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Eine magische Nacht. Roman

Titel: Eine magische Nacht. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natale Stenzel
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er hatte dieses grässliche Hammer-Axt-Teil. Sah aus wie ein Schreinerwerkzeug.«
    »Ein Affe? Ausgebrochen? Mit einer Axt?«
Nein. O nein
. Noch vor einem Monat hätte Janelle angenommen, dass dies eine Halluzination sein musste, die auf ein Trauma oder den Blutverlust zurückzuführen war. Jetzt konnte sie gar nicht anders, als sich an Kanes Streich zu erinnern, mit dem er zum ersten Mal vor ihrer Nase seine Gestalt verwandelt hatte – in einen Schimpansen. Und dann das Werkzeug eines Schreiners schwingend? Vage erinnerte sie sich, dass Riordan nach der Verwüstung von Minas Haus davon gesprochen hatte, dass ihm Werkzeug fehlte. Das wäre eine Verbindung der beiden Ereignisse. Was schlimm wäre. Ganz übel.
    Janelle räusperte sich und versuchte normal zu klingen. »Wie könnte das sein? Ist der Zoo wirklich so nahe?«
    »Ich weiß nicht. Kurz bevor er auf mich losging, hatte ich dich angerufen und wollte auch noch einmal die Polizei anrufen. Aber dann war mein Handy verschwunden und das Blut …«
    Cindy zuckte zusammen und schrie auf, als Janelle den zusammengeballten Pullover abnahm, den Cindy auf die Wunde gepresst
     hatte. Voller Entsetzen starrte Janelle darauf. Der Schaden war weit schlimmer, als sie erwartet hatte.
    »Dieser Affe. Er war wie besessen. Ich könnte schwören, dass er sogar gelacht und gesprochen hat, während er immer weiter mit Sachen um sich warf oder darauf einschlug.« Cindy geriet jetzt nahezu ins Schwafeln, wahrscheinlich um den Schmerz und den Schock abzublocken. »Und da war ich noch gar nicht verletzt, also war es auch keine Halluzination. Er kam mir vor wie ein Monster, wirklich, das links und rechts mit diesem üblen Axtteil um sich schlug.« Die Schwester machte eine Pause und biss die Zähne zusammen. »Und irgendwann war diese Seite des Korridors dann rechts und ich – also meine Schulter, mein Arm – links. Und nachdem er mich niedergemacht hat, ist er einfach weitergegangen.«
    Cindys Oberarm und Schulter waren bis zum Knochen aufgerissen. Ihr Angreifer hatte sie vom Schlüsselbein bis zum Oberarm aufgeschnitten, und so schräg, wie die Knochen standen, und wie Cindy ihren Oberkörper hielt, war auch mit einem Bruch von Clavicula und Scapula zu rechnen. Der Humerus … Cindys gesamter Oberarm war zerschmettert. Nur zahlreiche Operationen und Schrauben und Unmengen von Glück würden die volle Funktionsfähigkeit ihres Arms wiederherstellen können. Und das auch nur nach einer langwierigen und schmerzhaften Rehabilitation.
    Janelle zitterte, während sie Bilanz zog. Es war ein Wunder, dass Cindy bei Bewusstsein geblieben war. Ein Wunder, dass der Arm noch am Körper hing. Nur Fleisch und Haut und gebrochener Knochen hielten ihn zusammen. Und lieber Gott, was, wenn der Schlag ein wenig höher aufgekommen wäre? Was, wenn er sie an Hals oder Kopf getroffen hätte? Cindy könnte jetzt tot sein. Denken konnte Janelle nicht mehr, sie konnte nur noch empfinden, und das nicht als Ärztin. Die war verschwunden. Komplett in Luft aufgelöst. Und Cindys Arm – die ganze Zukunft der Krankenschwester, ihr Lebensstil, die Fähigkeit ihre Kinder zu umarmen – lag jetzt in ihrer Hand.
    Janelle blieb die Luft im Halse stecken. Das war etwas, das sie niemals gewollt hatte. Nie hatte sie behauptet, das zu können. Genau deshalb war sie ja Allgemeinmedizinerin geworden, verdammt noch mal, trotz ihrer fachlichen Kenntnisse und trotz ihres Mentors und der Ausbilder, die versucht hatten, sie auf ihre Stärken hinzulenken. Aber deren Empfehlung – die Chirurgie – wäre für sie der größte Alptraum gewesen. Sie wäre nicht damit fertig geworden, möglicherweise jeden Tag mit der Aussicht konfrontiert zu sein, dass jemand auf ihrem Tisch sterben könnte. So wie ihre Mutter auf dem Tisch eines Chirurgen gestorben war.
    Aber Cindy, eine alleinerziehende Mutter von zwei fünfjährigen Mädchen, Zwillingen, und einem Lausejungen von drei Jahren, der bereits seine Liebe fürs Baumklettern entdeckt hatte … Sie brauchten ihre Mutter. Sie brauchten eine voll funktionsfähige, glückliche, gesunde Mutter. Das hatten sie verdient, und wenn Janelle ihnen das geben könnte …
    Es war kaum damit zu rechnen, dass Cindy sterben würde, wenn Janelle schnell handelte. Und sie würde wie verrückt für diesen Arm beten. Das war etwas, das ihre Kraft wirklich auf die Probe stellte, aber es war auch genau das, wozu ihre Kraft geschaffen war. Zittrig und nur wenig beruhigt, erfasste Janelle das

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