, aber ihr Inhalt hatte es in sich.
„Ganz schön stark“, kommentierte Lara den ersten Schluck. „Passt aber gut dazu.“
Sie aßen schweigend und jeder hing seinen Gedanken nach. Weit draußen über dem Horizont hingen ein paar Schleierwolken, direkt unter ihnen waren einige dunklere Punkte zu erkennen, Fischerboote vielleicht. Das Wasser schien fast dieselbe Farbe zu haben wie der Himmel, die Horizontlinie selbst war mehr zu erahnen als zu erkennen. Erstaunlicherweise, stellte Lara fest, war ihr das Schweigen nicht unangenehm. Sie fühlte keinerlei Druck, ein Gespräch aufrecht zu erhalten, sondern die Ruhe tat ihr gut. Zumindest so lange, bis sie anfing zu frösteln und sich leicht schüttelte. Die Sonne neigte sich hinter ihnen dem Horizont entgegen und der Wind wurde empfindlich kühl.
„Ist dir kalt?“
„Es geht gerade so. Ich hätte mich wärmer anziehen sollen.“
„Dann lass uns gehen.“
Als sie umkehrten und den schmalen Pfad zurückgingen, legte er wie zufällig seinen Arm um ihre Schultern und spürte sofort, wie sie sich abwehrend verspannte. Forschend erwiderte er ihren misstrauischen Blick.
„Ich beiße nicht“, beruhigte er sie.
„Aber ich vielleicht!“
Unter seinen funkelnden, blauen Augen fühlte Lara sich mehr als unbehaglich. Er war so nahe an ihrer Seite, dass sie spüren konnte, wie ihre Hüften sich bei jedem Schritt aneinander rieben. Wieder einmal war sie sich seiner körperlichen Präsenz viel zu deutlich bewusst und sie fragte sich, ob er ihre Gedanken erriet, denn er zog sie für einen Moment noch fester an sich, als der Wind ihr einen Ast ins Gesicht peitschte. Mit einer reflexartigen Bewegung fing er den Zweig ab und bugsierte sie daran vorbei. Lara schüttelte seinen Arm ab und ging etwas schneller. Sie hielt den Kopf gesenkt, damit er nicht sehen konnte, wie sie errötete. Ihr Herz hatte wild zu klopfen begonnen, als sie einen Augenblick lang seinen herben, maskulinen Duft wahrgenommen hatte.
Du lieber Himmel, das durfte doch nicht wahr sein! Was war nur mit ihr los? Sie kannte ihn kaum und reagierte so auf ihn? Auf seiner kleinen Party konnte sie ihre Verwirrung noch der Stimmung und dem Alkohol zuschreiben, aber jetzt war sie so gut wie stocknüchtern. Sie durfte um keinen Preis zulassen, dass er ihr zu nahe kam, sie spürte mit jeder Faser, wie
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